(Belluno 1659–1734 Venedig)
Anbetung einer Gottheit,
bezeichnet links unten: Ricci Fecit.,
Öl auf Leinwand, 57 x 49 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Jean-François de Vinck de Westwezel (1747–1811), Antwerpen;
dessen Auktion, Artaria & Co, Wien, 27. April 1813, Lot 40 und 41;
dort erworben von der Familie des heutigen Besitzers;
im Erbgang an eine Privatsammlung, Belgien

Bei diesem fein ausgeführten Gemälde handelt es sich um ein Werk Sebastiano Riccis. Das Bild scheint noch publiziert worden zu sein und ist somit eine wichtige Hinzufügung zum Oeuvre Sebastiano Riccis, dem großen Erneuerer der venezianischen Malerei des frühen 18. Jahrhunderts. Sowohl das kleine Format als auch der lebendige, offene Pinselstrich weisen das Bild als modelletto aus, das dem Auftraggeber zwecks Einholung seiner Zustimmung vorgelegt wurde. Eine Kopie des vorliegenden Gemäldes mit der Bezeichnung „da Ricci“ wurde am 29. April 2015 bei Sotheby’s, London, als Lot 363 versteigert.

Über den Auftraggeber des vorliegenden Werks ist bis dato nichts bekannt. Die Farbqualität und der aufwendig gestaltete Hintergrund weisen auf eine Entstehung in der Reifezeit des Künstlers, vermutlichen in den späten 1720er-Jahren, als sein Ruhm an einem Höhepunkt angelangt war, wie zahlreiche sowohl aus Italien als auch aus dem Ausland eintreffende Aufträge belegen.

Das Bild war offensichtlich als Gegenstück zu Lot 122 gedacht, was auch im Bildthema seinen Niederschlag findet. Beide Szenen finden um einen Altar herum statt. Während das Pendant die Opferung Iphigenies darstellt, gibt die Darstellung des vorliegenden Gemäldes ikonografische Rätsel auf. Es zeigt keine Opferung, sondern vielmehr die Darbringung eines Opfers – durch einen im Vordergrund knienden jungen Mann mit Früchtekorb. Über dem Altar ist in einer Wolke eine junge Frau auszunehmen, der eine Schlange und ein Hund als Attribute beigegeben sind. Dies würde eigentlich auf Diana hinweisen, doch scheint sie für die strenge Göttin der Jagd zugegebenermaßen ein wenig zu jung und zu hübsch. Um 1700 hatten Darstellungen von Opferdarbringungen an Diana in der europäischen Kunst zwar eine gewisse Tradition, doch auch in sie fügt sich das vorliegende Bild nicht wirklich ein. Auch Hekate wurde zuweilen mit Hund und Schlange dargestellt, doch ansonsten deckt sich nichts in diesem Bild mit der mit ihr verbundenen Ikonografie. Von der Typologie her zeigt das Bild gewisse Ähnlichkeit mit dem Opfer Davids nach der Eroberung Jerusalems, einer um 1727 entstandenen Komposition des Künstlers, die von einem Stich Gian Antonio Faldonis bekannt ist (siehe A. Scarpa, Sebastiano Ricci, Mailand 2006, Abb. 638). Ungeachtet des Bildthemas ist das vorliegende modelletto jedoch ein wichtiges Beispiel für Sebastiano Riccis Spätstil.

Wir danken Bernard Aikema für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.