Die üblichen Häuptlings-Stühle der Tschokwe haben zwar einen vergleichbaren Schmuck aus Figuren und Reliefs, aber sie sind zarter und ohne Arm-Lehnen konstruiert. Vorbilder für diesen einfacheren Stuhl-Typ waren die Sessel der Portugiesen, die seit dem 15. Jh. an der Westküste Afrikas bekannt waren. Vorbild für den hier präsentierten, sichtlich alten Stuhl der Tschokwe dürfte ein anderer europäischer Stuhl-Typ, wohl ein spanischer(?), gewesen sein: größer, schwerer, mit nach außen geschwungenen Armlehnen.
Aber auch von sehr talentierten Tschokwe-Schnitzern hergestellt und mit typischen Tschokwe-Figuren und -Reliefs verziert. Wahrscheinlich noch im 19. Jh., eventuell im Auftrag eines hohen Kolonial-Beamten gefertigt. Ein ‘europäischer’ Stuhl im alten, afrikanischen Tschokwe-Stil. Ein typisches ‘Cross-Culture-Objekt’! Vorliegender Prunk- oder Häuptlings-Stuhl der Tschokwe zeigt oben, auf der Lehne zwei Figuren, links eine knieende Frau, rechts einen stehenden Mann, der einen Häuptling oder einen ‘königlichen Ahnen’ darstellt, eventuell Chibinda Ilunga, den ersten König und Kultur-Heros der Tschokwe. Er hält ein Musikinstrument ‘Sanza’ (‘Daumenklavier’) in beiden Händen. Zwischen den beiden, rautenförmig durchbrochenen Gittern der Lehne steht eine Frauen-Gestalt mit erhobenen Armen. Darunter sitzen auf einer Querstrebe zwei Träger mit einer Sänfte, in der eine Person liegt. Die Sitzfläche aus Holz zeigt ein charakteristisches Tschokwe-Gesicht, im Relief geschnitzt, mit dem Stammeszeichen der Tschokwe, eine Art ‘Malteserkreuz’ (‘Cingelyengelye’), auf der Stirn. Die beiden Vorderseiten Armlehnen und Stuhl-Beine tragen je ein Gesicht mit dem Stammeszeichen (‘Cingelyengelye’) auf der Stirn und die vier unteren Querstreben tragen je zwei, aus einem Stück mitgeschnitzte Figuren bei alltäglicher Arbeit (Hausbau, Hirse stampfend usw. - eine Figur ist abgebrochen und fehlt). Die Verbindungs-Stellen der einzelnen Teile dieses ‘Thrones’ sind mit Kupfer-, Messing- und Aluminium-Blech dekorativ versteift. Die linear reliefierten Armlehnen sind, wie auch das Gesicht auf der Sitzfläche, mit Ziernägeln aus Kupfer dekoriert. Der meisterhaft geschnitzte ‘Thron’ hat je einen alten, zarten Riss auf den Armlehnen, mit Resten früher Original-Reparaturen aus schwarzem Baumharz. Eine Figur fehlt unten (ein alter Bruch, wie erwähnt). Sonst keine Schäden, jedoch eine sehr alte Gebrauchs-Patina!
Maße: 103 cm x 67 cm x 52 cm.
19. Jh. bis frühes 20. Jh..

Provenienz:
Nach Angabe der Einbringerin von ihrem Großvater, einem Wasserbau-Ingenieur, der seit Ende der 1940er-Jahre in Afrika gearbeitet hat, vor Ort erworben und mitgebracht. Seither: Österreichische Familien-Sammlung. (ME)