Im fruchtbaren Grasland von Nordwest-Kamerun gibt es viele kleine Königreiche. Skulpturen dieser Größe wurden dort entweder als Gedenk-Figuren an bedeutende Herrscher angefertigt, oder als sogenannte ‘Mu’po-Figuren’ für Priester, Wahrsager und Heiler des ‘Kun’gan-Bundes’, die sie bei ihren Orakeln und bei Krankenheilungen verwendeten. Die hier präsentierte Skulptur ist wohl eine solche, ungewöhnlich große ‘Mu’po-Figur’ für rituelle Zwecke. Aus sehr hartem, dunklem und schwerem Holz geschnitzt und zur Gänze schwarz gefärbt. Nur die großen, tiefen Augenhöhlen mit den konisch nach vor tretenden, geschlitzten Augen und der weit vorgezogene Mund sind rot gefärbt (mit Rotholzpulver). Der kahle, lange Kopf trägt vom Scheitel über die Stirn und den Rücken der breiten, kurzen Nase die einzelne, gekerbte Linie einer Zier-Narbe. Je drei kurze, senkrechte und lineare Zier-Narben liegen vor beiden Ohren, und zwischen Nase und Mund wurde eine Art breiter ‘Schnurrbart’ aus Relief-Noppen quer über das ganze Gesicht eingeschnitzt. Die Arme liegen abgewinkelt am Körper und beide Hände halten den großen, kugelrunden Bauch, im Kameruner Grasland ein Symbol für Wohlstand und Gesundheit. Die ganze Figur steht leicht vorgebeugt, mit geknickten, kräftigen Beinen und Füßen, auf einem dicken, runden Sockel.

Die ungewöhnlich große ‘Mu’po-Figur’, die den mächtigen ‘Hilfsgeist’ eines Priesters, Wahrsagers und Heilers darstellt, ist sehr sorgfältig gearbeitet (siehe die Finger- und Zehennägel!). Sie trägt einige kleinere, sichtlich sehr alte Aus- und Abbrüche am Kopf oben und hinten, am Rücken, am linken Unterarm und am rechten Daumen, sowie alte Risse hinten, an der linken Seite des Kopfes und am rechten Bein und Sockel. Darüber hinaus zeigt dieser ‘Mu’po’ überall eine schöne, glänzende Alters-Patina.
H: ca. 65 cm.
1. Hälfte 20. Jh.. (ME)

Provenienz:
Österreichische Privatsammlung.

Lit.:
‘Kamerun. Kunst der Könige’ von Lorenz Homberger, Museum Rietberg Zürich, S. 194/195, Abb. 84, 87;
S. 207, Abb. 101.