Die Ibo (auch Igbo genannt) leben im Südosten Nigerias. Sie haben in ihren sakralen Vorstellungen ein reiches Pantheon mit vielen Göttern. Diese Götter führen in ihrer eigenen, jenseitigen Welt ein sehr ‘menschliches’ Leben: mit ganzen Familien, Kindern usw. Diese vielfigurigen Götter-Familien werden von den Ibo-Schnitzern als Skulpturen dargestellt. Die Skulpturen werden ‘Alusi’ genannt, in eigenen Schreinen aufgestellt und von den Gläubigen verehrt.

Vorliegende, männliche ‘Alusi-Figur’ ist aus hartem, hellem Holz geschnitzt und zeigt deutlich den ‘runden’, weicheren Stil der Ibo im nördlichen Teil ihres Siedlungs-Gebietes (die südlichen Ibo-Skulpturen sind ‘eckiger’ gestaltet). Dieser ‘Alusi’ trägt eine typische, hohe und breite Kamm-Frisur, sowie charakteristische, eng linear und oft schräg ausgeführte Narben-Tätowierungen, sogenannte ‘Ichi-Narben’, auf der Stirn, auf beiden Schläfen bis zu den Wangen. Diese ‘Ichi-Narben waren bei dieser Figur ursprünglich schwarz gefärbt. Weiters trägt diese Figur Muster von Narben-Tattoos auf der Brust und an beiden Seiten des Bauches. Die ganze Figur zeigt deutliche Reste einer früheren Fassung aus rötlichem Lehm, sowie alters- und witterungsbedingte Erosionen. Offenbar ist dieser ‘Alusi’ längere Zeit im Freien gestanden und war dabei Wind und Wetter ausgesetzt. Von dieser Verwitterung stammen einige Abbrüche an Kopf, Hals, Beinen und Füßen. Dennoch ist dieser ‘Alusi’ eine sichtlich ungewöhnlich alte, künstlerisch und proportional gut und typisch gearbeitete Skulptur der nördlichen Ibo, die lange Zeit im zeremoniell-sakralen Gebrauch gewesen ist.
H: ca. 110 cm.
1. Drittel 20. Jh..

Provenienz:
Nach Angabe des Einbringers von seinem Vater in den 1970er-Jahren im Kunsthandel in Paris erworben. Seither: Deutsche Privatsammlung. (ME)

Lit.:
'Igbo' von Herbert M. Cole, Abb. 15, 16, 17.