Die Baule an der Elfenbeinküste haben die Vorstellung, dass jeder verheiratete Erwachsene, ob Mann oder Frau, einen ‘spirituellen Ehegatten’ hat. Der Mann hat eine ‘spirituelle Frau’, genannt ‘Blolo Bla’, die Frau hat einen ‘spirituellen Mann’, genannt ‘Blolo Bian’. Diese unsichtbaren Wesen leben im Jenseits, in der Welt der Geister oder im Busch. Sie werden aber von den Baule-Schnitzern als Klein-Skulpturen dargestellt, die von den Auftraggebern in ihren Schlafzimmern aufbewahrt werden. Mit diesen ‘spirituellen Ehegatten’ kann man kommunizieren (in Form der Figuren), man kann mit ihnen diskutieren, alle Probleme des Alltags besprechen und sie um Rat fragen. Vorliegende, typische, männliche ‘Blolo Bian-Figur’ ist aus hartem Holz geschnitzt und schwarz gefärbt. Sie trägt alle typischen Merkmale des Baule-Stils: die fein linierte Frisur mit je drei seitlichen Haarkämmen, große Augen mit weit geschwungenen Augenbrauen, kleine, runde Ohren, eine flache, lange Nase und einen kleinen Mund, sowie die stammestypischen Narben-Tätowierungen zwischen den Augen, auf beiden Schläfen, Wangen und an beiden Mundwinkeln. Die Figur steht auf einem abgerundeten Sockel. Sie ist proportional richtig gestaltet, mit einer leichten Körper-Drehung (selten!) und im Detail sehr sorgfältig ausgeführt (man beachte die Finger- und Zehen-Nägel!).
Ein zarter Riss führt von der linken Seite des Kopfes zum Körper vorne, ein weiterer ist am Sockel hinten. Außer alters- und gebrauchsbedingtem Farbabrieb keine weiteren Schäden. Insgesamt eine perfekte ‘Blolo Bian-Figur’ der Baule, mit guter, älterer Gebrauchs-Patina.
H: 41,5 cm.
1. Hälfte 20. Jh.. (ME)

Provenienz:
Österreichische Sammlung.

Lit.:
‘Baule. African Art - Western Eyes’ von Susan M. Vogel, Abb. S. 260, 261, 262, 291; ‘The Tribal Arts of Africa’ von Jean-Baptiste Bacquart, S. 48, Abb. 5; ‘Encyclopedia of African Art and Culture’ von K.-F. Schädler, Abb. S. 84.