Lot Nr. 290


Pietro della Vecchia, gen. Pietro Muttoni - ein Paar (2)


Pietro della Vecchia, gen. Pietro Muttoni - ein Paar (2) - Alte Meister

(Venedig oder Vicenza 1602/03–1678 Venedig)
Eine Wahrsagerin liest einem Soldaten aus der Hand;
Ein Meister mit seinem jungen Schüler,
Öl auf Leinwand, je 37 x 48 cm, gerahmt, Pendants (2)

Provenienz:
Sammlung Giustiniani, Venedig;
im Erbgang an den heutigen Besitzer

Wir danken Mauro Lucco für die Bestätigung der Zuschreibung nach Prüfung des vorliegenden Gemäldes im Original.

Die beiden vorliegenden Werke kommen aus der Sammlung der Familie Giustiniani in Venedig. Bereits 1733 befand sich della Vecchias Sintflut (Diluvio Universale) im Besitz des bei San Stae ansässigen Zweigs der Familie (siehe C. A. Levi, Le collezioni veneziane d’arte e d’antichità dal secolo XIV ai giorni nostri, Venedig 1900, Bd. I, S. 190). Diese beiden Werke sind typisch für den Künstler und, wie Marco Boschini (Carta del Navegar Pitoresco, Venedig 1660, S. 502) beobachtet: „non solo in far vechio h[a] pretension, / ma a far da niovo pretend[e] esser bon“. Boschini beschreibt della Vecchia als großen Kenner der Malerei des vorangegangenen Jahrhunderts und fähig, sie täuschend echt zu imitieren. Über ein Bild schreibt er: „stago per dir; ne la me par busia; / che se Zorzon istesso la vedesse, / che anche lù tra de lù se confondesse, / co’l dire: l’ho fata mi; questa xè mia“ (S. 504). Doch diese nachahmende Vertiefung in eine frühere Kunst brachte auch Neues hervor. Obgleich viele von della Vecchias Gemälden oberflächlich an Giorgione oder Tizian erinnern – etwa seine Soldaten mit Federschmuck –, strahlen sie auch etwas Zeitgenössisches aus. Die Soldaten mutieren zu Banditen, und die Weisheit des Alters bekommt etwas Närrisches, das in den langen, zerzausten Bärten und der zerschlissenen Kleidung bäuerlicher Philosophen zum Ausdruck kommt, die esoterischen Praktiken nachgehen. Empfindungen werden auf die Spitze getrieben, Dummheit und Angst dominieren über Schlichtheit und Mut. Dieser Geschmack für Übertreibungen, der ans Groteske grenzt, war ein zentrales Merkmal des venezianischen Barocks, bei dessen Verbreitung della Vecchia eine Schlüsselrolle spielte.

Obschon diese Werke im selben Jahrhundert entstanden, in dem auch die moderne Wissenschaft ihren Ausgang nahm, bedienen sie einen zeitgenössischen Hang zur Selbstbefragung und Selbsterkenntnis. In einem der beiden Bilder veranlasst der Redefluss eines zerlumpten Philosophen seinen Schüler zurückzuweichen, als wäre er von einer Einsicht erfasst worden, die seine Augen und seine Stirn buchstäblich erleuchten. In dem anderen Bild liest eine Wahrsagerin mit Kneifer einem Miles Gloriosus aus der Hand, den das Vernommene sichtbar beunruhigt und verängstigt. Das zuletzt genannte Bild wiederholt in kleinerem Format und mit einigen Abwandlungen ein in den 1650er-Jahren entstandenes Werk im Museo Civico in Venedig sowie ein weiteres Beispiel in einer Privatsammlung, das von Pallucchini veröffentlicht wurde (La pittura veneziana del Seicento, Mailand 1981, Bd. I, S. 178, Tafel XIII). Die Wiederholung ein und desselben Themas mit denselben Charakterköpfen ist typisch für Pietro della Vecchia. Obgleich datierbare öffentliche Aufträge seinen künstlerischen Werdegang nachvollziehbar machen, ist die Datierung dieser Genrebilder problematisch. Unter der Annahme, dass sich sein Schaffen von größerer Komplexität zur mehr Einfachheit hin entwickelte, ist hier eine Datierung um 1660 anzunehmen.

18.10.2016 - 18:00

Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Pietro della Vecchia, gen. Pietro Muttoni - ein Paar (2)


(Venedig oder Vicenza 1602/03–1678 Venedig)
Eine Wahrsagerin liest einem Soldaten aus der Hand;
Ein Meister mit seinem jungen Schüler,
Öl auf Leinwand, je 37 x 48 cm, gerahmt, Pendants (2)

Provenienz:
Sammlung Giustiniani, Venedig;
im Erbgang an den heutigen Besitzer

Wir danken Mauro Lucco für die Bestätigung der Zuschreibung nach Prüfung des vorliegenden Gemäldes im Original.

Die beiden vorliegenden Werke kommen aus der Sammlung der Familie Giustiniani in Venedig. Bereits 1733 befand sich della Vecchias Sintflut (Diluvio Universale) im Besitz des bei San Stae ansässigen Zweigs der Familie (siehe C. A. Levi, Le collezioni veneziane d’arte e d’antichità dal secolo XIV ai giorni nostri, Venedig 1900, Bd. I, S. 190). Diese beiden Werke sind typisch für den Künstler und, wie Marco Boschini (Carta del Navegar Pitoresco, Venedig 1660, S. 502) beobachtet: „non solo in far vechio h[a] pretension, / ma a far da niovo pretend[e] esser bon“. Boschini beschreibt della Vecchia als großen Kenner der Malerei des vorangegangenen Jahrhunderts und fähig, sie täuschend echt zu imitieren. Über ein Bild schreibt er: „stago per dir; ne la me par busia; / che se Zorzon istesso la vedesse, / che anche lù tra de lù se confondesse, / co’l dire: l’ho fata mi; questa xè mia“ (S. 504). Doch diese nachahmende Vertiefung in eine frühere Kunst brachte auch Neues hervor. Obgleich viele von della Vecchias Gemälden oberflächlich an Giorgione oder Tizian erinnern – etwa seine Soldaten mit Federschmuck –, strahlen sie auch etwas Zeitgenössisches aus. Die Soldaten mutieren zu Banditen, und die Weisheit des Alters bekommt etwas Närrisches, das in den langen, zerzausten Bärten und der zerschlissenen Kleidung bäuerlicher Philosophen zum Ausdruck kommt, die esoterischen Praktiken nachgehen. Empfindungen werden auf die Spitze getrieben, Dummheit und Angst dominieren über Schlichtheit und Mut. Dieser Geschmack für Übertreibungen, der ans Groteske grenzt, war ein zentrales Merkmal des venezianischen Barocks, bei dessen Verbreitung della Vecchia eine Schlüsselrolle spielte.

Obschon diese Werke im selben Jahrhundert entstanden, in dem auch die moderne Wissenschaft ihren Ausgang nahm, bedienen sie einen zeitgenössischen Hang zur Selbstbefragung und Selbsterkenntnis. In einem der beiden Bilder veranlasst der Redefluss eines zerlumpten Philosophen seinen Schüler zurückzuweichen, als wäre er von einer Einsicht erfasst worden, die seine Augen und seine Stirn buchstäblich erleuchten. In dem anderen Bild liest eine Wahrsagerin mit Kneifer einem Miles Gloriosus aus der Hand, den das Vernommene sichtbar beunruhigt und verängstigt. Das zuletzt genannte Bild wiederholt in kleinerem Format und mit einigen Abwandlungen ein in den 1650er-Jahren entstandenes Werk im Museo Civico in Venedig sowie ein weiteres Beispiel in einer Privatsammlung, das von Pallucchini veröffentlicht wurde (La pittura veneziana del Seicento, Mailand 1981, Bd. I, S. 178, Tafel XIII). Die Wiederholung ein und desselben Themas mit denselben Charakterköpfen ist typisch für Pietro della Vecchia. Obgleich datierbare öffentliche Aufträge seinen künstlerischen Werdegang nachvollziehbar machen, ist die Datierung dieser Genrebilder problematisch. Unter der Annahme, dass sich sein Schaffen von größerer Komplexität zur mehr Einfachheit hin entwickelte, ist hier eine Datierung um 1660 anzunehmen.


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 18.10.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 08.10. - 18.10.2016

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