Lot Nr. 718


Elaine Sturtevant


(Lakewood, Ohio 1930 - 2014 Paris)
“Peinture à Haute Tension”, rückseitig betitelt, signiert, datiert Sturtevant ‘70, Acryl auf Leinwand, Collage, Flocage, Neonlicht, eines von 8, 162 x 97 cm

Provenienz:
Ehemals Privatsammlung, Frankreich

Ausstellung:
Paris, Galerie Claude Givaudan, Sturtevant. Huit Tableaux et un Prototype, 1970;

Literatur: 
C. Duparc, Faites-le Vous-même, le Nouvel Observateur, 17. März 1969;
Meymac, Abbaye Saint André Centre d’Art Contemporain, Aspects de l’art du XX siècle, 1991 Ausst.-Kat. Abb. Seite 127;
L. Maculan (Hg.), Sturtevant, Catalogue Raisonné 1964–2004, Osterfildern-Ruit 2004, Nr. 377, Seite 149 mit Abb. eines anderen Exemplares (hier 1969, 1970 nicht erwähnt) 

Die Künstlerin Elaine Sturtevant reproduzierte Werke von Künstlern wie unter anderem Andy Warhol, Jasper Jones, Frank Stella, Marcel Duchamp, Joseph Beuys. Sie reproduzierte Kunstwerke, ohne diese zu kopieren. Sie reproduzierte Kunstwerke noch unbekannter Künstler in deren eigenen Schaffungsphasen, die später Superstars wurden – darüber sagte sie selbst, es gäbe keine Zufälle. 

Anne Dressen, Kuratorin im ARC/ Abteilung für zeitgenössische Kunst am Musée d’art moderne de la Ville de Paris im Palais de Tokyo, spricht in diesem Bezug über die „visionäre Dimension“ in Sturtevants Werk. Bereits in den 60er Jahren reproduzierte sie Andy Warhol, Frank Stella als auch Jasper Jones, die damals noch weit weg von ihrem heutigen Bekanntheitsgrad waren, in den 70er Jahren reproduzierte sie Joseph Beuys, als dieser in den USA noch völlig unbekannt war. Sie hatte eine „Art ästhetische Intuition“. Elaine Sturtevant selbst „benutzte nie den Ausdruck Kopie, dieser ist für sie zu kurz gegriffen, viel zu statisch, auf der Suche nach Übereinstimmung wie eine Unterwerfung unter ein Modell, sie zieht die Idee der Wiederholung vor, mit kritischer Distanz zum Objekt, mit Klarsicht erreicht sie eine Reaktivierung.“
Thaddeus Ropac, lernte Elaine Sturtevant um 1985 in Soho/New York kennen. Er sagt, ihre Präsenz weckte seine Neugier, er wollte wissen, was dahinter steckte. Für ihn sind gerade Andy Warhol und Marcel Duchamp wichtig, um Elaine Sturtevants Arbeit zu verstehen. In beiden Fällen ginge es „nicht wirklich um Aneignung, Appropriation“, es ginge vielmehr „um Wiederholung durch das in Frage stellen der Wahrheit und der Bedeutung von Dingen. Sie machte Warhols Blume in den 60ern, zur gleichen Zeit als Warhol selbst die Blume kreierte. Er gab ihr sogar noch die Seidenleinwand, die er selbst benutzte. Ich denke Warhol respektierte Ihre Arbeit, weil sie seiner sehr nahe kam – er verstand es und er mochte sie, weil sie sich das traute.“
Fabrice Hergott, Direktor des Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris sagt: „Wenn sie ein Werk wiederholt, konzentriert sie die Aufmerksamkeit auf die Essenz und nicht auf das Eigentum, das heißt auf die Beziehung zwischen materiellem Besitz und Kunst. Und das ist etwas was ich so außergewöhnlich subversiv an ihr finde. Es ist wie alle Subversion außergewöhnlich befreiend. Es bewirkt, dass man diese ehrfürchtige Haltung, die Bedeutung der Kunstgeschichte etwas leichter nehmen kann, vielleicht sogar die Gewichtigkeit der Museen, des Kunstmarktes und des Werkes, das man besitzen will, dass man sich von all dem losreißt. Das ist ziemlich unerhört, das hat noch nie jemand gemacht und dabei gleichzeitig einen solchen Respekt vor dem Geist des Werkes gehabt. Sie hat auch Respekt vor der Materie des Werkes und gleichzeitig ist sie völlig respektlos. Eine Art völlige Verfremdung gegenüber dem Eigentum – und diesen Standpunkt empfinde ich als sehr politisch.“

Elaine Sturtevant war eine rebellische Künstlerin, mit ausgesprochener Schlagfertigkeit, sie bezeichnete sich selbst als starke Frau mit viel Energie und viel Kraft, die das Leben und das Dasein liebt. Ihr Werk, Repliken, die die Künstlerin aus dem Gedächtnis erstellte und in gleicher Technik wie der „Originalkünstler“ ausführte evoziert irritierende Wirkung, gibt Anregung zum Nachdenken und markiert den Denkansatz, was außer der Signatur ein Werk ausmacht. In den 1960er und 70er Jahren erlebte sie in Amerika großen Widerstand, da sie wirtschaftliche Prinzipien (Copyright, Kunstmarkt, …) ad absurdum zu führen verstand. 
Sturtevant ließ sich davon jedoch nicht beirren.

arte (ARTE FRANCE), Elaine Sturtevant – Ein Portrait (L’art et la manière I Sturtevant), Frankreich 2010

Das vorliegende Werk bezieht sich auf ein Gemälde von Martial Raysse, jenes französischen Künstlers, der als Mitbegründer des Nouveau Réalisme gilt. 
Sturtevant „irritiert und provoziert die Kunstbetrachter und gleichermaßen den Kunstbetrieb durch die Wiederholung von Originalwerken zeitgenössischer Künstler, die sie – überraschend zeitnah zum «Original» - als Quelle und Katalysator nutzt, um unsere gegenwärtige Vorstellung von Ästhetik zu erweitern und zu entwickeln, Originalität zu erforschen und die Beziehung von Original zu Originalität zu erkunden und Raum für neues Denken zu eröffnen. […] Das Ergebnis ihres konzeptuellen Denkens und Handelns ist die verblüffende Wiederholung des Vorhandenen, die Doppelung des bereits existierenden Kunstwerkes, die sondierende Beziehung von Original und Originalität […].“

Udo Keitelmann/Mario Kramer (Hg.), Sturtevant, The brutal truth, Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main, Hantje Kantz Verlag, 2004  

Aus der Schumacher Sammlung Teil I

Provenienz:
Ehemals Privatsammlung, Frankreich

Ausstellung:
Paris, Galerie Claude Givaudan, Sturtevant. Huit Tableaux et un Prototype, 1970;
Meymac, Abbaye Saint André Centre d’Art Contemporain, Aspects de l’art du XX siè

Expertin: Mag. Patricia Pálffy Mag. Patricia Pálffy
+43-1-515 60-386

patricia.palffy@dorotheum.at

26.11.2014 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 137.200,-
Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Elaine Sturtevant


(Lakewood, Ohio 1930 - 2014 Paris)
“Peinture à Haute Tension”, rückseitig betitelt, signiert, datiert Sturtevant ‘70, Acryl auf Leinwand, Collage, Flocage, Neonlicht, eines von 8, 162 x 97 cm

Provenienz:
Ehemals Privatsammlung, Frankreich

Ausstellung:
Paris, Galerie Claude Givaudan, Sturtevant. Huit Tableaux et un Prototype, 1970;

Literatur: 
C. Duparc, Faites-le Vous-même, le Nouvel Observateur, 17. März 1969;
Meymac, Abbaye Saint André Centre d’Art Contemporain, Aspects de l’art du XX siècle, 1991 Ausst.-Kat. Abb. Seite 127;
L. Maculan (Hg.), Sturtevant, Catalogue Raisonné 1964–2004, Osterfildern-Ruit 2004, Nr. 377, Seite 149 mit Abb. eines anderen Exemplares (hier 1969, 1970 nicht erwähnt) 

Die Künstlerin Elaine Sturtevant reproduzierte Werke von Künstlern wie unter anderem Andy Warhol, Jasper Jones, Frank Stella, Marcel Duchamp, Joseph Beuys. Sie reproduzierte Kunstwerke, ohne diese zu kopieren. Sie reproduzierte Kunstwerke noch unbekannter Künstler in deren eigenen Schaffungsphasen, die später Superstars wurden – darüber sagte sie selbst, es gäbe keine Zufälle. 

Anne Dressen, Kuratorin im ARC/ Abteilung für zeitgenössische Kunst am Musée d’art moderne de la Ville de Paris im Palais de Tokyo, spricht in diesem Bezug über die „visionäre Dimension“ in Sturtevants Werk. Bereits in den 60er Jahren reproduzierte sie Andy Warhol, Frank Stella als auch Jasper Jones, die damals noch weit weg von ihrem heutigen Bekanntheitsgrad waren, in den 70er Jahren reproduzierte sie Joseph Beuys, als dieser in den USA noch völlig unbekannt war. Sie hatte eine „Art ästhetische Intuition“. Elaine Sturtevant selbst „benutzte nie den Ausdruck Kopie, dieser ist für sie zu kurz gegriffen, viel zu statisch, auf der Suche nach Übereinstimmung wie eine Unterwerfung unter ein Modell, sie zieht die Idee der Wiederholung vor, mit kritischer Distanz zum Objekt, mit Klarsicht erreicht sie eine Reaktivierung.“
Thaddeus Ropac, lernte Elaine Sturtevant um 1985 in Soho/New York kennen. Er sagt, ihre Präsenz weckte seine Neugier, er wollte wissen, was dahinter steckte. Für ihn sind gerade Andy Warhol und Marcel Duchamp wichtig, um Elaine Sturtevants Arbeit zu verstehen. In beiden Fällen ginge es „nicht wirklich um Aneignung, Appropriation“, es ginge vielmehr „um Wiederholung durch das in Frage stellen der Wahrheit und der Bedeutung von Dingen. Sie machte Warhols Blume in den 60ern, zur gleichen Zeit als Warhol selbst die Blume kreierte. Er gab ihr sogar noch die Seidenleinwand, die er selbst benutzte. Ich denke Warhol respektierte Ihre Arbeit, weil sie seiner sehr nahe kam – er verstand es und er mochte sie, weil sie sich das traute.“
Fabrice Hergott, Direktor des Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris sagt: „Wenn sie ein Werk wiederholt, konzentriert sie die Aufmerksamkeit auf die Essenz und nicht auf das Eigentum, das heißt auf die Beziehung zwischen materiellem Besitz und Kunst. Und das ist etwas was ich so außergewöhnlich subversiv an ihr finde. Es ist wie alle Subversion außergewöhnlich befreiend. Es bewirkt, dass man diese ehrfürchtige Haltung, die Bedeutung der Kunstgeschichte etwas leichter nehmen kann, vielleicht sogar die Gewichtigkeit der Museen, des Kunstmarktes und des Werkes, das man besitzen will, dass man sich von all dem losreißt. Das ist ziemlich unerhört, das hat noch nie jemand gemacht und dabei gleichzeitig einen solchen Respekt vor dem Geist des Werkes gehabt. Sie hat auch Respekt vor der Materie des Werkes und gleichzeitig ist sie völlig respektlos. Eine Art völlige Verfremdung gegenüber dem Eigentum – und diesen Standpunkt empfinde ich als sehr politisch.“

Elaine Sturtevant war eine rebellische Künstlerin, mit ausgesprochener Schlagfertigkeit, sie bezeichnete sich selbst als starke Frau mit viel Energie und viel Kraft, die das Leben und das Dasein liebt. Ihr Werk, Repliken, die die Künstlerin aus dem Gedächtnis erstellte und in gleicher Technik wie der „Originalkünstler“ ausführte evoziert irritierende Wirkung, gibt Anregung zum Nachdenken und markiert den Denkansatz, was außer der Signatur ein Werk ausmacht. In den 1960er und 70er Jahren erlebte sie in Amerika großen Widerstand, da sie wirtschaftliche Prinzipien (Copyright, Kunstmarkt, …) ad absurdum zu führen verstand. 
Sturtevant ließ sich davon jedoch nicht beirren.

arte (ARTE FRANCE), Elaine Sturtevant – Ein Portrait (L’art et la manière I Sturtevant), Frankreich 2010

Das vorliegende Werk bezieht sich auf ein Gemälde von Martial Raysse, jenes französischen Künstlers, der als Mitbegründer des Nouveau Réalisme gilt. 
Sturtevant „irritiert und provoziert die Kunstbetrachter und gleichermaßen den Kunstbetrieb durch die Wiederholung von Originalwerken zeitgenössischer Künstler, die sie – überraschend zeitnah zum «Original» - als Quelle und Katalysator nutzt, um unsere gegenwärtige Vorstellung von Ästhetik zu erweitern und zu entwickeln, Originalität zu erforschen und die Beziehung von Original zu Originalität zu erkunden und Raum für neues Denken zu eröffnen. […] Das Ergebnis ihres konzeptuellen Denkens und Handelns ist die verblüffende Wiederholung des Vorhandenen, die Doppelung des bereits existierenden Kunstwerkes, die sondierende Beziehung von Original und Originalität […].“

Udo Keitelmann/Mario Kramer (Hg.), Sturtevant, The brutal truth, Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main, Hantje Kantz Verlag, 2004  

Aus der Schumacher Sammlung Teil I

Provenienz:
Ehemals Privatsammlung, Frankreich

Ausstellung:
Paris, Galerie Claude Givaudan, Sturtevant. Huit Tableaux et un Prototype, 1970;
Meymac, Abbaye Saint André Centre d’Art Contemporain, Aspects de l’art du XX siè

Expertin: Mag. Patricia Pálffy Mag. Patricia Pálffy
+43-1-515 60-386

patricia.palffy@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst, Teil 1
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 26.11.2014 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 15.11. - 26.11.2014


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