Maestro della Tela Jeans (tätig im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts in Norditalien)
Eine ärmlich gekleidete Frau wärmt sich die Hände an einem Gefäß mit Kohlen, Öl auf Leinwand, 101,7 x 75 cm, gerahmt
Provenienz:
Europäische Privatsammlung
Wir danken Herrn Prof. Francesco Frangi für die Identifizierung des Künstlers anhand von Fotografien.
Das vorliegende, hier zum ersten Mal veröffentlichte Gemälde ist ein Werk des unter dem Namen „Meister der Tela Jeans“ bezeichneten Genremalers, der etwa von 1675 bis 1700 in Norditalien tätig war. Der namentlich nicht bekannte Künstler erhielt seinen Notnamen aufgrund der typischen indigoblauen Stoffe, die in der Kleidung vieler seiner Figuren vorkommen und stark an die modernen Blue Jeans erinnern. Das strapazierfähige Material aus Genua wurde von der ärmeren Bevölkerung getragen, und später soll sich aus dem französisch ausgesprochenen Stadtnamen „Gênes“ das englische Wort „Jeans“ entwickelt haben.
Die Figur im vorliegenden Gemälde befindet sich vor einem dunklen, nicht näher definierten Hintergrund und richtet den Blick direkt auf den Betrachter, ähnlich der Frau im Gemälde Einfache Mahlzeit mit zwei Kindern (Galerie Canesso, Paris) oder jener im Gemälde Spinnerin mit zwei Kindern (ebenda). Die detailgenaue Wiedergabe der verschlissenen Kleidung ist charakteristisch für den Stil des Malers, ebenso die unterschiedlichen, gekonnt eingesetzten Grauschattierungen im hellen Stoff der Bluse und Schürze. Das Gefäß mit Kohlen könnte auf eine Allegorie des Winters hindeuten. Es scheint jedoch wahrscheinlicher, dass der Künstler eine realistische Darstellung der Lebenssituation der Frau wiedergeben wollte.
In der Literatur wurde der Name „Maestro della Tela Jeans“ als Bezeichnung für den Maler erstmals 2004 von Dr. Gerlinde Gruber verwendet. Der Künstler beweist große Originalität in der Auswahl seiner Bildthemen und ihrer realistischen Wiedergabe. Mit beachtenswerter Sensibilität beobachtet er Personen bescheidener Herkunft bei der Verrichtung ihrer alltäglichen Tätigkeiten und verleiht ihnen trotz ihrer Lebensumstände Würde. Damit kann er als ein wichtiger Wegbereiter Giacomo Cerutis betrachtet werden. Vergleiche mit Gemälden aus dem veneto-lombardischen Raum lassen auf einen Aufenthalt des Malers in der Lombardei, vielleicht in Mailand, schließen. Das Oeuvre des Malers repräsentiert eine wichtige Etappe in der Malerei des lombardischen Realismus (siehe G. Gruber, „Un artista anonimo, il cosidetto Maestro della tela jeans“, in: Maestro della Tela Jeans, Ausst. Kat., Galerie Canesso, Paris 2010, S. 10–14).
Der Künstler dürfte in seinen Werken Einflüsse von Michiel Sweerts, Eberhard Keilhau und Evaristo Baschenis verarbeitet haben und steht in einer Tradition des Realismus, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit Velázquez und Georges de la Tour unter caravaggeskem Einfluss begann und später von Todeschini und Giacomo Ceruti fortgeführt wurde.
17.10.2012 - 18:00
- Erzielter Preis: **
-
EUR 97.900,-
- Schätzwert:
-
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-
Maestro della Tela Jeans (tätig im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts in Norditalien)
Eine ärmlich gekleidete Frau wärmt sich die Hände an einem Gefäß mit Kohlen, Öl auf Leinwand, 101,7 x 75 cm, gerahmt
Provenienz:
Europäische Privatsammlung
Wir danken Herrn Prof. Francesco Frangi für die Identifizierung des Künstlers anhand von Fotografien.
Das vorliegende, hier zum ersten Mal veröffentlichte Gemälde ist ein Werk des unter dem Namen „Meister der Tela Jeans“ bezeichneten Genremalers, der etwa von 1675 bis 1700 in Norditalien tätig war. Der namentlich nicht bekannte Künstler erhielt seinen Notnamen aufgrund der typischen indigoblauen Stoffe, die in der Kleidung vieler seiner Figuren vorkommen und stark an die modernen Blue Jeans erinnern. Das strapazierfähige Material aus Genua wurde von der ärmeren Bevölkerung getragen, und später soll sich aus dem französisch ausgesprochenen Stadtnamen „Gênes“ das englische Wort „Jeans“ entwickelt haben.
Die Figur im vorliegenden Gemälde befindet sich vor einem dunklen, nicht näher definierten Hintergrund und richtet den Blick direkt auf den Betrachter, ähnlich der Frau im Gemälde Einfache Mahlzeit mit zwei Kindern (Galerie Canesso, Paris) oder jener im Gemälde Spinnerin mit zwei Kindern (ebenda). Die detailgenaue Wiedergabe der verschlissenen Kleidung ist charakteristisch für den Stil des Malers, ebenso die unterschiedlichen, gekonnt eingesetzten Grauschattierungen im hellen Stoff der Bluse und Schürze. Das Gefäß mit Kohlen könnte auf eine Allegorie des Winters hindeuten. Es scheint jedoch wahrscheinlicher, dass der Künstler eine realistische Darstellung der Lebenssituation der Frau wiedergeben wollte.
In der Literatur wurde der Name „Maestro della Tela Jeans“ als Bezeichnung für den Maler erstmals 2004 von Dr. Gerlinde Gruber verwendet. Der Künstler beweist große Originalität in der Auswahl seiner Bildthemen und ihrer realistischen Wiedergabe. Mit beachtenswerter Sensibilität beobachtet er Personen bescheidener Herkunft bei der Verrichtung ihrer alltäglichen Tätigkeiten und verleiht ihnen trotz ihrer Lebensumstände Würde. Damit kann er als ein wichtiger Wegbereiter Giacomo Cerutis betrachtet werden. Vergleiche mit Gemälden aus dem veneto-lombardischen Raum lassen auf einen Aufenthalt des Malers in der Lombardei, vielleicht in Mailand, schließen. Das Oeuvre des Malers repräsentiert eine wichtige Etappe in der Malerei des lombardischen Realismus (siehe G. Gruber, „Un artista anonimo, il cosidetto Maestro della tela jeans“, in: Maestro della Tela Jeans, Ausst. Kat., Galerie Canesso, Paris 2010, S. 10–14).
Der Künstler dürfte in seinen Werken Einflüsse von Michiel Sweerts, Eberhard Keilhau und Evaristo Baschenis verarbeitet haben und steht in einer Tradition des Realismus, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit Velázquez und Georges de la Tour unter caravaggeskem Einfluss begann und später von Todeschini und Giacomo Ceruti fortgeführt wurde.
Käufer Hotline
Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at +43 1 515 60 403 |
Auktion: | Alte Meister |
Auktionstyp: | Saalauktion |
Datum: | 17.10.2012 - 18:00 |
Auktionsort: | Wien | Palais Dorotheum |
Besichtigung: | 06.10. - 17.10.2012 |
** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer
Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.