Lot Nr. 201


Spanische Schule, frühes 16. Jahrhundert


Spanische Schule, frühes 16. Jahrhundert - Alte Meister

Das Jüngste Gericht,
Öl auf Holz, unregelmäßiger Abschluss, 233 x 152 cm, gerahmt

Der hölzerne Bildträger des vorliegenden Gemäldes, auf dem das Jüngste Gericht dargestellt ist, weist oben einen rechteckigen Abschluss auf, der an Rogier van der Weydens Kreuzabnahme (Madrid, Museo del Prado) erinnert. Motivisch zeugt das Bild ohne Zweifel von der Kenntnis der italienischen Renaissancemalerei; konkret sind dabei etwa Raffaels Transfiguration Christi in den vatikanischen Sammlungen sowie Michelangelos Fresken an der Decke der Sixtinischen Kapelle zu nennen. Die malerische Ausführung lässt weniger an einen italienischen Künstler denken, als vielmehr an einen niederländisch geschulten, wobei ein spanisch-flämischer Schöpfer nicht ausgeschlossen werden kann.

Ikonographisch ist die Tafel ungewöhnlich. Zwar ist im unteren Bereich des Bildes wie üblich rechts die Hölle dargestellt; die linke Seite zeigt aber nicht den Eingang der Seligen in das Paradies, sondern vielmehr die Vorhölle (Limbus), in deren oberem Teil die ungetauften Kinder (Limbus puerorum) und unten Adam und Eva zu sehen sind. Auch ist der Eingang in das himmlische Jerusalem nicht wie gewohnt auf der linken Seite, sondern auf der mittleren Bildachse oberhalb des seine Stigmata präsentierenden Weltenrichters dargestellt.

Technische Analyse:

Die komplexe Szene wurde vor der Gestaltung als Gemälde sorgfältig mit fließenden Linien gezeichnet, wie die Infrarotreflektographie zeigt. Die Vorzeichnung wurde mit einem dünnen Pinsel und schwarzer Tinte aufgetragen, und zwar nicht nur für die Konturen und Umrisse der Figuren, sondern auch, um den Verlauf einiger Falten und Schatten anzuzeigen. Zudem zeigt sich eine besondere, manchmal gekreuzte Schraffur, wie sie etwa im Körper Christi und seinem roten Umhang oder unterhalb des heiligen Johannes deutlich zu sehen ist. Ein paar kleinere Änderungen lassen sich an der Position der Füße Christi erkennen.

Zu den mittels Reflexionsspektroskopie untersuchten Pigmenten zählen in den blauen Bereichen Azurit, in den grünen Verdigris, in den hell- oder blassgelben (etwa für das Licht hinter Christus) Bleizinngelb („Giallorino“) und in den dunkelgelben Ocker. Zinnoberrot wurde für die helleren Rottöne benutzt und eine Art Karmesinrot ergänzt die übrigen roten Farben der Kleidung. Für die dunkleren Brauntöne wurde Braunerde mit Zinnoberrot gemischt, die Inkarnate bestehen aus traditionellen Mischungen aus Bleiweiß mit Teilen von Zinnoberrot und Ocker.

Wir danken Gianluca Poldi für die technische Analyse.

17.10.2017 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 50.000,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Spanische Schule, frühes 16. Jahrhundert


Das Jüngste Gericht,
Öl auf Holz, unregelmäßiger Abschluss, 233 x 152 cm, gerahmt

Der hölzerne Bildträger des vorliegenden Gemäldes, auf dem das Jüngste Gericht dargestellt ist, weist oben einen rechteckigen Abschluss auf, der an Rogier van der Weydens Kreuzabnahme (Madrid, Museo del Prado) erinnert. Motivisch zeugt das Bild ohne Zweifel von der Kenntnis der italienischen Renaissancemalerei; konkret sind dabei etwa Raffaels Transfiguration Christi in den vatikanischen Sammlungen sowie Michelangelos Fresken an der Decke der Sixtinischen Kapelle zu nennen. Die malerische Ausführung lässt weniger an einen italienischen Künstler denken, als vielmehr an einen niederländisch geschulten, wobei ein spanisch-flämischer Schöpfer nicht ausgeschlossen werden kann.

Ikonographisch ist die Tafel ungewöhnlich. Zwar ist im unteren Bereich des Bildes wie üblich rechts die Hölle dargestellt; die linke Seite zeigt aber nicht den Eingang der Seligen in das Paradies, sondern vielmehr die Vorhölle (Limbus), in deren oberem Teil die ungetauften Kinder (Limbus puerorum) und unten Adam und Eva zu sehen sind. Auch ist der Eingang in das himmlische Jerusalem nicht wie gewohnt auf der linken Seite, sondern auf der mittleren Bildachse oberhalb des seine Stigmata präsentierenden Weltenrichters dargestellt.

Technische Analyse:

Die komplexe Szene wurde vor der Gestaltung als Gemälde sorgfältig mit fließenden Linien gezeichnet, wie die Infrarotreflektographie zeigt. Die Vorzeichnung wurde mit einem dünnen Pinsel und schwarzer Tinte aufgetragen, und zwar nicht nur für die Konturen und Umrisse der Figuren, sondern auch, um den Verlauf einiger Falten und Schatten anzuzeigen. Zudem zeigt sich eine besondere, manchmal gekreuzte Schraffur, wie sie etwa im Körper Christi und seinem roten Umhang oder unterhalb des heiligen Johannes deutlich zu sehen ist. Ein paar kleinere Änderungen lassen sich an der Position der Füße Christi erkennen.

Zu den mittels Reflexionsspektroskopie untersuchten Pigmenten zählen in den blauen Bereichen Azurit, in den grünen Verdigris, in den hell- oder blassgelben (etwa für das Licht hinter Christus) Bleizinngelb („Giallorino“) und in den dunkelgelben Ocker. Zinnoberrot wurde für die helleren Rottöne benutzt und eine Art Karmesinrot ergänzt die übrigen roten Farben der Kleidung. Für die dunkleren Brauntöne wurde Braunerde mit Zinnoberrot gemischt, die Inkarnate bestehen aus traditionellen Mischungen aus Bleiweiß mit Teilen von Zinnoberrot und Ocker.

Wir danken Gianluca Poldi für die technische Analyse.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.10.2017 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 07.10. - 17.10.2017


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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