Lot Nr. 55


Meister der Sedia Dantesca


Meister der Sedia Dantesca - Alte Meister

(Florenz, tätig im 16. Jahrhundert)
Porträt einer älteren Dame mit Kind,
Öl auf Holz, 121 x 87,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Sedelmeyer, Paris, 3.–5. Juni 1907, Nr. 147 (als „Sebastiano del Piombo, mit Hinzufügung des Kindes durch Bronzino“);
Leasarte, 1990 (laut rückseitigem Klebezettel);
Auktion, Palazzo Visconti di Bergamo-Gera d’Adda, Gilberto Algranti-Franco Semenzato, Mai 1998, Lot 1384 (als „Bronzino, mit Santi di Tito als Maler des Kindes“);
Privatsammlung, Italien

Literatur:

R. B. Simon, Bronzino’s Portrait of Maria Salviati, in: A. M. Gáldy (Hrsg.), Agnolo Bronzino: Medici Court Artist in Context, Cambridge 2013, S. 22, Abb. 9 (als „Meister der Sedia Dantesca“)

Das vorliegende Gemälde ist in der Fototeca Zeri (Nr. 36641) als Werk Agnolo Bronzinos registriert.

Wir danken Robert Simon, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes vorgeschlagen hat. Der folgende Katalogeintrag basiert auf seinem Textbeitrag (siehe R. B. Simon, Bronzino’s Portrait of Maria Salviati, in: A. M. Gáldy [Hrsg.], Agnolo Bronzino: Medici Court Artist in Context, Cambridge 2013, S. 17–30).

Das vorliegende Gemälde steht in Zusammenhang mit einem als Maria Salviati identifizierten Damenporträt, das Agnolo Bronzino zugeschrieben wird (Öl auf Holz, 127 x 100 cm) und in der Sammlung Kress im Fine Arts Museum of San Francisco aufbewahrt wird (siehe Abb. 1). Jedoch wurde der vorliegenden Komposition ein kleines Kind hinzugefügt, das am mächtigen Knie der Dargestellten lehnt.

In dem Gemälde der Sammlung Kress wurde kürzlich jenes Bild vermutet, das Vasari als von Bronzino ausgeführtes Porträt der Maria Salviati beschreibt (siehe G. Vasari, Le Vite, Florenz 1878–1885, VII, S. 598). Bei seinem Verkauf 1848 war das Kress-Porträt jedoch als „Äbtissin“ katalogisiert (Auktion, London, 22. Januar 1848, Lot 82). Zwei Jahre danach publizierte es sein neuer Besitzer Domenico Campanari als Porträt Michelangelos der Vittoria Colonna und bekräftigte diese Bestimmung in weiteren in den 1850er-Jahren erschienenen Veröffentlichungen (siehe D. Campanari 1850; 1853a; 1853b; 1854a; 1854b).

Die Identifikation der Dargestellten des Bildes der Sammlung Kress als Maria Salviati tauchte erstmals in Andrea Emilianis Bronzino-Monografie von 1960 auf (siehe A. Emiliani, 1960, S. 72, Tafel 28). Emilianis Bestimmung stieß auf verhaltene Akzeptanz. 1963 reihte Berenson das Porträt unter dem Titel Alte Frau mit Buch in seine Auflistung von Bronzinos Gemälden ein, fügte jedoch der Abbildung die Bildunterschrift „Maria Salviati (?)“ hinzu. Zehn Jahre später nahm Baccheschi sie in sein Werkverzeichnis auf, wobei er den Namen ebenfalls mit einem Fragezeichen versah (siehe Berenson 1963, I, S. 45; II, Tafel 1443; Baccheschi 1973, Nr. 39). Die Gleichsetzung der älteren Dame mit Maria Salviati wurde festgeschrieben (siehe I Maestri del Colore of 1966–67, Tafel III, sowie Charles McCorquodales Monografie von 1981, Tafel 42) und in Studien jüngeren Datums übernommen.

Robert Simon zweifelt Marias Identität im Bild der Sammlung Kress aufgrund des Alters der Dargestellten grundsätzlich an. Er argumentiert, dass dieses zwar zur Diskussion gestellt werden kann, glaubt aber, dass sie zweifelsohne das Alter von 46 Jahren, das Maria zum Zeitpunkt ihres Todes 1543 erreicht hatte, bei weitem überschritten hat. Pontormos Porträt der Maria Salviati mit Kind in der Walters Art Gallery in Baltimore, das möglicherweise posthum entstanden ist, würde in jedem Fall, so meint er, das letztgültige Aussehen Marias festhalten, an das sich auch Vasaris Rundbild eindeutig anlehnt. Simon ist der Meinung, dass die Identität der Dargestellten durch die Existenz des vorliegenden Bildes, in dem er eine vom selben Künstler ausgeführte Replik des Porträts der Sammlung Kress sieht, welche dieselbe Frau nun mit Kind zeigt, noch zweifelhafter wird. Es ist erwogen worden, dass es sich bei dem Kind um eine spätere Hinzufügung handelt, doch unterscheidet es sich eindeutig gänzlich von jenem, das Maria auf dem in Baltimore befindlichen Gemälde zur Seite gestellt ist.
Mit Ausnahme der Zuschreibung des Porträts der Sammlung Kress an Michelangelo im 19. Jahrhundert wurde das Bild immer einhellig als Werk Bronzinos angesehen. Simon argumentiert, dass das Porträt der Sammlung Kress zwar mit Bronzinos Bildnissen von Lucrezia Panciatichi und Bia de’ Medici aus den frühen 1540er-Jahren verglichen wurde, aber zumindest eine Generation später entstanden ist.

Robert Simon vergleicht das Porträt der Sammlung Kress und das vorliegende Werk mit dem Bildnis eines Mannes im Kunsthistorischen Museum in Wien, das einst als Bronzino katalogisiert war und heute einem anonymen Florentiner Künstler gegeben wird (Inv. 199, siehe Ferino-Pagden et al., 1991, S. 57, Tafel 131). Simon hat diese Werke, einschließlich des vorliegenden Gemäldes, zu einer Gruppe zusammengefasst und für den Künstler den Hilfsnamen „Meister der Sedia Dantesca“ vorgeschlagen, aufgrund des besonderen Stuhls, auf dem einige der Dargestellten Modell gesessen haben. Er ist der Auffassung, dass derselbe Künstler auch für das Porträt eines älteren Mannes mit Kind im Michele and Donald D‘Amour Museum of Fine Arts in Springfield, Massachusetts, verantwortlich zeichnet (Inv. 64.03). Der alte Mann auf dem Gemälde in Springfield sitzt ebenfalls auf einem Dante-Stuhl und lässt Gemeinsamkeiten in Komposition, Haltung und Ausdruck erkennen. Vergleicht man das vorliegende Gemälde mit diesem Bild, scheint es sich bei den beiden Mädchen um Schwestern zu handeln, wofür sowohl deren Erscheinung als auch die stilistische Ausführung sprechen.

Technische Untersuchung:

IRR-Bilder des vorliegenden Gemäldes zeigen einige kompositorische Veränderungen: Das Gesicht der Frau scheint ursprünglich weiter nach rechts gedreht und dabei vermutlich dem Mädchen zugewandt gewesen zu sein; auch ihre rechte Hand wurde verändert. Die Unterzeichnung scheint dort, wo sie sichtbar wird, ziemlich frei ausgeführt, vor allem im Bereich des Kleides des Kindes.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung.

17.10.2017 - 18:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Meister der Sedia Dantesca


(Florenz, tätig im 16. Jahrhundert)
Porträt einer älteren Dame mit Kind,
Öl auf Holz, 121 x 87,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Sedelmeyer, Paris, 3.–5. Juni 1907, Nr. 147 (als „Sebastiano del Piombo, mit Hinzufügung des Kindes durch Bronzino“);
Leasarte, 1990 (laut rückseitigem Klebezettel);
Auktion, Palazzo Visconti di Bergamo-Gera d’Adda, Gilberto Algranti-Franco Semenzato, Mai 1998, Lot 1384 (als „Bronzino, mit Santi di Tito als Maler des Kindes“);
Privatsammlung, Italien

Literatur:

R. B. Simon, Bronzino’s Portrait of Maria Salviati, in: A. M. Gáldy (Hrsg.), Agnolo Bronzino: Medici Court Artist in Context, Cambridge 2013, S. 22, Abb. 9 (als „Meister der Sedia Dantesca“)

Das vorliegende Gemälde ist in der Fototeca Zeri (Nr. 36641) als Werk Agnolo Bronzinos registriert.

Wir danken Robert Simon, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes vorgeschlagen hat. Der folgende Katalogeintrag basiert auf seinem Textbeitrag (siehe R. B. Simon, Bronzino’s Portrait of Maria Salviati, in: A. M. Gáldy [Hrsg.], Agnolo Bronzino: Medici Court Artist in Context, Cambridge 2013, S. 17–30).

Das vorliegende Gemälde steht in Zusammenhang mit einem als Maria Salviati identifizierten Damenporträt, das Agnolo Bronzino zugeschrieben wird (Öl auf Holz, 127 x 100 cm) und in der Sammlung Kress im Fine Arts Museum of San Francisco aufbewahrt wird (siehe Abb. 1). Jedoch wurde der vorliegenden Komposition ein kleines Kind hinzugefügt, das am mächtigen Knie der Dargestellten lehnt.

In dem Gemälde der Sammlung Kress wurde kürzlich jenes Bild vermutet, das Vasari als von Bronzino ausgeführtes Porträt der Maria Salviati beschreibt (siehe G. Vasari, Le Vite, Florenz 1878–1885, VII, S. 598). Bei seinem Verkauf 1848 war das Kress-Porträt jedoch als „Äbtissin“ katalogisiert (Auktion, London, 22. Januar 1848, Lot 82). Zwei Jahre danach publizierte es sein neuer Besitzer Domenico Campanari als Porträt Michelangelos der Vittoria Colonna und bekräftigte diese Bestimmung in weiteren in den 1850er-Jahren erschienenen Veröffentlichungen (siehe D. Campanari 1850; 1853a; 1853b; 1854a; 1854b).

Die Identifikation der Dargestellten des Bildes der Sammlung Kress als Maria Salviati tauchte erstmals in Andrea Emilianis Bronzino-Monografie von 1960 auf (siehe A. Emiliani, 1960, S. 72, Tafel 28). Emilianis Bestimmung stieß auf verhaltene Akzeptanz. 1963 reihte Berenson das Porträt unter dem Titel Alte Frau mit Buch in seine Auflistung von Bronzinos Gemälden ein, fügte jedoch der Abbildung die Bildunterschrift „Maria Salviati (?)“ hinzu. Zehn Jahre später nahm Baccheschi sie in sein Werkverzeichnis auf, wobei er den Namen ebenfalls mit einem Fragezeichen versah (siehe Berenson 1963, I, S. 45; II, Tafel 1443; Baccheschi 1973, Nr. 39). Die Gleichsetzung der älteren Dame mit Maria Salviati wurde festgeschrieben (siehe I Maestri del Colore of 1966–67, Tafel III, sowie Charles McCorquodales Monografie von 1981, Tafel 42) und in Studien jüngeren Datums übernommen.

Robert Simon zweifelt Marias Identität im Bild der Sammlung Kress aufgrund des Alters der Dargestellten grundsätzlich an. Er argumentiert, dass dieses zwar zur Diskussion gestellt werden kann, glaubt aber, dass sie zweifelsohne das Alter von 46 Jahren, das Maria zum Zeitpunkt ihres Todes 1543 erreicht hatte, bei weitem überschritten hat. Pontormos Porträt der Maria Salviati mit Kind in der Walters Art Gallery in Baltimore, das möglicherweise posthum entstanden ist, würde in jedem Fall, so meint er, das letztgültige Aussehen Marias festhalten, an das sich auch Vasaris Rundbild eindeutig anlehnt. Simon ist der Meinung, dass die Identität der Dargestellten durch die Existenz des vorliegenden Bildes, in dem er eine vom selben Künstler ausgeführte Replik des Porträts der Sammlung Kress sieht, welche dieselbe Frau nun mit Kind zeigt, noch zweifelhafter wird. Es ist erwogen worden, dass es sich bei dem Kind um eine spätere Hinzufügung handelt, doch unterscheidet es sich eindeutig gänzlich von jenem, das Maria auf dem in Baltimore befindlichen Gemälde zur Seite gestellt ist.
Mit Ausnahme der Zuschreibung des Porträts der Sammlung Kress an Michelangelo im 19. Jahrhundert wurde das Bild immer einhellig als Werk Bronzinos angesehen. Simon argumentiert, dass das Porträt der Sammlung Kress zwar mit Bronzinos Bildnissen von Lucrezia Panciatichi und Bia de’ Medici aus den frühen 1540er-Jahren verglichen wurde, aber zumindest eine Generation später entstanden ist.

Robert Simon vergleicht das Porträt der Sammlung Kress und das vorliegende Werk mit dem Bildnis eines Mannes im Kunsthistorischen Museum in Wien, das einst als Bronzino katalogisiert war und heute einem anonymen Florentiner Künstler gegeben wird (Inv. 199, siehe Ferino-Pagden et al., 1991, S. 57, Tafel 131). Simon hat diese Werke, einschließlich des vorliegenden Gemäldes, zu einer Gruppe zusammengefasst und für den Künstler den Hilfsnamen „Meister der Sedia Dantesca“ vorgeschlagen, aufgrund des besonderen Stuhls, auf dem einige der Dargestellten Modell gesessen haben. Er ist der Auffassung, dass derselbe Künstler auch für das Porträt eines älteren Mannes mit Kind im Michele and Donald D‘Amour Museum of Fine Arts in Springfield, Massachusetts, verantwortlich zeichnet (Inv. 64.03). Der alte Mann auf dem Gemälde in Springfield sitzt ebenfalls auf einem Dante-Stuhl und lässt Gemeinsamkeiten in Komposition, Haltung und Ausdruck erkennen. Vergleicht man das vorliegende Gemälde mit diesem Bild, scheint es sich bei den beiden Mädchen um Schwestern zu handeln, wofür sowohl deren Erscheinung als auch die stilistische Ausführung sprechen.

Technische Untersuchung:

IRR-Bilder des vorliegenden Gemäldes zeigen einige kompositorische Veränderungen: Das Gesicht der Frau scheint ursprünglich weiter nach rechts gedreht und dabei vermutlich dem Mädchen zugewandt gewesen zu sein; auch ihre rechte Hand wurde verändert. Die Unterzeichnung scheint dort, wo sie sichtbar wird, ziemlich frei ausgeführt, vor allem im Bereich des Kleides des Kindes.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung.


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old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.10.2017 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 07.10. - 17.10.2017

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