Lot Nr. 40


Pietro Faccini


Pietro Faccini - Alte Meister

(Bologna um 1562–1602)
Die heilige Margarethe von Antiochien,
auf der Rückseite des Keilrahmens in der Mitte oben bezeichnet: Pietro Faccini f..cce,
Öl auf Leinwand, 103 x 76 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Salina, Bologna;
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
Archivio di Stato, Bologna, Inventario legale della eredità del fu Conte Luigi Salina, Ufficio del Registro delle Successioni, serie II, mazzo 935, fasc. 49.

Literatur:
G. Giordani, Catalogo de’ quadri di varie scuole pittoriche raccolte in una galleria particolare in Bologna, Bologna 1865, S. 16, Nr. 166 (als Pietro Faccini);
E. Negro, N. Roio, Pietro Faccini 1575/76–1602, Modena 1997, S. 124, Nr. 58 (erwähnt unter „Opere citate dalle fonti ma perdute, non reperite o non identificate“)

Wir danken Emilio Negro und Nicosetta Roio, die die Zuschreibung auf Grundlage einer hochaufgelösten Digitalfotografie bestätigt haben.

Außerdem danken wir Nicholas Turner, der die Zuschreibung nach Prüfung des Gemäldes im Original bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Das vorliegende Gemälde befand sich einst im Besitz des Conte Luigi Salina (1762–1845), des Präsidenten des Berufungsgerichts von Bologna. Es verblieb in der Familie und wird in einem Katalog von 1865 angeführt, der die im Familienpalast in der Via Barberia verwahrten Gemälde verzeichnet (siehe Literatur). Das Werk findet darin als eines jener Bilder Erwähnung, die sich in der „Camera Verde“ [dem „Grünen Salon“] befanden, wo es als halbfigurige Darstellung der heiligen Margarethe Faccinis und als „al vero, ben dipinta“ [„lebensgroß, gut gemalt“] beschrieben wird. Nach dem Tod von Conte Salinas Erben Luigi Salina (1857–1930) wurde ein Inventar erstellt (siehe Dokumentation), in dem das vorliegende Gemälde mit dem Bild einer heiligen Margarethe im Stadtpalast in der Via Barberia identifiziert werden konnte.
Darüber hinaus wird das vorliegende Werk in der 1997 von Emilio Negro, Nicosetta Roio und Carlo Giovannini publizierten Monografie über Pietro Faccini unter den unauffindbaren Werken des Meisters angeführt.

In der kurzen Schaffenszeit Faccinis als unabhängiger Maler, die weniger als ein Jahrzehnt währte, übte seine frühe Ausbildung an der Accademia degli Incamminati der Carracci großen Einfluss auf seine Kunst aus. Nach einem Streit mit Annibale Carracci (1560–1609) verließ Faccini um 1594 die Akademie und eröffnete ein eigenes Konkurrenzinstitut in Bologna. In einem reich mit Anekdoten ausgeschmückten Bericht über die Rivalität der beiden Maler behauptet Malvasia, dass Faccini auf den Erfolg der Carracci eifersüchtig gewesen sei (Ausgabe 1841, I, S. 398). Wie auch immer sich dies tatsächlich verhalten haben mag, jedenfalls blieb Faccinis Werk als freier Maler stark der Kunst der Carracci verpflichtet. Als Maler ging er jedoch auch seine eigenen Wege und pflegte einen Stil, der oft als leicht „bizarr“ beschrieben wird und sich bei der Darstellung der menschlichen Figur durch auffällige Stilmerkmale auszeichnet. Das jungenhafte Gesicht der Heiligen im vorliegenden Gemälde, für das wahrscheinlich das eines Lehrlings der Werkstatt als Vorbild diente, könnte als eine solche stilistische Eigenheit bezeichnet werden.

Faccini verstand sich auf Farbharmonien, wie die schöne Gegenüberstellung des roten Mantels und des rosafarbenen Kleides der Heiligen im vorliegenden Gemälde vor Augen führt. Das Rot beherrscht das Gemälde und hält die Komposition zusammen, indem es an anderer Stelle wiederkehrt; es findet sich zum Beispiel im Kruzifix, das die Heilige in der rechten Hand hochhält, auf ihren Lippen und im Bereich der Zunge und des Mauls des Drachens. Besonders gelungen zeigt sich die grobe Pinselführung im Faltenwurf des Gewandes. Faccinis Gabe der Farbkomposition lässt an Tizian denken, während die weichen Formen den Einfluss von Correggios sanften Übergängen verraten.
Das Kruzifix spielt in der Geschichte der Heiligen (die mittlerweile als apokryph gilt) eine zentrale Rolle. Der Überlieferung zufolge sollte sie den Stadtpräfekten von Antiochien heiraten, lehnte dies jedoch damit ab, dass sie eine christliche Jungfrau sei. Für diese Zurückweisung wurde sie gefoltert und ins Gefängnis geworfen. Satan erschien ihr in Gestalt eines Drachens und verschlang sie, doch dank des Kreuzes, das sie fest umklammert hielt, entstieg sie unverletzt seinem Leib. Der Triumph ihres Entkommens durch die Festigkeit ihres Glaubens ist Thema des vorliegenden Bildes.

Auf Faccinis Gemälde ist die das hochwichtige Kruzifix festhaltende Hand ziemlich ungewöhnlich dargestellt: Der Daumen ist fest gegen den senkrechten Kreuzbalken gepresst, der Zeigefinger von hinten darum herum geschlungen, wobei der kleine Finger zierlich zur Seite gestreckt wird. Die ungewöhnliche Handhaltung erinnert an eine linke Hand, die in einer Rötelstudie auf der Rückseite einer Zeichnung von Ludovico Carracci im British Museum in London einen Dornenzweig umfasst hält (Inv. 1991-4-6-64). Die Abwandlung dieser Handhaltung für die vorliegende heilige Margarete beweist den fortdauernden Einfluss der Carracci auf Faccinis Schaffen. Die Motivation dafür mag daher rühren, dass der Künstler zeigen wollte, dass er eine schwierige Anatomie ebenso gut beherrschte wie seine Rivalen.

17.10.2017 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 50.800,-
Schätzwert:
EUR 100.000,- bis EUR 150.000,-

Pietro Faccini


(Bologna um 1562–1602)
Die heilige Margarethe von Antiochien,
auf der Rückseite des Keilrahmens in der Mitte oben bezeichnet: Pietro Faccini f..cce,
Öl auf Leinwand, 103 x 76 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Salina, Bologna;
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
Archivio di Stato, Bologna, Inventario legale della eredità del fu Conte Luigi Salina, Ufficio del Registro delle Successioni, serie II, mazzo 935, fasc. 49.

Literatur:
G. Giordani, Catalogo de’ quadri di varie scuole pittoriche raccolte in una galleria particolare in Bologna, Bologna 1865, S. 16, Nr. 166 (als Pietro Faccini);
E. Negro, N. Roio, Pietro Faccini 1575/76–1602, Modena 1997, S. 124, Nr. 58 (erwähnt unter „Opere citate dalle fonti ma perdute, non reperite o non identificate“)

Wir danken Emilio Negro und Nicosetta Roio, die die Zuschreibung auf Grundlage einer hochaufgelösten Digitalfotografie bestätigt haben.

Außerdem danken wir Nicholas Turner, der die Zuschreibung nach Prüfung des Gemäldes im Original bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Das vorliegende Gemälde befand sich einst im Besitz des Conte Luigi Salina (1762–1845), des Präsidenten des Berufungsgerichts von Bologna. Es verblieb in der Familie und wird in einem Katalog von 1865 angeführt, der die im Familienpalast in der Via Barberia verwahrten Gemälde verzeichnet (siehe Literatur). Das Werk findet darin als eines jener Bilder Erwähnung, die sich in der „Camera Verde“ [dem „Grünen Salon“] befanden, wo es als halbfigurige Darstellung der heiligen Margarethe Faccinis und als „al vero, ben dipinta“ [„lebensgroß, gut gemalt“] beschrieben wird. Nach dem Tod von Conte Salinas Erben Luigi Salina (1857–1930) wurde ein Inventar erstellt (siehe Dokumentation), in dem das vorliegende Gemälde mit dem Bild einer heiligen Margarethe im Stadtpalast in der Via Barberia identifiziert werden konnte.
Darüber hinaus wird das vorliegende Werk in der 1997 von Emilio Negro, Nicosetta Roio und Carlo Giovannini publizierten Monografie über Pietro Faccini unter den unauffindbaren Werken des Meisters angeführt.

In der kurzen Schaffenszeit Faccinis als unabhängiger Maler, die weniger als ein Jahrzehnt währte, übte seine frühe Ausbildung an der Accademia degli Incamminati der Carracci großen Einfluss auf seine Kunst aus. Nach einem Streit mit Annibale Carracci (1560–1609) verließ Faccini um 1594 die Akademie und eröffnete ein eigenes Konkurrenzinstitut in Bologna. In einem reich mit Anekdoten ausgeschmückten Bericht über die Rivalität der beiden Maler behauptet Malvasia, dass Faccini auf den Erfolg der Carracci eifersüchtig gewesen sei (Ausgabe 1841, I, S. 398). Wie auch immer sich dies tatsächlich verhalten haben mag, jedenfalls blieb Faccinis Werk als freier Maler stark der Kunst der Carracci verpflichtet. Als Maler ging er jedoch auch seine eigenen Wege und pflegte einen Stil, der oft als leicht „bizarr“ beschrieben wird und sich bei der Darstellung der menschlichen Figur durch auffällige Stilmerkmale auszeichnet. Das jungenhafte Gesicht der Heiligen im vorliegenden Gemälde, für das wahrscheinlich das eines Lehrlings der Werkstatt als Vorbild diente, könnte als eine solche stilistische Eigenheit bezeichnet werden.

Faccini verstand sich auf Farbharmonien, wie die schöne Gegenüberstellung des roten Mantels und des rosafarbenen Kleides der Heiligen im vorliegenden Gemälde vor Augen führt. Das Rot beherrscht das Gemälde und hält die Komposition zusammen, indem es an anderer Stelle wiederkehrt; es findet sich zum Beispiel im Kruzifix, das die Heilige in der rechten Hand hochhält, auf ihren Lippen und im Bereich der Zunge und des Mauls des Drachens. Besonders gelungen zeigt sich die grobe Pinselführung im Faltenwurf des Gewandes. Faccinis Gabe der Farbkomposition lässt an Tizian denken, während die weichen Formen den Einfluss von Correggios sanften Übergängen verraten.
Das Kruzifix spielt in der Geschichte der Heiligen (die mittlerweile als apokryph gilt) eine zentrale Rolle. Der Überlieferung zufolge sollte sie den Stadtpräfekten von Antiochien heiraten, lehnte dies jedoch damit ab, dass sie eine christliche Jungfrau sei. Für diese Zurückweisung wurde sie gefoltert und ins Gefängnis geworfen. Satan erschien ihr in Gestalt eines Drachens und verschlang sie, doch dank des Kreuzes, das sie fest umklammert hielt, entstieg sie unverletzt seinem Leib. Der Triumph ihres Entkommens durch die Festigkeit ihres Glaubens ist Thema des vorliegenden Bildes.

Auf Faccinis Gemälde ist die das hochwichtige Kruzifix festhaltende Hand ziemlich ungewöhnlich dargestellt: Der Daumen ist fest gegen den senkrechten Kreuzbalken gepresst, der Zeigefinger von hinten darum herum geschlungen, wobei der kleine Finger zierlich zur Seite gestreckt wird. Die ungewöhnliche Handhaltung erinnert an eine linke Hand, die in einer Rötelstudie auf der Rückseite einer Zeichnung von Ludovico Carracci im British Museum in London einen Dornenzweig umfasst hält (Inv. 1991-4-6-64). Die Abwandlung dieser Handhaltung für die vorliegende heilige Margarete beweist den fortdauernden Einfluss der Carracci auf Faccinis Schaffen. Die Motivation dafür mag daher rühren, dass der Künstler zeigen wollte, dass er eine schwierige Anatomie ebenso gut beherrschte wie seine Rivalen.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.10.2017 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 07.10. - 17.10.2017


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.

Warum bei myDOROTHEUM registrieren?

Die kostenlose Registrierung bei myDOROTHEUM ermöglicht Ihnen die komplette Nutzung folgender Funktionen:

Katalog Benachrichtigungen sobald ein neuer Auktionskatalog online ist.
Auktionstermin Erinnerung zwei Tage vor Auktionsbeginn.
Mitbieten Bieten Sie auf Ihre Lieblingsstücke und ersteigern Sie neue Meisterwerke!
Suchservice Sie suchen nach einem bestimmten Künstler oder einer bestimmten Marke? Speichern Sie Ihre Suche ab und werden Sie automatisch informiert, sobald diese in einer Auktion angeboten werden!