Lot Nr. 81


Nicolas Poussin, Umkreis


Nicolas Poussin, Umkreis - Alte Meister

(Les Andelys 1594–1665 Rom)
Landschaft mit der Rückholung der Asche des Phokion,
rückseitig bezeichnet: PHOCIONIS. DEMORTVI. CINERES. COLL- ECTI. NIC. POVSS. PINXIT. AN. O. 1645,
Öl auf Leinwand, 117 x 175 cm, gerahmt

Provenienz:
möglicherweise Sammlung Gabriele dal Pozzo, Rom (vor 1695);
möglicherweise Cosimo Antonio dal Pozzo (vor 1741), im Erbgang an Maria Laura Dal Pozzo Boccapaduli;
Adelsbesitz, Rom;
Auktion, Babuino, Rom, 4. März 2014, Lot 84 (als „Römische Schule, 17. Jahrhundert“);
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
Nach dem Tod von Gabriele Dal Pozzo erstelltes Inventar, Rom, Archivio di Stato, 30 Notai Capitolini, Ufficio 6, Bd. 210, 5.–7. März 1695, fol. 261v, Nr. 111/112: „un quadro di sette, e 5 rappresentante la peste di Gaspare, e Nicolò Pusino / Altro di simil misura rappresentante Paese con Donna che raccoglie le ceneri di fusione del Pusino“; „Osservazioni fatte dal Signor Perito pittore sopra all’Inventario de quadri ereditarii del Signore Commentore Cosimo Antonio Dal Pozzo“, Anton Maria Bozzolani, Rom, Archivio Storico Capitolino, Fondo Boccapaduli/dal Pozzo, Pozzo I, arm. III, div. III, undatiert, doch vermutlich vor dem 30. April 1741, fol. 9, Nr. 29: „Dui quadri in tela da sette e cinque per traverso rappresentanti Paesi uno de quali con una donna, che lava ed altre figure, ed altro con figure, che portano un morto coperto con panno biancho ambedui Copie del Pousini con cornice fatta a cassa color di noce con tre filetti dorati.“

Literatur:
D. L. Sparti, The dal Pozzo collection again: the inventories of 1689 and 1695 and the family archive, in: The Burlington Magazine, 132, 1049, August 1990, Erwähnung S. 563, Nr. 112;
T. J. Standring, Come fare l’inventario dei beni dal Pozzo: una disputa legale sul Fidecommesso, in: F. Solinas (Hg.), I Segreti di un Collezionista. Le straordinarie raccolte di Cassiano dal Pozzo 1588–1657, Ausstellungskatalog, Rom 2000, Erwähnung S. 207, Nr. 29

Das vorliegende Gemälde auf Originalleinwand steht in Zusammenhang mit einem Werk Poussins desselben Bildthemas (116 x 176 cm), welches sich in der Walker Art Gallery in Liverpool befindet (Abb. 1). Das vorliegende Gemälde trägt auf der Rückseite in Blockschrift eine Bezeichnung des 17. Jahrhunderts (Abb. 2), die vom Typus her mit jenen auf Werken übereinstimmt, die einst zur berühmten Sammlung Cassiano Dal Pozzos (1588–1657) gehörten, welche von ihm und seinem jüngeren Bruder Carlo Antonio zusammengetragen worden war. Tatsächlich könnte es sein, dass das vorliegende Gemälde in den Verzeichnissen der Familieninventare aufscheint. Nach dem Tod Carlo Antonios 1689 wurde ein erstes Sammlungsinventar erstellt, ein zweites folgte nach dem Tod seines Sohnes Gabriele Dal Pozzo 1695. In letzterem könnte die Beschreibung eines Werkes, das dort offenbar „Pusino“ gegeben wird und annährend dieselben Maße aufweist (siehe Dokumentation, Nr. 112), auf das vorliegende Gemälde zutreffen.

Nach dem Tod von Gabrieles Sohn Cosimo Antonio Dal Pozzo heiratete dessen Tochter Maria Laura 1741 einen Boccapaduli und ließ von Anton Maria Bozzolani ein Verzeichnis der von ihrem Vater geerbten Werke erstellen. Das hier besprochene Gemälde könnte Nr. 29 besagten Verzeichnisses, wo es zusammen mit einem zweiten Bild angeführt wird, entsprechen (siehe Dokumentation, Nr. 29).

Die vermutlich prestigeträchtige Provenienz des vorliegenden Gemäldes könnte annehmen lassen, dass es angesichts seiner hohen Qualität und der Ähnlichkeit mit dem Bild in Liverpool im unmittelbaren Umkreis Poussins und womöglich sogar unter direkter Aufsicht des Meisters entstanden ist. Die Frage der Datierung mit 1645 auf der Rückseite des vorliegenden Bildes bleibt offen, zumal das Gemälde in Liverpool in das Jahr 1648 datiert wird. Das Liverpooler Gemälde (Abb. 1) zeigt die Entwicklung des französischen Künstlers von der reinen Historienmalerei hin zu harmonischen, klassisch inspirierten und vom Menschen bevölkerten Landschaften. Eines ähnlichen Malstils bediente sich der Schwiegersohn des Künstlers, Gaspard Dughet (1615–1675), dessen teilweise Mitwirkung am vorliegenden Gemälde in Betracht gezogen wurde.

Wie so oft bei Poussins Gemälden der Fall, künden seine Bildthemen von einem tieferen moralischen und philosophischen Gehalt. In diesem Fall verkörpert die Figur des Phokion die Stoa, die zu Beginn der Renaissance von Denkern wiederentdeckt worden war. Die Episode, die hier von einer baumbestandenen Landschaft gerahmt wird, schöpft aus der Geschichte des griechischen Altertums, die Plutarch in seinen Lebensbeschreibungen erzählt. Der athenische Feldherr Phokion, der im 4. Jahrhundert v. Chr. lebte, genoss wegen seiner Aufrichtigkeit und seines bescheidenen, tugendhaften Verhaltens die Bewunderung seiner Mitbürger. Am Ende seines Lebens wurde er jedoch fälschlicherweise des Verrats bezichtigt, weshalb ihm ein Begräbnis innerhalb der Stadtgrenzen verwehrt blieb. Das vorliegende Werk stellt die letzte Episode der Erzählung dar: Die im Vordergrund in Begleitung einer treuen Dienerin erscheinende Witwe Phokions kniet nieder, um insgeheim die Asche ihres Gemahls aufzunehmen, die außerhalb Athens, das im Hintergrund zu sehen ist, beigesetzt wurde.

24.04.2018 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 81.250,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Nicolas Poussin, Umkreis


(Les Andelys 1594–1665 Rom)
Landschaft mit der Rückholung der Asche des Phokion,
rückseitig bezeichnet: PHOCIONIS. DEMORTVI. CINERES. COLL- ECTI. NIC. POVSS. PINXIT. AN. O. 1645,
Öl auf Leinwand, 117 x 175 cm, gerahmt

Provenienz:
möglicherweise Sammlung Gabriele dal Pozzo, Rom (vor 1695);
möglicherweise Cosimo Antonio dal Pozzo (vor 1741), im Erbgang an Maria Laura Dal Pozzo Boccapaduli;
Adelsbesitz, Rom;
Auktion, Babuino, Rom, 4. März 2014, Lot 84 (als „Römische Schule, 17. Jahrhundert“);
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
Nach dem Tod von Gabriele Dal Pozzo erstelltes Inventar, Rom, Archivio di Stato, 30 Notai Capitolini, Ufficio 6, Bd. 210, 5.–7. März 1695, fol. 261v, Nr. 111/112: „un quadro di sette, e 5 rappresentante la peste di Gaspare, e Nicolò Pusino / Altro di simil misura rappresentante Paese con Donna che raccoglie le ceneri di fusione del Pusino“; „Osservazioni fatte dal Signor Perito pittore sopra all’Inventario de quadri ereditarii del Signore Commentore Cosimo Antonio Dal Pozzo“, Anton Maria Bozzolani, Rom, Archivio Storico Capitolino, Fondo Boccapaduli/dal Pozzo, Pozzo I, arm. III, div. III, undatiert, doch vermutlich vor dem 30. April 1741, fol. 9, Nr. 29: „Dui quadri in tela da sette e cinque per traverso rappresentanti Paesi uno de quali con una donna, che lava ed altre figure, ed altro con figure, che portano un morto coperto con panno biancho ambedui Copie del Pousini con cornice fatta a cassa color di noce con tre filetti dorati.“

Literatur:
D. L. Sparti, The dal Pozzo collection again: the inventories of 1689 and 1695 and the family archive, in: The Burlington Magazine, 132, 1049, August 1990, Erwähnung S. 563, Nr. 112;
T. J. Standring, Come fare l’inventario dei beni dal Pozzo: una disputa legale sul Fidecommesso, in: F. Solinas (Hg.), I Segreti di un Collezionista. Le straordinarie raccolte di Cassiano dal Pozzo 1588–1657, Ausstellungskatalog, Rom 2000, Erwähnung S. 207, Nr. 29

Das vorliegende Gemälde auf Originalleinwand steht in Zusammenhang mit einem Werk Poussins desselben Bildthemas (116 x 176 cm), welches sich in der Walker Art Gallery in Liverpool befindet (Abb. 1). Das vorliegende Gemälde trägt auf der Rückseite in Blockschrift eine Bezeichnung des 17. Jahrhunderts (Abb. 2), die vom Typus her mit jenen auf Werken übereinstimmt, die einst zur berühmten Sammlung Cassiano Dal Pozzos (1588–1657) gehörten, welche von ihm und seinem jüngeren Bruder Carlo Antonio zusammengetragen worden war. Tatsächlich könnte es sein, dass das vorliegende Gemälde in den Verzeichnissen der Familieninventare aufscheint. Nach dem Tod Carlo Antonios 1689 wurde ein erstes Sammlungsinventar erstellt, ein zweites folgte nach dem Tod seines Sohnes Gabriele Dal Pozzo 1695. In letzterem könnte die Beschreibung eines Werkes, das dort offenbar „Pusino“ gegeben wird und annährend dieselben Maße aufweist (siehe Dokumentation, Nr. 112), auf das vorliegende Gemälde zutreffen.

Nach dem Tod von Gabrieles Sohn Cosimo Antonio Dal Pozzo heiratete dessen Tochter Maria Laura 1741 einen Boccapaduli und ließ von Anton Maria Bozzolani ein Verzeichnis der von ihrem Vater geerbten Werke erstellen. Das hier besprochene Gemälde könnte Nr. 29 besagten Verzeichnisses, wo es zusammen mit einem zweiten Bild angeführt wird, entsprechen (siehe Dokumentation, Nr. 29).

Die vermutlich prestigeträchtige Provenienz des vorliegenden Gemäldes könnte annehmen lassen, dass es angesichts seiner hohen Qualität und der Ähnlichkeit mit dem Bild in Liverpool im unmittelbaren Umkreis Poussins und womöglich sogar unter direkter Aufsicht des Meisters entstanden ist. Die Frage der Datierung mit 1645 auf der Rückseite des vorliegenden Bildes bleibt offen, zumal das Gemälde in Liverpool in das Jahr 1648 datiert wird. Das Liverpooler Gemälde (Abb. 1) zeigt die Entwicklung des französischen Künstlers von der reinen Historienmalerei hin zu harmonischen, klassisch inspirierten und vom Menschen bevölkerten Landschaften. Eines ähnlichen Malstils bediente sich der Schwiegersohn des Künstlers, Gaspard Dughet (1615–1675), dessen teilweise Mitwirkung am vorliegenden Gemälde in Betracht gezogen wurde.

Wie so oft bei Poussins Gemälden der Fall, künden seine Bildthemen von einem tieferen moralischen und philosophischen Gehalt. In diesem Fall verkörpert die Figur des Phokion die Stoa, die zu Beginn der Renaissance von Denkern wiederentdeckt worden war. Die Episode, die hier von einer baumbestandenen Landschaft gerahmt wird, schöpft aus der Geschichte des griechischen Altertums, die Plutarch in seinen Lebensbeschreibungen erzählt. Der athenische Feldherr Phokion, der im 4. Jahrhundert v. Chr. lebte, genoss wegen seiner Aufrichtigkeit und seines bescheidenen, tugendhaften Verhaltens die Bewunderung seiner Mitbürger. Am Ende seines Lebens wurde er jedoch fälschlicherweise des Verrats bezichtigt, weshalb ihm ein Begräbnis innerhalb der Stadtgrenzen verwehrt blieb. Das vorliegende Werk stellt die letzte Episode der Erzählung dar: Die im Vordergrund in Begleitung einer treuen Dienerin erscheinende Witwe Phokions kniet nieder, um insgeheim die Asche ihres Gemahls aufzunehmen, die außerhalb Athens, das im Hintergrund zu sehen ist, beigesetzt wurde.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 24.04.2018 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.04. - 24.04.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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