Lot Nr. 104


Peter Paul Rubens


(Siegen 1577-1640 Antwerpen) Werkstatt Das Urteil des Paris, Öl auf Holz, 48 x 60 cm , gerahmt

Gutachten: Prof. Dr. Justus Müller-Hofstede, Bonn, 4. August 2009 (als eigenhändiges Werk von Rubens).

Gregory Martin führt in seiner grundsätzlichen Bearbeitung der Londoner Version des Parisurteils im Katalog der National Gallery von 1970 ein mit diesem in enger Verbindung stehendes Gemälde auf, das sich bei Rubens' Tod in dessen Nachlass befand und über die Sammlungen Jeremias Wildens und Erasmus Quellinus nach Schottland gelangte, wo es am 06.08.1862 in der Aston Hall Auktion versteigert wurde. Die Bildmaße dieses Gemäldes sind mit denen des vorliegenden Bildes beinahe identisch. Bislang unpubliziert, stellt unser Bild eine wichtige Ergänzung des Oeuvres von Rubens und seiner Werkstatt dar. Es handelt sich bei ihm um eine Studie, die vor einer entscheidenden konzeptionellen Veränderung des größeren Parisurteils, heute in der National Gallery, London (Inv. Nr. 194, vgl. G. Martin, National Gallery Catalogue, The Flemish School, London 1970, S. 153) in der Werkstatt des Antwerpener Meisters erfolgte. Das vorliegende Gemälde schildert beinahe wortgetreu die Überlieferung des Parismythos nach Lucians 'Urteil der Göttinnen', in dem Paris Merkur fragt, wie er denn die Schönheit der bekleideten Göttinnen erkennen solle und Merkur diese daraufhin anweist, sich zu entkleiden. Diese Entscheidung des jungen Paris mündete in der Entführung der Helena und damit im Trojanischen Krieg. Als düstere Vorahnung dieses epischen Kampfes erscheint im Himmel der sonst heiteren Szenerie unseres Gemäldes Alecto, die Furie des Krieges, in einer Flammenwolke. In der Londoner Version hingegen wurde die ursprüngliche Komposition kurz nach der Fertigstellung verändert, so dass dort Merkur nicht befiehlt, sondern Paris lediglich den Goldenen Apfel reicht. Derartige inhaltliche Veränderungen erfolgten in der Werkstattpraxis meist auf Wunsch des Auftraggebers; ästhetische Gesichtspunkte waren wohl nicht ausschlaggebend. Wie Gregory Martin 1970 feststellte, lassen sich am Londoner Gemälde, das von der Wissenschaft einstimmig als erste Version akzeptiert wird, drei, wohl noch vor der Auslieferung an den Auftraggeber erfolgte Veränderungen der Komposition feststellen. Sie lassen sich am Londoner Bild mit Hilfe von Infrarotaufnahmen als Pentimenti erkennen und ermöglichen dadurch auch die Einordnung unseres Gemäldes. Sein erster Zustand ist durch keine Studien dokumentiert und nur in der Infrarotaufnahme zu erkennen. Wiederholt wurde vermutet, einige der Ånderungen des Londoner Bildes könnten auch erst später ausgeführt worden sein, da das Gemälde 1676 von Roger de Piles bereits in der Londoner Fassung beschrieben wurde. Studien und Vorarbeiten haben, wie in der Rubens-Werkstatt üblich, den Veränderungsprozess begleitet. Dass solche Studien, entweder von Rubens selbst oder unter Beteiligung der Werkstatt geschaffen, existieren, beweist ein Bild in der Dresdener Gemäldegalerie, das in der Literatur als eigenhändig anerkannt wird, auch wenn sein vollständig autographer Status teilweise angezweifelt wird (so G. Martin 1970). Da auch auf unserem Gemälde einige Pentimenti erkennbar sind, ist es wahrscheinlich, dass zumindest zwei Versionen existieren (so auch der Katalog der Londoner National Gallery von 1995), wovon die Dresdner eine und unser die zweite darstellt. Die Provenienz des Londoner Bildes ist verhältnismäßig gut dokumentiert, es befand sich bereits vor 1649 in der Sammlung Diego Duarte in Antwerpen, gelangte über Kardinal Richelieu (1675) in den Besitz der Herzöge von Orléans, die es später nach London verkauften. Die Dresdener Tafel wurde 1750 von Tardieu gestochen und befand sich damals bereits im Besitz des Grafen Brühl, so dass es sich bei unserem Bild um die dritte Version handeln könnte, die 1640 im Nachlass von Rubens erwähnt wurde und über verschiedene Antwerpener Sammlungen nach Großbritannien gelangte, wo sie 1828 in Edinburgh verkauft und schließlich zum letztenmal auf einer öffentlichen Auktion im Aston Hall Sale am 06.08.1862 versteigert wurde. Anders als die Londoner Version stellt das vorliegende Gemälde die ursprüngliche Konzeption dar und ermöglicht so einen faszinierenden Einblick in Rubens' Werkstattpraxis. Martin wies 1970 auf ein interessantes Detail hin: für die Göttin Venus könnte Rubens' zweite Frau Helene Fourment Modell gestanden habe n, während Minerva ihrer Schwester Susannah ähnelt (vgl. G. Martin, S.159, note 29).

Gutachten: Prof. Dr. Justus Müller-Hofstede, Bonn, 4. August 2009 (als eigenhändiges Werk von Rubens). Gregory Martin führt in seiner grundsätzlichen Bearbeitung der Londoner Version des Parisurteils im Katalog der National Gallery von 1970 ein mit d

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

06.10.2009 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 352.300,-
Schätzwert:
EUR 45.000,- bis EUR 50.000,-

Peter Paul Rubens


(Siegen 1577-1640 Antwerpen) Werkstatt Das Urteil des Paris, Öl auf Holz, 48 x 60 cm , gerahmt

Gutachten: Prof. Dr. Justus Müller-Hofstede, Bonn, 4. August 2009 (als eigenhändiges Werk von Rubens).

Gregory Martin führt in seiner grundsätzlichen Bearbeitung der Londoner Version des Parisurteils im Katalog der National Gallery von 1970 ein mit diesem in enger Verbindung stehendes Gemälde auf, das sich bei Rubens' Tod in dessen Nachlass befand und über die Sammlungen Jeremias Wildens und Erasmus Quellinus nach Schottland gelangte, wo es am 06.08.1862 in der Aston Hall Auktion versteigert wurde. Die Bildmaße dieses Gemäldes sind mit denen des vorliegenden Bildes beinahe identisch. Bislang unpubliziert, stellt unser Bild eine wichtige Ergänzung des Oeuvres von Rubens und seiner Werkstatt dar. Es handelt sich bei ihm um eine Studie, die vor einer entscheidenden konzeptionellen Veränderung des größeren Parisurteils, heute in der National Gallery, London (Inv. Nr. 194, vgl. G. Martin, National Gallery Catalogue, The Flemish School, London 1970, S. 153) in der Werkstatt des Antwerpener Meisters erfolgte. Das vorliegende Gemälde schildert beinahe wortgetreu die Überlieferung des Parismythos nach Lucians 'Urteil der Göttinnen', in dem Paris Merkur fragt, wie er denn die Schönheit der bekleideten Göttinnen erkennen solle und Merkur diese daraufhin anweist, sich zu entkleiden. Diese Entscheidung des jungen Paris mündete in der Entführung der Helena und damit im Trojanischen Krieg. Als düstere Vorahnung dieses epischen Kampfes erscheint im Himmel der sonst heiteren Szenerie unseres Gemäldes Alecto, die Furie des Krieges, in einer Flammenwolke. In der Londoner Version hingegen wurde die ursprüngliche Komposition kurz nach der Fertigstellung verändert, so dass dort Merkur nicht befiehlt, sondern Paris lediglich den Goldenen Apfel reicht. Derartige inhaltliche Veränderungen erfolgten in der Werkstattpraxis meist auf Wunsch des Auftraggebers; ästhetische Gesichtspunkte waren wohl nicht ausschlaggebend. Wie Gregory Martin 1970 feststellte, lassen sich am Londoner Gemälde, das von der Wissenschaft einstimmig als erste Version akzeptiert wird, drei, wohl noch vor der Auslieferung an den Auftraggeber erfolgte Veränderungen der Komposition feststellen. Sie lassen sich am Londoner Bild mit Hilfe von Infrarotaufnahmen als Pentimenti erkennen und ermöglichen dadurch auch die Einordnung unseres Gemäldes. Sein erster Zustand ist durch keine Studien dokumentiert und nur in der Infrarotaufnahme zu erkennen. Wiederholt wurde vermutet, einige der Ånderungen des Londoner Bildes könnten auch erst später ausgeführt worden sein, da das Gemälde 1676 von Roger de Piles bereits in der Londoner Fassung beschrieben wurde. Studien und Vorarbeiten haben, wie in der Rubens-Werkstatt üblich, den Veränderungsprozess begleitet. Dass solche Studien, entweder von Rubens selbst oder unter Beteiligung der Werkstatt geschaffen, existieren, beweist ein Bild in der Dresdener Gemäldegalerie, das in der Literatur als eigenhändig anerkannt wird, auch wenn sein vollständig autographer Status teilweise angezweifelt wird (so G. Martin 1970). Da auch auf unserem Gemälde einige Pentimenti erkennbar sind, ist es wahrscheinlich, dass zumindest zwei Versionen existieren (so auch der Katalog der Londoner National Gallery von 1995), wovon die Dresdner eine und unser die zweite darstellt. Die Provenienz des Londoner Bildes ist verhältnismäßig gut dokumentiert, es befand sich bereits vor 1649 in der Sammlung Diego Duarte in Antwerpen, gelangte über Kardinal Richelieu (1675) in den Besitz der Herzöge von Orléans, die es später nach London verkauften. Die Dresdener Tafel wurde 1750 von Tardieu gestochen und befand sich damals bereits im Besitz des Grafen Brühl, so dass es sich bei unserem Bild um die dritte Version handeln könnte, die 1640 im Nachlass von Rubens erwähnt wurde und über verschiedene Antwerpener Sammlungen nach Großbritannien gelangte, wo sie 1828 in Edinburgh verkauft und schließlich zum letztenmal auf einer öffentlichen Auktion im Aston Hall Sale am 06.08.1862 versteigert wurde. Anders als die Londoner Version stellt das vorliegende Gemälde die ursprüngliche Konzeption dar und ermöglicht so einen faszinierenden Einblick in Rubens' Werkstattpraxis. Martin wies 1970 auf ein interessantes Detail hin: für die Göttin Venus könnte Rubens' zweite Frau Helene Fourment Modell gestanden habe n, während Minerva ihrer Schwester Susannah ähnelt (vgl. G. Martin, S.159, note 29).

Gutachten: Prof. Dr. Justus Müller-Hofstede, Bonn, 4. August 2009 (als eigenhändiges Werk von Rubens). Gregory Martin führt in seiner grundsätzlichen Bearbeitung der Londoner Version des Parisurteils im Katalog der National Gallery von 1970 ein mit d

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 06.10.2009 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 26.09. - 06.10.2009


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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