Lot Nr. 10 V


1957 Mercedes-Benz 300 SL Roadster (ohne Limit)


1957 Mercedes-Benz 300 SL Roadster (ohne Limit) - Sammlung Wiesenthal

Chassis 198 042 7500087
Motor 198 980 7500096
Aufbau 198 042 7500011

Seit 1976 in der Sammlung Wiesenthal
Der 11. gebaute Serien-Roadster
Originale 73.000 km Laufleistung
Matching Numbers

Die Lorbeeren vom Doppelsieg beim Rennen aller Rennen, den 24 Stunden von Le Mans, waren noch frisch, da reiste die Mercedes-Werksmannschaft im August 1952 an den Nürburgring. Rechtzeitig zum Heimrennen war auch der letzte der zehn 300 SL Rennwagen fertig geworden. Der hatte nicht nur einen kürzeren Radstand als die neun davor gebauten, vor allem fehlte ihm das Dach. Auch drei der bislang erfolgreichen Renner waren für das Heimrennen zu offenen Roadstern umgebaut worden. An der Dominanz änderte das wenig, die 300 SL siegten weiter, nach dem Nürburgring auch bei Carrera Panamericana.

Mit Ende 1952 schien das Schicksal der 300 SL besiegelt und ihre Geschichte beendet, noch bevor sie so richtig begonnen hatte. Die überlebenden Renner dienten der Entwicklungsabteilung als Versuchskaninchen. Der Roadster mit dem kurzen Radstand musste dran glauben, wurde verschrottet, zwei bekamen ihr Dach mitsamt Flügeltüren zurück, tourten zur Promotion um die Welt. Blieb nur noch ein offener 300 SL. Der bekam 1953 den neuen Einspritzmotor, die Entscheidung für die Serienproduktion des Coupés lag da schon in der Luft, und unterzog diesen am Großglockner einem Höhen- und Härtetest. Mit Beginn der Serienproduktion des 300 SL schien er schließlich ausgedient zu haben.

Als der zum Erfolg avancierte, wurden schnell Stimmen laut, die eine offene Version begehrten. Einer der lautesten war schon das Coupé zu verdanken und wieder klopfte Max Hoffman, der geschäftstriebige, österreichische New Yorker, in Untertürkheim an die Tür. Der Serien-300 SL war noch kein Jahr alt, da wurde die Rennabteilung um Rudolf Uhlenhaut gemeinsam mit Versuchsvorstand Fritz Nallinger mit der Entwicklung einer offenen Version beauftragt.

Man besann sich des eingemotteten, letzten verbliebenen offenen Rennwagens, dessen zweites Leben als Prototyp an dieser Stelle begann. Vom Rennwagen blieb freilich nicht viel mehr übrig als das Fahrgestell. Und selbst das wurde ordentlich verstümmelt. Schließlich sollte der Roadster richtige Türen haben, dementsprechend musste der Gitterrohrrahmen angepasst und verstärkt werden. Bis zum Sommer 1955 war auch das Äußere gezeichnet und Anfang November stand der fertige Prototyp vor dem Vorstand.

Ganz oben im Lastenheft fand sich eine neue Hinterachse. Die Zweigelenkpendelachse der 300 SL Coupés galt als berüchtigt, ja gefürchtet im Grenzbereich. Der war schmal, und brachen die Wagen aus, waren sie kaum noch einzufangen. Abhilfe schaffte eine neue Eingelenkshinterachse mit tieferem Drehpunkt und horizontaler Ausgleichsfeder über dem Differenzial. Die sorgte für mehr Komfort und ein Straffen des Fahrwerks beim Einfedern.

1956 durfte sich der Prototyp bei ausgiebigen Tests beweisen, meist auf den Pässen der Alpen, fern abseits der Öffentlichkeit. Trotz höherem Gewichts wusste er mit seinen Fahrleistungen zu überzeugen. Doch war aus dem Sportwagen 300 SL ein offener Tourensportwagen geworden. Für den Zielmarkt USA kam dies gar nicht ungelegen. Dort war es auch, wo ein erstes Foto von ihm erschien, „The Secret SLS“ am Stilfser Joch. Damit war die Entscheidung für die Serienproduktion gefallen und der Prototyp wurde Ende Oktober der Öffentlichkeit gezeigt.

Die Serienwagen sollten jedoch wieder 300 SL heißen, SLS blieb zwei offenen Leichtgewichten vorbehalten, quasi als Versuchsballon für die Renntauglichkeit. Der Versuch sollte gelingen, doch blieb es dabei auch. Auf dem Genfer Automobilsalon im März 1957 feierte der neue 300 SL Roadster seine glanzvolle Premiere. Noch im selben Frühjahr löste er das Coupé ab, dessen Produktion auslief.

Die Fußstapfen, die es zu füllen galt, waren groß, waren es doch jene einer Legende. Der 300 SL Roadster schrieb die Geschichte des Flügeltürers erfolgreich weiter. Bis Anfang 1963 entstanden 1.858 Roadster, die meisten davon wurden wieder über den großen Teich geschickt. In den sechs Jahren wurde der 300 SL konsequent weitergedacht. Ab 1958 sollte ein Hardtop den Roadster auf Wunsch winterfest machen, 1961 bekam er rundum Scheiben- anstelle von Trommelbremsen, 1962 dann einen Motorblock aus Aluminium.

Im März 1963 war dann Schluss mit der Herrlichkeit. Nachfolger gab es keinen, denn der 230 SL vermochte die Lücke nicht zu schließen. Selbst Designchef Bruno Sacco gestand zurückblickend ein, dass der W113 ein Schritt in die falsche, wenn auch erfolgreiche Richtung war. Einen Wagen wie den 300 SL sollte es nie mehr geben.

Je besonderer das Auto, desto besonderer sind manchmal die Geschichten, die sie erzählen, so auch bei diesem 300 SL. Er ist nicht nur der 11. der Serienproduktion, gebaut als gerade die letzten Coupés das Werk verließen, er ist auch mittlerweile nun 42 Jahre im Hause Wiesenthal. Dazwischen erzählt er die Geschichte einer Familie, deren Leben er maßgeblich mit gestaltete.

Mitte der 1960er wanderte Günter Tugendsam von Wien nach Schweden aus. Er suchte Arbeit und fand sie auch in einer Stockholmer Mercedes-Werkstatt, in der er mit seinem alten Opel gestrandet war. Mehr als das, er fand dort auch seine zukünftige Frau Pia, die Tochter des Hauses. Sie heirateten und fuhren einen 190 SL, optisch als der große Bruder verkleidet, dessen Scheinwerfer die Front zierten. Denn der 300 SL war stets der große Traum.

Als ein schwedischer Sammler beschloss nach Übersee auszuwandern, war der Traum zum Greifen nah. Für dessen Flügeltürer reichte es nicht, doch für den Roadster schon, denn der war vorne links in Mitleidenschaft gezogen. Gemeinsam mit dem versierten Schwiegervater waren die Spuren des Unfalls schnell beseitigt, dabei das Stück ganz vorne am Rahmen erneuert. Weil dort an vorderster Front bei den frühen Roadstern die Chassisnummer sitzt, trägt dieser heute nur noch seine originale Plakette, kein Einzelschicksal beim 300 SL.

Zur selben Zeit übersiedelte Günter zurück nach Wien, mit Frau, SL und Plänen der Selbstständigkeit im Gepäck. Am 15. April 1975 wurde der Roadster einzelgenehmigt, am Tag darauf auf Pia zugelassen. Der folgende Sommer wurde in Schweden verbracht, Nachwuchs hatte sich eingestellt und der Roadster bedurfte einer neuen Lackierung. Ein Streit brach aus, ob des zukünftigen Farbtons. Für den Schwiegervater kam nur das originale Silbergrau in Frage, geworden ist es letztlich Gold. Die Stimmung in der Familie war schon besser gewesen.

Im Jahr darauf trennte sich die Familie von ihrem Stolz. Für 300.000 Schilling wanderte der 300 SL in die Sammlung Wiesenthal, genug für Haus und Selbständigkeit. Der Ankaufstest von damals und der Kaufvertrag liegen heute noch vor. Im neuen Zuhause wurde schnellstens die farbliche Verirrung beseitigt und der Roadster wieder im Originalton lackiert. Die folgenden Jahrzehnte wurde er gefahren und gepflegt.

Und genauso präsentiert er sich heute: unrestauriert, patiniert und faszinierend zugleich. Die Spuren von 60 Jahren und 73.000 Kilometern machen ihn zu einem Kunstwerk der Zeit, das es zu bewahren gilt. Denn gerade das ist ein weiterer Teil seiner Geschichte, die ihn so außergewöhnlich macht.

01.12.2018 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 1.123.000,-
Schätzwert:
EUR 750.000,- bis EUR 950.000,-

1957 Mercedes-Benz 300 SL Roadster (ohne Limit)


Chassis 198 042 7500087
Motor 198 980 7500096
Aufbau 198 042 7500011

Seit 1976 in der Sammlung Wiesenthal
Der 11. gebaute Serien-Roadster
Originale 73.000 km Laufleistung
Matching Numbers

Die Lorbeeren vom Doppelsieg beim Rennen aller Rennen, den 24 Stunden von Le Mans, waren noch frisch, da reiste die Mercedes-Werksmannschaft im August 1952 an den Nürburgring. Rechtzeitig zum Heimrennen war auch der letzte der zehn 300 SL Rennwagen fertig geworden. Der hatte nicht nur einen kürzeren Radstand als die neun davor gebauten, vor allem fehlte ihm das Dach. Auch drei der bislang erfolgreichen Renner waren für das Heimrennen zu offenen Roadstern umgebaut worden. An der Dominanz änderte das wenig, die 300 SL siegten weiter, nach dem Nürburgring auch bei Carrera Panamericana.

Mit Ende 1952 schien das Schicksal der 300 SL besiegelt und ihre Geschichte beendet, noch bevor sie so richtig begonnen hatte. Die überlebenden Renner dienten der Entwicklungsabteilung als Versuchskaninchen. Der Roadster mit dem kurzen Radstand musste dran glauben, wurde verschrottet, zwei bekamen ihr Dach mitsamt Flügeltüren zurück, tourten zur Promotion um die Welt. Blieb nur noch ein offener 300 SL. Der bekam 1953 den neuen Einspritzmotor, die Entscheidung für die Serienproduktion des Coupés lag da schon in der Luft, und unterzog diesen am Großglockner einem Höhen- und Härtetest. Mit Beginn der Serienproduktion des 300 SL schien er schließlich ausgedient zu haben.

Als der zum Erfolg avancierte, wurden schnell Stimmen laut, die eine offene Version begehrten. Einer der lautesten war schon das Coupé zu verdanken und wieder klopfte Max Hoffman, der geschäftstriebige, österreichische New Yorker, in Untertürkheim an die Tür. Der Serien-300 SL war noch kein Jahr alt, da wurde die Rennabteilung um Rudolf Uhlenhaut gemeinsam mit Versuchsvorstand Fritz Nallinger mit der Entwicklung einer offenen Version beauftragt.

Man besann sich des eingemotteten, letzten verbliebenen offenen Rennwagens, dessen zweites Leben als Prototyp an dieser Stelle begann. Vom Rennwagen blieb freilich nicht viel mehr übrig als das Fahrgestell. Und selbst das wurde ordentlich verstümmelt. Schließlich sollte der Roadster richtige Türen haben, dementsprechend musste der Gitterrohrrahmen angepasst und verstärkt werden. Bis zum Sommer 1955 war auch das Äußere gezeichnet und Anfang November stand der fertige Prototyp vor dem Vorstand.

Ganz oben im Lastenheft fand sich eine neue Hinterachse. Die Zweigelenkpendelachse der 300 SL Coupés galt als berüchtigt, ja gefürchtet im Grenzbereich. Der war schmal, und brachen die Wagen aus, waren sie kaum noch einzufangen. Abhilfe schaffte eine neue Eingelenkshinterachse mit tieferem Drehpunkt und horizontaler Ausgleichsfeder über dem Differenzial. Die sorgte für mehr Komfort und ein Straffen des Fahrwerks beim Einfedern.

1956 durfte sich der Prototyp bei ausgiebigen Tests beweisen, meist auf den Pässen der Alpen, fern abseits der Öffentlichkeit. Trotz höherem Gewichts wusste er mit seinen Fahrleistungen zu überzeugen. Doch war aus dem Sportwagen 300 SL ein offener Tourensportwagen geworden. Für den Zielmarkt USA kam dies gar nicht ungelegen. Dort war es auch, wo ein erstes Foto von ihm erschien, „The Secret SLS“ am Stilfser Joch. Damit war die Entscheidung für die Serienproduktion gefallen und der Prototyp wurde Ende Oktober der Öffentlichkeit gezeigt.

Die Serienwagen sollten jedoch wieder 300 SL heißen, SLS blieb zwei offenen Leichtgewichten vorbehalten, quasi als Versuchsballon für die Renntauglichkeit. Der Versuch sollte gelingen, doch blieb es dabei auch. Auf dem Genfer Automobilsalon im März 1957 feierte der neue 300 SL Roadster seine glanzvolle Premiere. Noch im selben Frühjahr löste er das Coupé ab, dessen Produktion auslief.

Die Fußstapfen, die es zu füllen galt, waren groß, waren es doch jene einer Legende. Der 300 SL Roadster schrieb die Geschichte des Flügeltürers erfolgreich weiter. Bis Anfang 1963 entstanden 1.858 Roadster, die meisten davon wurden wieder über den großen Teich geschickt. In den sechs Jahren wurde der 300 SL konsequent weitergedacht. Ab 1958 sollte ein Hardtop den Roadster auf Wunsch winterfest machen, 1961 bekam er rundum Scheiben- anstelle von Trommelbremsen, 1962 dann einen Motorblock aus Aluminium.

Im März 1963 war dann Schluss mit der Herrlichkeit. Nachfolger gab es keinen, denn der 230 SL vermochte die Lücke nicht zu schließen. Selbst Designchef Bruno Sacco gestand zurückblickend ein, dass der W113 ein Schritt in die falsche, wenn auch erfolgreiche Richtung war. Einen Wagen wie den 300 SL sollte es nie mehr geben.

Je besonderer das Auto, desto besonderer sind manchmal die Geschichten, die sie erzählen, so auch bei diesem 300 SL. Er ist nicht nur der 11. der Serienproduktion, gebaut als gerade die letzten Coupés das Werk verließen, er ist auch mittlerweile nun 42 Jahre im Hause Wiesenthal. Dazwischen erzählt er die Geschichte einer Familie, deren Leben er maßgeblich mit gestaltete.

Mitte der 1960er wanderte Günter Tugendsam von Wien nach Schweden aus. Er suchte Arbeit und fand sie auch in einer Stockholmer Mercedes-Werkstatt, in der er mit seinem alten Opel gestrandet war. Mehr als das, er fand dort auch seine zukünftige Frau Pia, die Tochter des Hauses. Sie heirateten und fuhren einen 190 SL, optisch als der große Bruder verkleidet, dessen Scheinwerfer die Front zierten. Denn der 300 SL war stets der große Traum.

Als ein schwedischer Sammler beschloss nach Übersee auszuwandern, war der Traum zum Greifen nah. Für dessen Flügeltürer reichte es nicht, doch für den Roadster schon, denn der war vorne links in Mitleidenschaft gezogen. Gemeinsam mit dem versierten Schwiegervater waren die Spuren des Unfalls schnell beseitigt, dabei das Stück ganz vorne am Rahmen erneuert. Weil dort an vorderster Front bei den frühen Roadstern die Chassisnummer sitzt, trägt dieser heute nur noch seine originale Plakette, kein Einzelschicksal beim 300 SL.

Zur selben Zeit übersiedelte Günter zurück nach Wien, mit Frau, SL und Plänen der Selbstständigkeit im Gepäck. Am 15. April 1975 wurde der Roadster einzelgenehmigt, am Tag darauf auf Pia zugelassen. Der folgende Sommer wurde in Schweden verbracht, Nachwuchs hatte sich eingestellt und der Roadster bedurfte einer neuen Lackierung. Ein Streit brach aus, ob des zukünftigen Farbtons. Für den Schwiegervater kam nur das originale Silbergrau in Frage, geworden ist es letztlich Gold. Die Stimmung in der Familie war schon besser gewesen.

Im Jahr darauf trennte sich die Familie von ihrem Stolz. Für 300.000 Schilling wanderte der 300 SL in die Sammlung Wiesenthal, genug für Haus und Selbständigkeit. Der Ankaufstest von damals und der Kaufvertrag liegen heute noch vor. Im neuen Zuhause wurde schnellstens die farbliche Verirrung beseitigt und der Roadster wieder im Originalton lackiert. Die folgenden Jahrzehnte wurde er gefahren und gepflegt.

Und genauso präsentiert er sich heute: unrestauriert, patiniert und faszinierend zugleich. Die Spuren von 60 Jahren und 73.000 Kilometern machen ihn zu einem Kunstwerk der Zeit, das es zu bewahren gilt. Denn gerade das ist ein weiterer Teil seiner Geschichte, die ihn so außergewöhnlich macht.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 16.00
oldtimer@dorotheum.at

+43 1 515 60 428
Auktion: Sammlung Wiesenthal
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 01.12.2018 - 17:00
Auktionsort: Camineum der Österreichischen Nationalbibliothek, <br>Eingang: Josefsplatz 1, 1015 Wien
Besichtigung: 27.11. - 01.12.2018


** Kaufpreis exkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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