(Nove 1824-1884 Venedig)
Der Markusplatz in Venedig mit Blick nach Osten in Richtung Markusdom,
Öl auf Leinwand, 70 x 95 cm, gerahmt

Wir danken Fabrizio Magani und Dario Succi, die unabhängig voneinander vorgeschlagen haben, das vorliegende Gemälde Francesco Zanin zuzuschreiben.

Francesco Zanin ist ein Meister, dessen Werkkatalog es teils noch zu rekonstruieren gilt. Er war einer der wichtigsten Vedutenmaler des 19. Jahrhunderts (siehe F. Magani, Francesco Zanin. Un „Canaletto“ dell’Ottocento, Mailand 2008).

Das vorliegende Gemälde stellt den Markusplatz mit gewissen architektonischen Eingriffen des 19. Jahrhunderts wie der klassizistischen Fassade des Palazzo Patriarcale links des Markusdoms dar, die zwischen 1837 und 1850 nach Plänen Lorenzo Santis gestaltet wurde.

Die Komposition Zanins folgt einem Gemälde Michele Marieschis, das damals Teil der angesehenen Sammlung Barbini-Breganze war und 1852 vom deutschen König Wilhelm I. von Württemberg erworben wurde. Der König stiftete das Bild Marieschis später mit zwei anderen der Sammlung des schwedischen Königs; heute befindet es sich im Nationalmuseum in Stockholm (siehe D. Succi, Michele Marieschi. Opera completa, Treviso 2016, Nr. 5). Nur wenige Jahre zuvor war das Werk von Francesco Zanotto besprochen und publiziert worden (F. Zanotto, Pinacoteca Barbini Breganze dichiarata con note illustrative da Francesco Zanotto, Venedig 1847, Nr. 84). Es war vermutlich diese gerühmte Gruppe von damals als Leistung Canalettos gefeierten Werken, die Zanins Komposition inspirierte. Das vorliegende Gemälde ist daher in die frühen 1850er-Jahre zu datieren, bevor das Marieschi-Gemälde an die Sammlung Barbini-Breganze ging, was Der Markusplatz in Venedig mit Blick nach Osten in Richtung Basilika zu einem der ersten Werke Zanins macht.

Im vorliegenden Gemälde bezieht sich der Künstler auf verschiedene Momente der Malerei des 18. Jahrhunderts. Er bedient sich des damals geläufigen Repertoires vielfarbiger macchiette oder Figuren, die der perspektivischen Tiefe der Szene Rhythmus verleihen. Die lebendige, sehr persönliche Gestaltung der Figuren legt eine Geschichte nahe. Francesco Zanin bewies seine Modernität, indem er - mit flüssigem Pinselstrich, durch den Einsatz klaren Lichts sowie die Wirkung eines luftigen Sommerhimmels - die Qualitäten erneuerte, welche die venezianische Ansichtenmalerei des vorhergehenden Jahrhunderts so erfolgreich gemacht hatten. Für die vorliegende, malerisch gelungene Ansicht setzte Zanin vor allem auf sein perspektivisches Talent und seine Ausbildung auf diesem Gebiet, um den venezianischer Archetypen des 18. Jahrhunderts Lebendigkeit zu verleihen.

Nachdem Francesco Zanin an die Accademia di Belle Arti di Venezia aufgenommen worden war, lernte er bei Francesco Lazzari, Federico Moja und Francesco Bagnara. Der Beginn seines selbstständigen Schaffens ist in die 1850er-Jahre zu datieren, als sein Name mit etablierten Künstlern wie Luigi Querena und Giovanni Grubacs in Verbindung gebracht wurde. Bis in die 1880er-Jahre zeigte Zanin seine Arbeiten fast immer bei den jährlichen Ausstellungen der venezianischen Akademie.

Zanins Œuvre umfasst vor allem venezianische Veduten, in denen er den Geschmack Canalettos neu interpretierte. Diese Ansichten waren vor allem für britische Touristen bestimmt, welche die Stadt unter derselben Prämisse besuchten wie die Reisenden, die im 18. Jahrhundert zu einer Kavalierstour aufbrachen. Das vorliegende Gemälde ist deshalb eine Erinnerung an den Glanz Venedigs im vergangenen Jahrhundert, der mit allem Nachdruck wieder in Mode gekommen war.