Lot Nr. 111


Römische oder venezianische Schule (?), erste Hälfte 18. Jahrhundert

[Saleroom Notice]
Römische oder venezianische Schule (?), erste Hälfte 18. Jahrhundert - Alte Meister

Ein Wagenzug verlässt die Piazza del Popolo in Rom,
Öl auf Leinwand, 146 x 234 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Das vorliegende Gemälde zeigt die Piazza del Popolo in Rom mit einem Wagenzug im Vordergrund, der Richtung Porta del Popolo unterwegs ist. Seit der Antike war dieses Stadttor der Hauptzugang von Norden her. Es wurde sowohl von Pilgern als auch von Reisenden genutzt und war zudem Schauplatz feierlicher Einzüge von Gesandten und Herrschern. Zu den bekanntesten Ereignissen dieser Art im 17. Jahrhundert gehörte wohl der triumphale Einzug der Königin Christina von Schweden im Jahr 1655.

Auf dem vorliegenden Gemälde sehen wir die Porta del Popolo von der Seite her und links daneben die Kirche und das Kloster Santa Maria del Popolo mit der gemauerten Einfriedung, die im 19. Jahrhundert abgetragen wurde, um für die Neugestaltung der Piazza durch Giuseppe Valadier Platz zu schaffen. Rechts finden sich die „Zwillingskirchen“ Santa Maria in Montesanto und Santa Maria dei Miracoli, die 1681 fertiggestellt wurde - ein wichtiger Hinweis für die Datierung des Gemäldes. Von den beiden Kirchen gehen drei Hauptstraßen ab, deren Fächer als „Tridente“ (Dreizack) bekannt ist: Der Zug befindet sich auf der mittleren der drei Straßen, der Via del Corso. In der Mitte des Platzes steht der von Sixtus V. errichtete Obelisk, während darüber auf dem Pincio in der Ferne die Villa Medici zu sehen ist.

Der Zug im Vordergrund besteht aus mehreren Wagen: Im ersten erkennen wir einen Prälaten mit einer roten Kappe neben einem Edelmann, während zwei weitere Adelige im zweiten Wagen sitzen. Die vielen dem Ereignis beiwohnenden Menschen, die aus allen Schichten der Gesellschaft stammen und den Zug umgeben und beleben, spiegeln die vielfältige römische Gesellschaft wider, die vor allem Giovanni Paolo Panini gern darstellte.

Wir sehen äußerst lebendig und wirkungsvoll ins Bild gesetzte Adelige und Geistliche, die dem Zug huldigen oder in Gespräche vertieft sind, wohingegen sich die einfachen Bürger anderen Tätigkeiten widmen oder sich von den Ereignissen auf dem Platz ablenken lassen. Der Jugendliche, der sich im nahen Vordergrund neben den Resten einer antiken Säule gegen einen Felsen lehnt, erinnert an einen Figurentyp von Paninis Gemälden, die oftmals bestimmte Ereignisse wiedergeben, wie Die Ausfahrt des Duc de Choiseul in der Gemäldegalerie Berlin (siehe F. Arisi, Gian Paolo Panini e i fasti della Roma del ‘700, Rom 1986, S. 450/451, Nr. 445). Panini stellte die Piazza del Popolo mehrfach und aus unterschiedlichen Blickwinkeln dar (siehe Arisi, op. cit., S. 300 f., Nr. 152, 153). Das vorliegende Bild, das die Piazza von Süden her zeigt und so die Weite ihres offenen Raums unterstreicht, präsentiert sich als originäre Lösung, für die sich in Gemälden und Stichen der Zeit nur wenige Bezugspunkte finden. Für einen Vergleich bietet sich ein Antonio Joli, Paninis Schüler in Rom, zugeschriebenes ähnliches Gemälde im Palazzo Mocenigo in Venedig an, das den Einzug des Botschafters Alvise Mocenigo auf die Piazza del Popolo am 17. Februar 1748 darstellt (siehe R. Toledano, Antonio Joli. Modena 1700-1777 Napoli, Turni 2006, S. 181, R.XI, Abb. 1).

Eine dem vorliegenden Gemälde vergleichbare panoramaartig angelegte Komposition zeigt ein Stich Lieven Cruyls aus den 1660er-Jahren. Dieser Stich könnte für Ansichten aus dem ungewöhnlichen Winkel ein Anhaltspunkt gewesen sein (siehe G. Ciucci, La Piazza del Popolo. Storia architettura urbanistica, Rome 1974, S. 76). Auch Niccolò Codazzi könnte sich für seine Darstellung des Einzugs des Fürsten Radziwiłł, Botschafter des Königs von Polen, auf die Piazza del Popolo am 4. August 1680, die sich im Warschauer Wilanów-Palast erhalten hat (siehe D. Marshall, Viviano and Niccolò Codazzi and the Baroque Architectural Fantasy, Rom 1993, S. 383, Nr. NC 42) von diesem Stich inspirieren haben lassen.

Die auf dem vorliegenden Gemälde dargestellte Szene lässt sich dem bei adeligen Familien des 17. und 18. Jahrhunderts etablierten Kanon zuordnen, feierliche Ansichten in der Regel großer Einzüge von meist Botschaftern oder Herrschern auf die Piazza del Popolo oder den Quirinal in Auftrag zu geben - Ereignisse, bei denen feierlicher Pomp eine große Rolle spielte. Bei Einzügen dieser Art wurde die Piazza del Popolo zur „l’anticamera di Roma“, zum „Vorzimmer Roms“ (siehe M. Fagiolo dell’Arco, La festa barocca, Rom 1997, S. 52), in dem Fremde auf ihrem festlichen Zug in die Ewige Stadt empfangen und gefeiert wurden. Im Rahmen dieser Tradition präsentierten sie sich, wie das vorliegende Gemälde darstellt, den Bewohnern der Stadt, bevor sie üblicherweise durch die für den Anlass reich geschmückten Straßen und Plätze zum Papst geleitet wurden.

Das vorliegende Gemälde ist insofern außergewöhnlich, als der Künstler einen anderen besonderen Augenblick von feierlicher Bedeutung verewigt hat: den der Abreise einer politisch wohl sehr wichtigen Persönlichkeit aus der Ewigen Stadt.

Saleroom Notice:

Ralph Toledano schlägt für das vorliegende Gemälde eine Zuschreibung an Jacopo Fabris (1689-1761) auf der Basis einer hochauflösenden Digitalfotografie vor.

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 161.600,-
Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Römische oder venezianische Schule (?), erste Hälfte 18. Jahrhundert

[Saleroom Notice]

Ein Wagenzug verlässt die Piazza del Popolo in Rom,
Öl auf Leinwand, 146 x 234 cm, gerahmt

Provenienz:
Europäische Privatsammlung

Das vorliegende Gemälde zeigt die Piazza del Popolo in Rom mit einem Wagenzug im Vordergrund, der Richtung Porta del Popolo unterwegs ist. Seit der Antike war dieses Stadttor der Hauptzugang von Norden her. Es wurde sowohl von Pilgern als auch von Reisenden genutzt und war zudem Schauplatz feierlicher Einzüge von Gesandten und Herrschern. Zu den bekanntesten Ereignissen dieser Art im 17. Jahrhundert gehörte wohl der triumphale Einzug der Königin Christina von Schweden im Jahr 1655.

Auf dem vorliegenden Gemälde sehen wir die Porta del Popolo von der Seite her und links daneben die Kirche und das Kloster Santa Maria del Popolo mit der gemauerten Einfriedung, die im 19. Jahrhundert abgetragen wurde, um für die Neugestaltung der Piazza durch Giuseppe Valadier Platz zu schaffen. Rechts finden sich die „Zwillingskirchen“ Santa Maria in Montesanto und Santa Maria dei Miracoli, die 1681 fertiggestellt wurde - ein wichtiger Hinweis für die Datierung des Gemäldes. Von den beiden Kirchen gehen drei Hauptstraßen ab, deren Fächer als „Tridente“ (Dreizack) bekannt ist: Der Zug befindet sich auf der mittleren der drei Straßen, der Via del Corso. In der Mitte des Platzes steht der von Sixtus V. errichtete Obelisk, während darüber auf dem Pincio in der Ferne die Villa Medici zu sehen ist.

Der Zug im Vordergrund besteht aus mehreren Wagen: Im ersten erkennen wir einen Prälaten mit einer roten Kappe neben einem Edelmann, während zwei weitere Adelige im zweiten Wagen sitzen. Die vielen dem Ereignis beiwohnenden Menschen, die aus allen Schichten der Gesellschaft stammen und den Zug umgeben und beleben, spiegeln die vielfältige römische Gesellschaft wider, die vor allem Giovanni Paolo Panini gern darstellte.

Wir sehen äußerst lebendig und wirkungsvoll ins Bild gesetzte Adelige und Geistliche, die dem Zug huldigen oder in Gespräche vertieft sind, wohingegen sich die einfachen Bürger anderen Tätigkeiten widmen oder sich von den Ereignissen auf dem Platz ablenken lassen. Der Jugendliche, der sich im nahen Vordergrund neben den Resten einer antiken Säule gegen einen Felsen lehnt, erinnert an einen Figurentyp von Paninis Gemälden, die oftmals bestimmte Ereignisse wiedergeben, wie Die Ausfahrt des Duc de Choiseul in der Gemäldegalerie Berlin (siehe F. Arisi, Gian Paolo Panini e i fasti della Roma del ‘700, Rom 1986, S. 450/451, Nr. 445). Panini stellte die Piazza del Popolo mehrfach und aus unterschiedlichen Blickwinkeln dar (siehe Arisi, op. cit., S. 300 f., Nr. 152, 153). Das vorliegende Bild, das die Piazza von Süden her zeigt und so die Weite ihres offenen Raums unterstreicht, präsentiert sich als originäre Lösung, für die sich in Gemälden und Stichen der Zeit nur wenige Bezugspunkte finden. Für einen Vergleich bietet sich ein Antonio Joli, Paninis Schüler in Rom, zugeschriebenes ähnliches Gemälde im Palazzo Mocenigo in Venedig an, das den Einzug des Botschafters Alvise Mocenigo auf die Piazza del Popolo am 17. Februar 1748 darstellt (siehe R. Toledano, Antonio Joli. Modena 1700-1777 Napoli, Turni 2006, S. 181, R.XI, Abb. 1).

Eine dem vorliegenden Gemälde vergleichbare panoramaartig angelegte Komposition zeigt ein Stich Lieven Cruyls aus den 1660er-Jahren. Dieser Stich könnte für Ansichten aus dem ungewöhnlichen Winkel ein Anhaltspunkt gewesen sein (siehe G. Ciucci, La Piazza del Popolo. Storia architettura urbanistica, Rome 1974, S. 76). Auch Niccolò Codazzi könnte sich für seine Darstellung des Einzugs des Fürsten Radziwiłł, Botschafter des Königs von Polen, auf die Piazza del Popolo am 4. August 1680, die sich im Warschauer Wilanów-Palast erhalten hat (siehe D. Marshall, Viviano and Niccolò Codazzi and the Baroque Architectural Fantasy, Rom 1993, S. 383, Nr. NC 42) von diesem Stich inspirieren haben lassen.

Die auf dem vorliegenden Gemälde dargestellte Szene lässt sich dem bei adeligen Familien des 17. und 18. Jahrhunderts etablierten Kanon zuordnen, feierliche Ansichten in der Regel großer Einzüge von meist Botschaftern oder Herrschern auf die Piazza del Popolo oder den Quirinal in Auftrag zu geben - Ereignisse, bei denen feierlicher Pomp eine große Rolle spielte. Bei Einzügen dieser Art wurde die Piazza del Popolo zur „l’anticamera di Roma“, zum „Vorzimmer Roms“ (siehe M. Fagiolo dell’Arco, La festa barocca, Rom 1997, S. 52), in dem Fremde auf ihrem festlichen Zug in die Ewige Stadt empfangen und gefeiert wurden. Im Rahmen dieser Tradition präsentierten sie sich, wie das vorliegende Gemälde darstellt, den Bewohnern der Stadt, bevor sie üblicherweise durch die für den Anlass reich geschmückten Straßen und Plätze zum Papst geleitet wurden.

Das vorliegende Gemälde ist insofern außergewöhnlich, als der Künstler einen anderen besonderen Augenblick von feierlicher Bedeutung verewigt hat: den der Abreise einer politisch wohl sehr wichtigen Persönlichkeit aus der Ewigen Stadt.

Saleroom Notice:

Ralph Toledano schlägt für das vorliegende Gemälde eine Zuschreibung an Jacopo Fabris (1689-1761) auf der Basis einer hochauflösenden Digitalfotografie vor.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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