Lot Nr. 102


Giovanni Ghisolfi


Giovanni Ghisolfi - Alte Meister

(Mailand 1623-1683)
Figuren bei einer Tempelruine mit dem aus seiner Höhle heraustretenden Pythagoras,
Öl auf Leinwand, 61,5 x 81,5 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Papst Alexander VIII. Ottoboni, Rom;
Kardinal Pietro Ottoboni (1667-1740), Palazzo della Cancelleria, Rom;
Weitergabe im Erbgang, Palazzo Fiano, Rom;
Sammlung Almagià, Palazzo Fiano-Almagià, Rom;
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
Inventar Kardinal Pietro Ottoboni, 1740, Rom, Archivio di Stato, De Caesaris Angelus Antoninus, Notai del tribunale dell’A.C uff 3 anno 1731-1747, prot. 1838: „Altri due da quattro p.mi scarsi per traverso raS.ti Prospettive con figure, e cornice modello di Salvator Rosa dorato originale del Gisolfi stimato scudo ottanta“ (siehe Marshall unter Literatur);
Archiv Almagià, Katalogmanuskript, um 1937, Nr. 10: „Fiano No. 52“ als anonym (siehe Spear unter Literatur)

Literatur:
R. E. Spear, Renaissance and Baroque Paintings from the Sciarra and Fiano Collections, Rom 1972, S. 52, Nr. 24 (als Giovanni Ghisolfi);
A. Busiri Vici, Andrea Locatelli e il paesaggio romano del settecento, Rom 1976, S. 23 und S. 27, Abb. 27 (als Giovanni Ghisolfi);
L. Salerno, Pittori di paesaggio del Seicento a Roma, Rom 1976, Bd. II, S. 680 (als Giovanni Ghisolfi);
L. Salerno, Pittori di paesaggio del Seicento a Roma / Landscape Painters of the Seventeenth Century in Rome, Rom 1977/1978, Bd. II, S. 680 (als Giovanni Ghisolfi);
F. Arisi, Gian Paolo Panini e i fasti della Roma del ‘700, Rom 1986, S. 238, Nr. 43 (als Gian Paolo Panini);
A. Busiri Vici d’Arcevia, Giovanni Ghisolfi (1623-1683). Un pittore milanese di rovine romane, hrsg. von F. Cosmelli, Rom 1992, S. 26-28 und S. 80, Nr. 33 (als Giovanni Ghisolfi);
D. Marshall, Early Panini Reconsidered: The Esztergom Preaching of an Apostle and the Relationship between Panini and Ghisolfi, in: Artibus et Historiae, 36, 1997, S. 141-145 (als Giovanni Ghisolfi);
G. Sestieri, Il Capriccio architettonico in Italia nel XVII e XVIII secolo, Rom 2015, Bd. II, S. 150, Nr. 46a (als Giovanni Ghisolfi)

Das vorliegende Gemälde ist in der Fototeca Zeri (Nr. 51567) als Werk Giovanni Ghisolfis registriert.

Die Provenienz dieses Gemäldes führt uns zur renommierten Sammlung der Familie Ottoboni, aus deren Reihen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Herzöge von Fiano kamen. David Marshall hat gezeigt, dass das Bild zur Sammlung des Kardinals Pietro Ottoboni, des Großneffen von Papst Alexander VIII., gehörte (Marshall 1997). Gemälde Ghisolfis, deren Abmessungen jenen des vorliegenden Werks entsprechen, werden in mehreren Inventaren und den Besitz des Kardinals betreffenden Dokumenten genannt (Marshall 1997; E. J. Olszewski, The Inventory of Paintings of Cardinal Pietro Ottoboni [1667-1740], New York 2004).

Marshall vermutet, dass das Gemälde zwischen 1673 und 1690, vermutlich zu Lebzeiten Ghisolfis, in die Sammlung Papst Alexander VIII. kam (Marshall 1997, S. 143). Nach dem Tod Kardinal Pietro Ottobonis fiel der Besitz im Erbgang an Maria Boncompagni Ludovisi, Herzogin von Fiano, die Witwe Marco Ottobonis. Ihr Gemahl erwarb 1690 den heutigen Palazzo Fiano in der Via del Corso, in den die Gemälde des Kardinals nach dessen Tod aus dem Palazzo della Cancelleria gebracht wurden und wo die Sammlung der Familie im 18. und 19. Jahrhundert aufbewahrt wurde.

1898 wurde der Palazzo Fiano mit allem, was sich in ihm befand, an Edoardo Almagià (Spear 1972, S. 8/9) verkauft. Darunter auch, wie Spear berichtet, das vorliegende, in dem in den 1930er-Jahren erstellten handschriftlichen Inventar der Sammlung Almagià keinem Künstler zugeschriebene Gemälde: Das Inventar listet das Werk unter der Nummer „10“ auf - und tatsächlich findet sich an der Rückseite der Leinwand ein entsprechender Klebezettel. Das handschriftliche Inventar verweist allerdings auch auf eine zweite Nummer, „Fiano 52“, die vermutlich auf ein früheres, unauffindbares Inventar der Familie Ottoboni Bezug nimmt. Das vorliegende Werk ist das Gegenstück zu einem anderen Leinwandgemälde, das sich ehemals ebenfalls in der Sammlung Almagià befand und Antike Ruinen mit dem Gleichnis vom Fischnetz darstellt (siehe Literatur).

Spear war der Erste, der sich dafür einsetzte, das Gemälde Ghisolfi zuzuschreiben. Sein Vorschlag wurde bisher von den Kunsthistorikern positiv aufgenommen. Einzig Ferdinando Arisi hielt das Bild für ein frühes, stilistisch von Ghisolfi beeinflusstes Werk Giovanni Paolo Paninis. Tatsächlich hatte Giovanni Ghisolfis Art der Darstellung von Ruinen großen Einfluss auf Panini, der sich zu einem der führenden Vertreter des Genres im 18. Jahrhundert entwickelte. Panini griff zudem für eine eigene Arbeit auf die Komposition des Gegenstücks des vorliegenden Gemäldes zurück; dieses befindet sich heute im Nelson-Atkins Museum in Kansas City. Eine vorbereitende Studie für dieses Bild zeigt eine bemerkenswerte Nähe zu Ghisolfi (Spear 1972, S. 50).

Das vorliegende Gemälde ist ein Beispiel für Giovanni Ghisolfis weichste und freieste Malweise, die dem Einfluss Salvator Rosas, mit dem der Mailänder Künstler während seines Rom-Aufenthalts in den 1650er-Jahren eng befreundet war, Wesentliches verdankt. Spear hat das Werk versuchsweise in diese Jahre datiert und diese Datierung dann in seiner Monografie des Künstlers (Busiri Vici 1976) bestätigt.

Im linken Bereich des vorliegenden Gemäldes sehen wir die Ruinen eines alten Tempels, der jenen des Tempels des Saturn auf dem Forum Romanum entspricht. Busiri Vici d’Arcevia hat die Vordergrundszene als Darstellung des aus seiner Höhle kommenden Pythagoras identifiziert. Ghisolfi hat sich zwei weitere Male mit dem Thema beschäftigt: das eine der Bilder findet sich in der Galleria Sabauda in Turin, das andere war früher Teil einer römischen Privatsammlung (Busiri Vici d’Arcevia 1992, S. 69, Nr. 25 und S. 82, Nr. 35). Von Belang ist zudem, dass Salvator Rosa sich auch mit dem Thema auseinandersetzte, wie er selbst in einem Brief im Jahr 1662 schreibt, in dem er von einem Pythagoras darstellenden Gemälde spricht: „dopo essere stato un anno in una sotterranea abitazione, alla fine d’esso, aspettato dalla sua setta, così d’huomini come di donne, uscì fuori“ („nachdem er ein Jahr unter der Erde Zuflucht gesucht hatte, versammelten sich seine Anhänger, Männer wie Frauen, und warteten darauf, dass er herauskam“) (Busiri Vici d’Arcevia 1992, S. 28).

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 37.500,-
Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-

Giovanni Ghisolfi


(Mailand 1623-1683)
Figuren bei einer Tempelruine mit dem aus seiner Höhle heraustretenden Pythagoras,
Öl auf Leinwand, 61,5 x 81,5 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Papst Alexander VIII. Ottoboni, Rom;
Kardinal Pietro Ottoboni (1667-1740), Palazzo della Cancelleria, Rom;
Weitergabe im Erbgang, Palazzo Fiano, Rom;
Sammlung Almagià, Palazzo Fiano-Almagià, Rom;
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
Inventar Kardinal Pietro Ottoboni, 1740, Rom, Archivio di Stato, De Caesaris Angelus Antoninus, Notai del tribunale dell’A.C uff 3 anno 1731-1747, prot. 1838: „Altri due da quattro p.mi scarsi per traverso raS.ti Prospettive con figure, e cornice modello di Salvator Rosa dorato originale del Gisolfi stimato scudo ottanta“ (siehe Marshall unter Literatur);
Archiv Almagià, Katalogmanuskript, um 1937, Nr. 10: „Fiano No. 52“ als anonym (siehe Spear unter Literatur)

Literatur:
R. E. Spear, Renaissance and Baroque Paintings from the Sciarra and Fiano Collections, Rom 1972, S. 52, Nr. 24 (als Giovanni Ghisolfi);
A. Busiri Vici, Andrea Locatelli e il paesaggio romano del settecento, Rom 1976, S. 23 und S. 27, Abb. 27 (als Giovanni Ghisolfi);
L. Salerno, Pittori di paesaggio del Seicento a Roma, Rom 1976, Bd. II, S. 680 (als Giovanni Ghisolfi);
L. Salerno, Pittori di paesaggio del Seicento a Roma / Landscape Painters of the Seventeenth Century in Rome, Rom 1977/1978, Bd. II, S. 680 (als Giovanni Ghisolfi);
F. Arisi, Gian Paolo Panini e i fasti della Roma del ‘700, Rom 1986, S. 238, Nr. 43 (als Gian Paolo Panini);
A. Busiri Vici d’Arcevia, Giovanni Ghisolfi (1623-1683). Un pittore milanese di rovine romane, hrsg. von F. Cosmelli, Rom 1992, S. 26-28 und S. 80, Nr. 33 (als Giovanni Ghisolfi);
D. Marshall, Early Panini Reconsidered: The Esztergom Preaching of an Apostle and the Relationship between Panini and Ghisolfi, in: Artibus et Historiae, 36, 1997, S. 141-145 (als Giovanni Ghisolfi);
G. Sestieri, Il Capriccio architettonico in Italia nel XVII e XVIII secolo, Rom 2015, Bd. II, S. 150, Nr. 46a (als Giovanni Ghisolfi)

Das vorliegende Gemälde ist in der Fototeca Zeri (Nr. 51567) als Werk Giovanni Ghisolfis registriert.

Die Provenienz dieses Gemäldes führt uns zur renommierten Sammlung der Familie Ottoboni, aus deren Reihen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Herzöge von Fiano kamen. David Marshall hat gezeigt, dass das Bild zur Sammlung des Kardinals Pietro Ottoboni, des Großneffen von Papst Alexander VIII., gehörte (Marshall 1997). Gemälde Ghisolfis, deren Abmessungen jenen des vorliegenden Werks entsprechen, werden in mehreren Inventaren und den Besitz des Kardinals betreffenden Dokumenten genannt (Marshall 1997; E. J. Olszewski, The Inventory of Paintings of Cardinal Pietro Ottoboni [1667-1740], New York 2004).

Marshall vermutet, dass das Gemälde zwischen 1673 und 1690, vermutlich zu Lebzeiten Ghisolfis, in die Sammlung Papst Alexander VIII. kam (Marshall 1997, S. 143). Nach dem Tod Kardinal Pietro Ottobonis fiel der Besitz im Erbgang an Maria Boncompagni Ludovisi, Herzogin von Fiano, die Witwe Marco Ottobonis. Ihr Gemahl erwarb 1690 den heutigen Palazzo Fiano in der Via del Corso, in den die Gemälde des Kardinals nach dessen Tod aus dem Palazzo della Cancelleria gebracht wurden und wo die Sammlung der Familie im 18. und 19. Jahrhundert aufbewahrt wurde.

1898 wurde der Palazzo Fiano mit allem, was sich in ihm befand, an Edoardo Almagià (Spear 1972, S. 8/9) verkauft. Darunter auch, wie Spear berichtet, das vorliegende, in dem in den 1930er-Jahren erstellten handschriftlichen Inventar der Sammlung Almagià keinem Künstler zugeschriebene Gemälde: Das Inventar listet das Werk unter der Nummer „10“ auf - und tatsächlich findet sich an der Rückseite der Leinwand ein entsprechender Klebezettel. Das handschriftliche Inventar verweist allerdings auch auf eine zweite Nummer, „Fiano 52“, die vermutlich auf ein früheres, unauffindbares Inventar der Familie Ottoboni Bezug nimmt. Das vorliegende Werk ist das Gegenstück zu einem anderen Leinwandgemälde, das sich ehemals ebenfalls in der Sammlung Almagià befand und Antike Ruinen mit dem Gleichnis vom Fischnetz darstellt (siehe Literatur).

Spear war der Erste, der sich dafür einsetzte, das Gemälde Ghisolfi zuzuschreiben. Sein Vorschlag wurde bisher von den Kunsthistorikern positiv aufgenommen. Einzig Ferdinando Arisi hielt das Bild für ein frühes, stilistisch von Ghisolfi beeinflusstes Werk Giovanni Paolo Paninis. Tatsächlich hatte Giovanni Ghisolfis Art der Darstellung von Ruinen großen Einfluss auf Panini, der sich zu einem der führenden Vertreter des Genres im 18. Jahrhundert entwickelte. Panini griff zudem für eine eigene Arbeit auf die Komposition des Gegenstücks des vorliegenden Gemäldes zurück; dieses befindet sich heute im Nelson-Atkins Museum in Kansas City. Eine vorbereitende Studie für dieses Bild zeigt eine bemerkenswerte Nähe zu Ghisolfi (Spear 1972, S. 50).

Das vorliegende Gemälde ist ein Beispiel für Giovanni Ghisolfis weichste und freieste Malweise, die dem Einfluss Salvator Rosas, mit dem der Mailänder Künstler während seines Rom-Aufenthalts in den 1650er-Jahren eng befreundet war, Wesentliches verdankt. Spear hat das Werk versuchsweise in diese Jahre datiert und diese Datierung dann in seiner Monografie des Künstlers (Busiri Vici 1976) bestätigt.

Im linken Bereich des vorliegenden Gemäldes sehen wir die Ruinen eines alten Tempels, der jenen des Tempels des Saturn auf dem Forum Romanum entspricht. Busiri Vici d’Arcevia hat die Vordergrundszene als Darstellung des aus seiner Höhle kommenden Pythagoras identifiziert. Ghisolfi hat sich zwei weitere Male mit dem Thema beschäftigt: das eine der Bilder findet sich in der Galleria Sabauda in Turin, das andere war früher Teil einer römischen Privatsammlung (Busiri Vici d’Arcevia 1992, S. 69, Nr. 25 und S. 82, Nr. 35). Von Belang ist zudem, dass Salvator Rosa sich auch mit dem Thema auseinandersetzte, wie er selbst in einem Brief im Jahr 1662 schreibt, in dem er von einem Pythagoras darstellenden Gemälde spricht: „dopo essere stato un anno in una sotterranea abitazione, alla fine d’esso, aspettato dalla sua setta, così d’huomini come di donne, uscì fuori“ („nachdem er ein Jahr unter der Erde Zuflucht gesucht hatte, versammelten sich seine Anhänger, Männer wie Frauen, und warteten darauf, dass er herauskam“) (Busiri Vici d’Arcevia 1992, S. 28).


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+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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