Lot Nr. 96 -


Pietro Bianchi


Pietro Bianchi - Alte Meister

(Rom 1694-1740)
Das Urteil des Midas,
Öl auf Leinwand, 73,5 x 97 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Schweiz;
Auktion, Koller, Zürich, 23. März 2018, Lot 3085;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Erich Schleier für die Bestätigung der Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie und für seine Hilfe bei der Recherche und Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes (schriftliche Mitteilung).

Das Urteil des Midas ist ein Bildthema, das in der italienischen Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts sehr beliebt war. Im Musikwettstreit Pans und Apollos entschied der Berggott Tmolos zugunsten Apolls. König Midas, ohne nach seiner Meinung gefragt worden zu sein, nennt das Urteil ungerecht. Dadurch gekränkt, straft Apollo ihn mit Eselsohren (Ovid, Metamorphosen, XI, 147-180). Bianchi hat den vier Hauptfiguren Midas, Apoll, Tmolos und Pan sieben Nebenfiguren hinzugefügt: links eine junge, vor Schrecken nach links fliehende Mutter mit ihrem Kind, hinter Midas drei Pilger in dunklen Gewändern, rechts hinter einer Felskante eine junge Frau mit halbentblößter Brust (eine Hirtin) und ein junger Mann. Pan ist als Nebenfigur in die untere, rechte Ecke gerückt, quasi als Repoussoir.

Das vorliegende Gemälde Pietro Bianchis gehört zu einer kleinen Gruppe von Bildern mythologischer Themen mit unterschiedlichen Maßen, in denen die Lichtführung, die warme, manchmal dunstige Atmosphäre, die den Raum erfüllt, und der Landschaftshintergrund eine entscheidende Rolle spielen. Große Bäume mit üppigem Blattwerk durchziehen die Kompositionen. Das vorliegende Werk mit seinen insgesamt elf Figuren ist bei weitem das am reichsten orchestrierte Bild dieser Gruppe, ein Meisterwerk, trotz seines eher kleineren Formats.

Eine fast identische Version des Midasurteils ist als Schwarz-Weiß-Fotografie in der Fototeca Zeri registriert (no. 49116, Aufbewahrungsort unbekannt). Federico Zeri schrieb sie einem unbekannten Maler der römischen Schule des 17. Jahrhunderts zu. Sie weist einige wesentliche Unterschiede auf, die gegen eine reine Kopie sprechen, sondern eher auf eine Werkstattarbeit schließen lassen, möglicherweise um den Bedürfnissen des Marktes gerecht zu werden (die Figur des Tmolo ist jünger dargestellt, die Draperie von Apollo fällt anders, es fehlen die Vögel im Hintergrund, der hinter Midas dargestellte Mann hat einen kürzeren Stock, und die Vegetation ist weniger dicht und detailliert).

Zu den Vergleichsstücken des vorliegenden Gemäldes gehört das großformatige Bild mit Merkur, Argus und Io (186,1 x 130,1 cm) im Museo de Arte in Ponce, Puerto Rico, Luis Ferré Foundation, in dem das Licht ebenso von links kommt und die Figur des schlafenden Argus halb im Schatten liegt, ähnlich der Figur des Midas, von dem nur die Rückenpartie des goldenen Mantels vom Licht beschienen ist. Bowron datiert das Bild um 1730-1735 (siehe E. P. Bowron, Pietro Bianchi, in: Art in Rome in the Eighteenth Century, Ausstellungskatalog, Philadelphia 2000, S. 326/327, Nr. 181), wobei das vorliegende Werk etwas früher entstanden zu sein scheint, vielleicht um 1730-1732. Ein weiteres vergleichbares Gemälde Bianchis, das Pyramus und Thisbe darstellt, befindet sich in Florenz, Privatbesitz. Die Masse sind 100 x 74,5 cm, ganz ähnlich jenen des vorliegenden Bildes. Allerdings handelt es sich um ein Hochformat. Das Bild wurde 1992 von Mary Newcome Schleier publiziert und um 1724-1734 datiert (siehe M. Newcome Schleier, in: Kunst in der Republik Genua, Ausstellungskatalog, Frankfurt 1992, S. 220-222, mit großer Farbtafel).

Wir sind über Bianchis kurzes Leben und seine Laufbahn durch die beiden Biografien des 18. Jahrhunderts von Dezallier d’Argenville und Carlo Giuseppe Ratti informiert. Bianchis Vater übersiedelte 1682 von Sarzana in Ligurien nach Rom. Bereits mit sieben Jahren begann Bianchi seine Ausbildung bei Giacomo Triga. Als Triga bald darauf durch Aufträge bedingt nach Venedig gehen musste, kam er zu Giovanni Battista Gaulli. Nach dessen Tod 1709 war Bianchi erst 15 Jahre alt. Er kam zunächst für kurze Zeit zu Giuseppe Ghezzi, dann zu Benedetto Luti, dessen Lieblingsschüler er wurde. Zwischen 1708 und 1713 gewann er viermal die Concorsi der Accademia di San Luca. 1715, mit einundzwanzig Jahren, war Bianchi eine unabhängige Künstlerpersönlichkeit und auch als Kunsthändler tätig. Gleichwohl erhielt er seine ersten wichtigen Aufträge als Maler wohl erst zehn Jahre später, um 1725. Luti übte zweifellos einen entscheidenden Einfluss auf Bianchi aus - auch durch seinen Figurenstil, vor allem aber durch die Bedeutung des Lichts in seinen Kompositionen: die Lichtführung, die Durchlichtung der Bildräume und Gegenlichteffekte.

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 49.158,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Pietro Bianchi


(Rom 1694-1740)
Das Urteil des Midas,
Öl auf Leinwand, 73,5 x 97 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Schweiz;
Auktion, Koller, Zürich, 23. März 2018, Lot 3085;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Erich Schleier für die Bestätigung der Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie und für seine Hilfe bei der Recherche und Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes (schriftliche Mitteilung).

Das Urteil des Midas ist ein Bildthema, das in der italienischen Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts sehr beliebt war. Im Musikwettstreit Pans und Apollos entschied der Berggott Tmolos zugunsten Apolls. König Midas, ohne nach seiner Meinung gefragt worden zu sein, nennt das Urteil ungerecht. Dadurch gekränkt, straft Apollo ihn mit Eselsohren (Ovid, Metamorphosen, XI, 147-180). Bianchi hat den vier Hauptfiguren Midas, Apoll, Tmolos und Pan sieben Nebenfiguren hinzugefügt: links eine junge, vor Schrecken nach links fliehende Mutter mit ihrem Kind, hinter Midas drei Pilger in dunklen Gewändern, rechts hinter einer Felskante eine junge Frau mit halbentblößter Brust (eine Hirtin) und ein junger Mann. Pan ist als Nebenfigur in die untere, rechte Ecke gerückt, quasi als Repoussoir.

Das vorliegende Gemälde Pietro Bianchis gehört zu einer kleinen Gruppe von Bildern mythologischer Themen mit unterschiedlichen Maßen, in denen die Lichtführung, die warme, manchmal dunstige Atmosphäre, die den Raum erfüllt, und der Landschaftshintergrund eine entscheidende Rolle spielen. Große Bäume mit üppigem Blattwerk durchziehen die Kompositionen. Das vorliegende Werk mit seinen insgesamt elf Figuren ist bei weitem das am reichsten orchestrierte Bild dieser Gruppe, ein Meisterwerk, trotz seines eher kleineren Formats.

Eine fast identische Version des Midasurteils ist als Schwarz-Weiß-Fotografie in der Fototeca Zeri registriert (no. 49116, Aufbewahrungsort unbekannt). Federico Zeri schrieb sie einem unbekannten Maler der römischen Schule des 17. Jahrhunderts zu. Sie weist einige wesentliche Unterschiede auf, die gegen eine reine Kopie sprechen, sondern eher auf eine Werkstattarbeit schließen lassen, möglicherweise um den Bedürfnissen des Marktes gerecht zu werden (die Figur des Tmolo ist jünger dargestellt, die Draperie von Apollo fällt anders, es fehlen die Vögel im Hintergrund, der hinter Midas dargestellte Mann hat einen kürzeren Stock, und die Vegetation ist weniger dicht und detailliert).

Zu den Vergleichsstücken des vorliegenden Gemäldes gehört das großformatige Bild mit Merkur, Argus und Io (186,1 x 130,1 cm) im Museo de Arte in Ponce, Puerto Rico, Luis Ferré Foundation, in dem das Licht ebenso von links kommt und die Figur des schlafenden Argus halb im Schatten liegt, ähnlich der Figur des Midas, von dem nur die Rückenpartie des goldenen Mantels vom Licht beschienen ist. Bowron datiert das Bild um 1730-1735 (siehe E. P. Bowron, Pietro Bianchi, in: Art in Rome in the Eighteenth Century, Ausstellungskatalog, Philadelphia 2000, S. 326/327, Nr. 181), wobei das vorliegende Werk etwas früher entstanden zu sein scheint, vielleicht um 1730-1732. Ein weiteres vergleichbares Gemälde Bianchis, das Pyramus und Thisbe darstellt, befindet sich in Florenz, Privatbesitz. Die Masse sind 100 x 74,5 cm, ganz ähnlich jenen des vorliegenden Bildes. Allerdings handelt es sich um ein Hochformat. Das Bild wurde 1992 von Mary Newcome Schleier publiziert und um 1724-1734 datiert (siehe M. Newcome Schleier, in: Kunst in der Republik Genua, Ausstellungskatalog, Frankfurt 1992, S. 220-222, mit großer Farbtafel).

Wir sind über Bianchis kurzes Leben und seine Laufbahn durch die beiden Biografien des 18. Jahrhunderts von Dezallier d’Argenville und Carlo Giuseppe Ratti informiert. Bianchis Vater übersiedelte 1682 von Sarzana in Ligurien nach Rom. Bereits mit sieben Jahren begann Bianchi seine Ausbildung bei Giacomo Triga. Als Triga bald darauf durch Aufträge bedingt nach Venedig gehen musste, kam er zu Giovanni Battista Gaulli. Nach dessen Tod 1709 war Bianchi erst 15 Jahre alt. Er kam zunächst für kurze Zeit zu Giuseppe Ghezzi, dann zu Benedetto Luti, dessen Lieblingsschüler er wurde. Zwischen 1708 und 1713 gewann er viermal die Concorsi der Accademia di San Luca. 1715, mit einundzwanzig Jahren, war Bianchi eine unabhängige Künstlerpersönlichkeit und auch als Kunsthändler tätig. Gleichwohl erhielt er seine ersten wichtigen Aufträge als Maler wohl erst zehn Jahre später, um 1725. Luti übte zweifellos einen entscheidenden Einfluss auf Bianchi aus - auch durch seinen Figurenstil, vor allem aber durch die Bedeutung des Lichts in seinen Kompositionen: die Lichtführung, die Durchlichtung der Bildräume und Gegenlichteffekte.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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