Lot Nr. 17


Carlo Caliari, gen. Carletto Caliari


Carlo Caliari, gen. Carletto Caliari - Alte Meister

(Venedig 1570-1596)
Angelika und Medoro,
am Baumstamm beschriftet: Angelica Me…,
Öl auf Leinwand, 77,5 x 108,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Mario Barbieri, Padua (als Alvise Benfatto del Friso);
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Literatur:
C. Ridolfi, Le maraviglie dell’arte, 2. Auflage, Padua 1837, S. 85;
C. Crosato Larcher, Per Carletto Caliari, in: Arte Veneta, 21, Venedig 1967, S. 108/109, Abb. 119;
T. Dalla Costa, Paolo Veronese e la bottega. Le botteghe dei Caliari, in: Paolo Veronese. L’illusione della realtà, Ausstellungskatalog, hrsg. von P. Marini/B. Aikema, Verona 2014, S. 324

Wir danken Thomas Dalla Costa für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Carlo Caliari, gen. Carletto, war der jüngste und begabteste Sohn Paolo Veroneses (1528-1588). Das vorliegende Gemälde ist ein bedeutendes Beispiel seines Schaffens.

Der 1570 geborene Carletto wurde zunächst in der Werkstatt seines Vaters ausgebildet, wo er unter dem Einfluss seines Onkels Benedetto (1538-1598) stand. Später setzte er seine Lehre in der Werkstatt Francesco Bassanos (1549-1592) fort, wobei man vermutet, dass es sich in den Jahren zwischen 1585 und 1587 eher um eine Art Partnerschaft handelte. Nach dem Tod Veroneses 1588 schloss sich Carletto Benedetto und seinem Bruder Gabriele an, die gemeinsam die „Haeredes Pauli Caliari Veronensis“ bildeten und die väterliche Werkstatt weiterführten. Unglücklicherweise starb Carletto bereits 1596 im Alter von 26 Jahren.

Das Thema Angelika und Medoro ist der epischen Dichtung Orlando furioso Ludovico Ariostos (1516) entnommen. Medoro, ein Gefolgsmann des Sarazenenführers Dardinello, wird bei dem Versuch, den Leichnam seines Prinzen aus einem christlichen Lager zu retten, schwer verwundet. Angelika, die Tochter des Königs von China, heilt seine Wunden und verliebt sich in ihn. Die Geschichte handelt weiter von der Verbindung Angelikas und Medoros im Wald, wo sie ihre Namen in Bäume und Felsen ritzen. Carletto stellt jenen Moment dar, in dem die beiden Liebenden ihre Namen in einen Baumstumpf kerben; links sitzt ein Putto mit Fackel und einem Schaf und ein weiterer Putto mit Ziege kommt von rechts auf das Paar zu. Das Gemälde weist aufgrund seiner Landschaft mit Tieren und Blumen und seinem Detailreichtum große Nähe zu Werken des Vaters und der Familie Bassano auf. Während die den Protagonisten zugrundeliegenden Formen eindeutig mit Veroneses Schaffen in Verbindung stehen, verrät die sehr detailliert ausgeführte Landschaft mit den verschiedenen Tieren (Ziegen und Schafen sowie einem Entenpaar und zwei Vögeln) den Einfluss nördlicher Künstler und der Bassano-Schule. Durch den silbrigen Glanz der Farben und Einzelheiten im Blattwerk sowie in der Wiedergabe des Haars und Schmucks hebt sich das Gemälde aber vom Werk des Vaters ab und lässt Carlettos eigenen Stil hervortreten.

Folgen wir Carlo Ridolfi (siehe Literatur), hat Carletto das vorliegende Gemälde als Siebzehnjähriger ausgeführt, sodass es sich bei Angelika und Medoro um eines seiner frühesten eigenständigen Werke handeln würde. Offenbar war Paolo Veronese um 1587/1588, also kurz vor seinem Tod, Carletto bei der Schaffung eines Marktes für seine eigenen Gemälde behilflich (Dalla Costa 2014, S. 324) und wirkte in einigen Fällen sogar bei dessen frühen Werken mit (S. Gritt, Like a mirror that shows his idea…: Interaction in the Veronese Workshop, in: Paolo Veronese. A Master and His Workshop in Renaissance Venice, Ausstellungskatalog, hrsg. von V. Brilliant und F. Ilchman, Sarasota 2012, S. 230-232). Der Gedanke, dass Veronese auch bei dem vorliegenden Gemälde Bereiche wie die Gewänder der beiden Hauptfiguren und Medoros intensiven Gesichtsausdruck überarbeitet und verbessert hat, ist daher nicht ganz von der Hand zu weisen.

Ridolfi zufolge wurde das Gemälde Angelika und Medoro zusammen mit einem Tod des Adonis von einem „cavalier oltramontano“ („einem fremden Edelmann“) erworben und nach Deutschland gebracht. Zweifellos hatte die Komposition sofort Erfolg, wie der Stich Aegidius Sadelers nach dem vorliegenden Gemälde belegt (siehe Abb. 1). Außerdem ist eine weitere Fassung des Gemäldes bekannt, die sich in der Nationalgalerie im Palais Sternberg in Prag befindet. Die beiden Bilder unterscheiden sich im Format, und das vorliegende Gemälde ist detailreicher. Es zeichnet sich außerdem durch eine feinere Malweise und eine freiere Pinselführung aus, was den Schluss zulässt, dass es sich bei dem tschechischen Bild um eine spätere Variante handeln dürfte.

Die Provenienz des vorliegenden Gemäldes ist nicht vollständig geklärt, obwohl es sich vermutlich um das von Ridolfi erwähnte Bild handelt, das ein „fremder Edelmann“ über die Alpen nach Norden mitnahm. Jedenfalls gelangte es in den 1960er-Jahren wieder nach Italien in die Sammlung Barbieri in Padua (siehe Literatur, Crosato Larcher 1967, S. 108).

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 87.500,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Carlo Caliari, gen. Carletto Caliari


(Venedig 1570-1596)
Angelika und Medoro,
am Baumstamm beschriftet: Angelica Me…,
Öl auf Leinwand, 77,5 x 108,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Mario Barbieri, Padua (als Alvise Benfatto del Friso);
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Literatur:
C. Ridolfi, Le maraviglie dell’arte, 2. Auflage, Padua 1837, S. 85;
C. Crosato Larcher, Per Carletto Caliari, in: Arte Veneta, 21, Venedig 1967, S. 108/109, Abb. 119;
T. Dalla Costa, Paolo Veronese e la bottega. Le botteghe dei Caliari, in: Paolo Veronese. L’illusione della realtà, Ausstellungskatalog, hrsg. von P. Marini/B. Aikema, Verona 2014, S. 324

Wir danken Thomas Dalla Costa für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Carlo Caliari, gen. Carletto, war der jüngste und begabteste Sohn Paolo Veroneses (1528-1588). Das vorliegende Gemälde ist ein bedeutendes Beispiel seines Schaffens.

Der 1570 geborene Carletto wurde zunächst in der Werkstatt seines Vaters ausgebildet, wo er unter dem Einfluss seines Onkels Benedetto (1538-1598) stand. Später setzte er seine Lehre in der Werkstatt Francesco Bassanos (1549-1592) fort, wobei man vermutet, dass es sich in den Jahren zwischen 1585 und 1587 eher um eine Art Partnerschaft handelte. Nach dem Tod Veroneses 1588 schloss sich Carletto Benedetto und seinem Bruder Gabriele an, die gemeinsam die „Haeredes Pauli Caliari Veronensis“ bildeten und die väterliche Werkstatt weiterführten. Unglücklicherweise starb Carletto bereits 1596 im Alter von 26 Jahren.

Das Thema Angelika und Medoro ist der epischen Dichtung Orlando furioso Ludovico Ariostos (1516) entnommen. Medoro, ein Gefolgsmann des Sarazenenführers Dardinello, wird bei dem Versuch, den Leichnam seines Prinzen aus einem christlichen Lager zu retten, schwer verwundet. Angelika, die Tochter des Königs von China, heilt seine Wunden und verliebt sich in ihn. Die Geschichte handelt weiter von der Verbindung Angelikas und Medoros im Wald, wo sie ihre Namen in Bäume und Felsen ritzen. Carletto stellt jenen Moment dar, in dem die beiden Liebenden ihre Namen in einen Baumstumpf kerben; links sitzt ein Putto mit Fackel und einem Schaf und ein weiterer Putto mit Ziege kommt von rechts auf das Paar zu. Das Gemälde weist aufgrund seiner Landschaft mit Tieren und Blumen und seinem Detailreichtum große Nähe zu Werken des Vaters und der Familie Bassano auf. Während die den Protagonisten zugrundeliegenden Formen eindeutig mit Veroneses Schaffen in Verbindung stehen, verrät die sehr detailliert ausgeführte Landschaft mit den verschiedenen Tieren (Ziegen und Schafen sowie einem Entenpaar und zwei Vögeln) den Einfluss nördlicher Künstler und der Bassano-Schule. Durch den silbrigen Glanz der Farben und Einzelheiten im Blattwerk sowie in der Wiedergabe des Haars und Schmucks hebt sich das Gemälde aber vom Werk des Vaters ab und lässt Carlettos eigenen Stil hervortreten.

Folgen wir Carlo Ridolfi (siehe Literatur), hat Carletto das vorliegende Gemälde als Siebzehnjähriger ausgeführt, sodass es sich bei Angelika und Medoro um eines seiner frühesten eigenständigen Werke handeln würde. Offenbar war Paolo Veronese um 1587/1588, also kurz vor seinem Tod, Carletto bei der Schaffung eines Marktes für seine eigenen Gemälde behilflich (Dalla Costa 2014, S. 324) und wirkte in einigen Fällen sogar bei dessen frühen Werken mit (S. Gritt, Like a mirror that shows his idea…: Interaction in the Veronese Workshop, in: Paolo Veronese. A Master and His Workshop in Renaissance Venice, Ausstellungskatalog, hrsg. von V. Brilliant und F. Ilchman, Sarasota 2012, S. 230-232). Der Gedanke, dass Veronese auch bei dem vorliegenden Gemälde Bereiche wie die Gewänder der beiden Hauptfiguren und Medoros intensiven Gesichtsausdruck überarbeitet und verbessert hat, ist daher nicht ganz von der Hand zu weisen.

Ridolfi zufolge wurde das Gemälde Angelika und Medoro zusammen mit einem Tod des Adonis von einem „cavalier oltramontano“ („einem fremden Edelmann“) erworben und nach Deutschland gebracht. Zweifellos hatte die Komposition sofort Erfolg, wie der Stich Aegidius Sadelers nach dem vorliegenden Gemälde belegt (siehe Abb. 1). Außerdem ist eine weitere Fassung des Gemäldes bekannt, die sich in der Nationalgalerie im Palais Sternberg in Prag befindet. Die beiden Bilder unterscheiden sich im Format, und das vorliegende Gemälde ist detailreicher. Es zeichnet sich außerdem durch eine feinere Malweise und eine freiere Pinselführung aus, was den Schluss zulässt, dass es sich bei dem tschechischen Bild um eine spätere Variante handeln dürfte.

Die Provenienz des vorliegenden Gemäldes ist nicht vollständig geklärt, obwohl es sich vermutlich um das von Ridolfi erwähnte Bild handelt, das ein „fremder Edelmann“ über die Alpen nach Norden mitnahm. Jedenfalls gelangte es in den 1960er-Jahren wieder nach Italien in die Sammlung Barbieri in Padua (siehe Literatur, Crosato Larcher 1967, S. 108).


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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