Lot Nr. 78


Jacopo Negretti, gen. Palma il Giovane


Jacopo Negretti, gen. Palma il Giovane - Alte Meister

(Venedig um 1548–1628)
Selbstbildnis als Mönch,
Öl auf Schiefer, 30,5 x 24,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Bardisian, Venedig;
Kunsthandel, Spanien;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
S. Mason Rinaldi, Novità, ritrovamenti e restituzioni a Jacopo Palma il Giovane, in: Arte Veneta, 1982, S. 152f., Abb. 10 (als Jacopo Palma il Giovane);
S. Mason Rinaldi, Palma il Giovane: l’opera completa, Mailand 1990, S. 146, Kat. Nr. 565, S. 360, Abb. 428 (als Jacopo Palma il Giovane);
M. Seidel, Venezianische Malerei zur Zeit der Gegenreformation – kirchliche Programmschriften und künstlerische Bildkonzepte bei Tizian, Tintoretto, Veronese und Palma il Giovane, München 1996, S. 57 Anm. 108, ohne Abb. (als Jacopo Palma il Giovane);
J. Woods-Marsden, Renaissance Self-Portraiture. The Visual Construction of Identity and the Social Status of the Artist, New Haven/London 1998, S. 240 (als Jacopo Palma il Giovane);
K. T. Brown, The Painter’s Reflection. Self-Portraiture in Renaissance Venice 1458–1625, Florenz 2000, S. 157, Kat.-Nr. 17, Abb. 55 (als Jacopo Palma il Giovane);
G. Fossaluzza, in: Pietra dipinta: tesori nascosti del ’500 e del ’600 da una collezione privata milanese, Ausstellungskatalog, hrsg. von M. Bona Castellotti, Mailand 2000, zit. unter Kat.-Nr. 37, S. 76, ohne Abb. (als Jacopo Palma il Giovane);
A. Weston-Lewis, P. Humfrey, in: The Age of Titian: Venetian Renaissance Art from Scottish Collections, Edinburgh 2004, S. 264, zit. unter Kat.-Nr. 117, ohne Abb. (als Jacopo Palma il Giovane)

Palma Giovane porträtiert sich auf diesem kleinen Gemälde auf Schiefer in den Kleidern eines Mönches. Wie Ridolfi berichtet, entsprechen sie der Tracht der Brüder des Ordine dei Crociferi, „a’ quali visse sempre Palma devoto, poiché fin da fanciullo fù da quelli avuto in protettione“ [„denen Palma immer zugeneigt war, da er schon in seiner Kindheit unter deren Schutz stand“] (siehe R. Ridolfi, Le maraviglie dell’arte…, Venedig 1648, II, S. 179). Der Maler stellt sich mit nachdenklichem und traurigem Ausdruck dar, und wie in seinen anderen späten Selbstporträts treten nur seine „grandi occhi tristissimi“ [„großen, traurigen Augen“] prominent hervor (siehe Mason Rinaldi 1984 in der Literatur). Hier zeigt er sich in demütiger Haltung mit einer Hand zur Brust erhoben.

Der Gegensatz zu seinem frühen, etwa zwanzig Jahre davor entstandenen Selbstbildnis in der Pinacoteca di Brera in Mailand (Inv.-Nr. 109) ist frappierend: Dort gibt er sich optimistisch, wohingegen er auf dem vorliegenden späteren Gemälde desillusioniert erscheint. Palma stellt sich als frommen Sechzigjährigen dar: Er scheint der einzige italienische Künstler dieser Epoche gewesen zu sein, der sich in einem Selbstporträt mit einem bestimmten Orden in Verbindung gebracht hat, welcher sich zur offiziellen Doktrin der katholischen Reformkirche bekannte (siehe Woods-Marsden in der Literatur).

Brown zufolge (siehe Literatur) kann das vorliegende Gemälde in das Jahr 1606 datiert werden. Die Gesichtszüge des Künstlers sind deutlich zu erkennen und entsprechen genau jenen seines gezeichneten Selbstbildnisses im Alter von 58 Jahren in der Pierpont Morgan Library, New York (Inv.-Nr. IV.82.1), das mit 1606 datiert ist, ebenso wie das Selbstporträt in der Fondazione Querini Stampilia, Venedig, auf dem sich der Künstler mit zerfurchten Zügen und tiefliegenden Augen dargestellt hat.

Das Gemälde ist auf einem für Palma ungewöhnlichen Bildträger gemalt; tatsächlich ist nur ein einziges weiteres auf Schiefer gemaltes Gemälde von ihm bekannt: Christus, von Engeln gestützt. Palma unternahm nur selten technische Experimente, darunter ein Gemälde auf Leder und ein anderes auf Kupfer sowie die Studien auf Karton für den Kopf eines alten Mannes und das Porträt eines Mädchens in der Pinacoteca di Brera, Mailand (siehe Fossaluzza in der Literatur).

In eine Künstlerfamilie hineingeboren, der sein Vater Antonio Palma (um 1510–1575), sein Großonkel Palma il Vecchio (1549–1628) und sein Onkel Bonifacio de’ Pitati, gen. Bonifacio Veronese (1487–1553), angehörten, erfreute sich Palma il Giovane einer langen und erfolgreichen Schaffenszeit. Sein sich früh zeigendes Talent wurde von Guidobaldo II. della Rovere, dem Herzog von Urbino, erkannt, der den jungen Künstler an seinen Hof rief, als der den 15-jährigen Palma 1564 sah, wie er Tizians Martyrium des heiligen Laurentius kopierte. Man vermutet, dass er zuerst nach Pesaro und danach nach Rom ging und 1574 nach Venedig zurückkehrte, als er womöglich in der Werkstatt Tizians mitarbeitete. Nach dem Tod Jacopo Tintorettos (1518–1594) wurde Palma du einem der führenden Maler Venedigs. Als Zeichen seines hohen Ansehens wurde er mit der Fertigstellung von Tizians unvollendeter Pietà (heute Galleria dell’Accademia, Venedig) beauftragt, auf der Palma stolz folgende Inschrift anbrachte: „QUOD TITIANVS INCHOATVM RELIQUIT PALMA REVERENTVR ABSOLVIT DEOQ. DICAVIT OPVS“.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

09.06.2020 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 19.050,-
Schätzwert:
EUR 15.000,- bis EUR 20.000,-

Jacopo Negretti, gen. Palma il Giovane


(Venedig um 1548–1628)
Selbstbildnis als Mönch,
Öl auf Schiefer, 30,5 x 24,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Bardisian, Venedig;
Kunsthandel, Spanien;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
S. Mason Rinaldi, Novità, ritrovamenti e restituzioni a Jacopo Palma il Giovane, in: Arte Veneta, 1982, S. 152f., Abb. 10 (als Jacopo Palma il Giovane);
S. Mason Rinaldi, Palma il Giovane: l’opera completa, Mailand 1990, S. 146, Kat. Nr. 565, S. 360, Abb. 428 (als Jacopo Palma il Giovane);
M. Seidel, Venezianische Malerei zur Zeit der Gegenreformation – kirchliche Programmschriften und künstlerische Bildkonzepte bei Tizian, Tintoretto, Veronese und Palma il Giovane, München 1996, S. 57 Anm. 108, ohne Abb. (als Jacopo Palma il Giovane);
J. Woods-Marsden, Renaissance Self-Portraiture. The Visual Construction of Identity and the Social Status of the Artist, New Haven/London 1998, S. 240 (als Jacopo Palma il Giovane);
K. T. Brown, The Painter’s Reflection. Self-Portraiture in Renaissance Venice 1458–1625, Florenz 2000, S. 157, Kat.-Nr. 17, Abb. 55 (als Jacopo Palma il Giovane);
G. Fossaluzza, in: Pietra dipinta: tesori nascosti del ’500 e del ’600 da una collezione privata milanese, Ausstellungskatalog, hrsg. von M. Bona Castellotti, Mailand 2000, zit. unter Kat.-Nr. 37, S. 76, ohne Abb. (als Jacopo Palma il Giovane);
A. Weston-Lewis, P. Humfrey, in: The Age of Titian: Venetian Renaissance Art from Scottish Collections, Edinburgh 2004, S. 264, zit. unter Kat.-Nr. 117, ohne Abb. (als Jacopo Palma il Giovane)

Palma Giovane porträtiert sich auf diesem kleinen Gemälde auf Schiefer in den Kleidern eines Mönches. Wie Ridolfi berichtet, entsprechen sie der Tracht der Brüder des Ordine dei Crociferi, „a’ quali visse sempre Palma devoto, poiché fin da fanciullo fù da quelli avuto in protettione“ [„denen Palma immer zugeneigt war, da er schon in seiner Kindheit unter deren Schutz stand“] (siehe R. Ridolfi, Le maraviglie dell’arte…, Venedig 1648, II, S. 179). Der Maler stellt sich mit nachdenklichem und traurigem Ausdruck dar, und wie in seinen anderen späten Selbstporträts treten nur seine „grandi occhi tristissimi“ [„großen, traurigen Augen“] prominent hervor (siehe Mason Rinaldi 1984 in der Literatur). Hier zeigt er sich in demütiger Haltung mit einer Hand zur Brust erhoben.

Der Gegensatz zu seinem frühen, etwa zwanzig Jahre davor entstandenen Selbstbildnis in der Pinacoteca di Brera in Mailand (Inv.-Nr. 109) ist frappierend: Dort gibt er sich optimistisch, wohingegen er auf dem vorliegenden späteren Gemälde desillusioniert erscheint. Palma stellt sich als frommen Sechzigjährigen dar: Er scheint der einzige italienische Künstler dieser Epoche gewesen zu sein, der sich in einem Selbstporträt mit einem bestimmten Orden in Verbindung gebracht hat, welcher sich zur offiziellen Doktrin der katholischen Reformkirche bekannte (siehe Woods-Marsden in der Literatur).

Brown zufolge (siehe Literatur) kann das vorliegende Gemälde in das Jahr 1606 datiert werden. Die Gesichtszüge des Künstlers sind deutlich zu erkennen und entsprechen genau jenen seines gezeichneten Selbstbildnisses im Alter von 58 Jahren in der Pierpont Morgan Library, New York (Inv.-Nr. IV.82.1), das mit 1606 datiert ist, ebenso wie das Selbstporträt in der Fondazione Querini Stampilia, Venedig, auf dem sich der Künstler mit zerfurchten Zügen und tiefliegenden Augen dargestellt hat.

Das Gemälde ist auf einem für Palma ungewöhnlichen Bildträger gemalt; tatsächlich ist nur ein einziges weiteres auf Schiefer gemaltes Gemälde von ihm bekannt: Christus, von Engeln gestützt. Palma unternahm nur selten technische Experimente, darunter ein Gemälde auf Leder und ein anderes auf Kupfer sowie die Studien auf Karton für den Kopf eines alten Mannes und das Porträt eines Mädchens in der Pinacoteca di Brera, Mailand (siehe Fossaluzza in der Literatur).

In eine Künstlerfamilie hineingeboren, der sein Vater Antonio Palma (um 1510–1575), sein Großonkel Palma il Vecchio (1549–1628) und sein Onkel Bonifacio de’ Pitati, gen. Bonifacio Veronese (1487–1553), angehörten, erfreute sich Palma il Giovane einer langen und erfolgreichen Schaffenszeit. Sein sich früh zeigendes Talent wurde von Guidobaldo II. della Rovere, dem Herzog von Urbino, erkannt, der den jungen Künstler an seinen Hof rief, als der den 15-jährigen Palma 1564 sah, wie er Tizians Martyrium des heiligen Laurentius kopierte. Man vermutet, dass er zuerst nach Pesaro und danach nach Rom ging und 1574 nach Venedig zurückkehrte, als er womöglich in der Werkstatt Tizians mitarbeitete. Nach dem Tod Jacopo Tintorettos (1518–1594) wurde Palma du einem der führenden Maler Venedigs. Als Zeichen seines hohen Ansehens wurde er mit der Fertigstellung von Tizians unvollendeter Pietà (heute Galleria dell’Accademia, Venedig) beauftragt, auf der Palma stolz folgende Inschrift anbrachte: „QUOD TITIANVS INCHOATVM RELIQUIT PALMA REVERENTVR ABSOLVIT DEOQ. DICAVIT OPVS“.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 09.06.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 02.06. - 09.06.2020


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