Lot Nr. 170


Präsentation eines Erdbebens


Präsentation eines Erdbebens - Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900, Aquarelle, Miniaturen

6 Kupferstiche und Aquarell auf Papier, mit dünnem Karton versteift, mit Schere/Messer ausgeschnitten, 16 x 20 cm, Verlag Martin Engelbrecht, Augsburg 1720/70, Umschlag und 1 Kulisse fehlen, (Hu)

Abgebildet in:
Georg Füsslin, Werner Nekes et alii, Der Guckkasten, Einblick – Durchblick – Ausblick, Füsslin Verlag Stuttgart 1995, S 59 bzw. Barbara Maria Stafford und Frances Terpak, Devices of Wonder, From the World in a Box to Images on A Screen, The Getty Research Institute, Los Angeles 2001,
S 339.

„Am 1. November 1755 bricht ein gewaltiges Erdbeben über Lissabon herein, dem über 100.000 Menschen zum Opfer fielen. “Das Erdbeben von Lissabon wurde um 1760 zum Gegenstand des Perspektivtheaters von Engelbrecht. In 7 (!) kolorierten Kupferstichen illustrierte er verschiedene Episoden des Ereignisses, die ein höchst lebendiges, geradezu mitreißendes Bild boten: einstürzende Säulen und Bauteile rahmen das Bild, die Gebäude, ein Kirchturm und Gewölbe sind am Zusammenbrechen. Auch einige flüchtende Personen sind zu erkennen, die ekstatische Gesten machen oder einander das Leben zu retten versuchen. Diese imaginierte Version des Erdbebens von Lissabon war - wie bei Guckkästen üblich - für die Präsentation auf Jahrmärkten gedacht. Es handelte sich um ein Medium, das zur Popularisierung diente. Als Vorform des Films bzw. des Fernsehens brachte es auch jenen das Ereignis nahe, die nicht lesen konnten oder zusätzlich eine optische Anschauung suchten.” Jürgen Wilke, Das Erdbeben von Lissabon, als Medienereignis, in: Das Erdbeben von Lissabon nach den Katastrophen ... im 18. Jahrhundert, Hg. v. Gerhard Lauer und Thorstein Unger Wallstein Verlag 2008, S 37.

Kulissenbilder, Perspektivisches Theater, Szenenbilder für den Guckkasten

Die Szenen wurden im 18. Jahrhundert ausschließlich von Martin Engelbrecht (1684-1756) in Augsburg verlegt. Es handelt sich um Bilderserien aus sechs bis sieben Kupferstichblättern. Sie sind koloriert und im Mittelfeld ausgeschnitten. Sie werden hintereinander gereiht und zur Betrachtung in Guckkästen montiert. Vorderstes Blatt stellt das Proszenium einer Bühne dar. Dahinter folgen drei oder vier Kulissendarstellungen, den Abschluss nach hinten bildet eine geschlossene Rückwand oder ein Hintergrund ohne Durchsicht. Motive reichten von der Bibel und dem Alten Testament über Feste und Feiern, Alltagsszenen, Militär, Architektur bis zu Theater und zu Katastrophen.

Between the 1720s and the 1770s, thousands of miniature theaters constructed from sets of six to eight hand-colored prints were purchased by the wealthier classes of Europe, presumably as fanciful, amusing, or instructive decorations for the home. These very commercially successful three-dimensional theaters were produced exclusively by one printmaker, Martin Engelbrecht of Augsburg and his workshop. Marketed throughout Europe, Engelbrecht theaters came in three different standard sizes, with titles printed in German, French, Italian, Latin, or English. Given that Augsburg was a printmaking center at mid-century, it is curious that none of Engelbrecht’s compatriots pursued this visual genre. Other publishers could have been deterred by Engelbrecht’s claims that production of the tiny scenes was painstaking, costly, and time consuming. Another deterrent may have been Engelbrecht’s legal position. In 1719, and again in 1729 and 1739, he was granted a royal privilege for the exclusive production of “illuminierte Lackier- und Ausschneidebilder” (illuminated varnished and cutout images), which may well have included the paper theaters.

Aus: Devices of Wonder, from the world in a Box to Images on a Screen, Barbara Maria Stafford and Frances Terpak, The Getty Research Institute, Los Angeles, 2001, S 336.

Expertin: Dr. Brigitte Huck Dr. Brigitte Huck
+43-1-515 60-378

19c.paintings@dorotheum.at

20.10.2020 - 15:56

Erzielter Preis: **
EUR 1.280,-
Startpreis:
EUR 1.000,-

Präsentation eines Erdbebens


6 Kupferstiche und Aquarell auf Papier, mit dünnem Karton versteift, mit Schere/Messer ausgeschnitten, 16 x 20 cm, Verlag Martin Engelbrecht, Augsburg 1720/70, Umschlag und 1 Kulisse fehlen, (Hu)

Abgebildet in:
Georg Füsslin, Werner Nekes et alii, Der Guckkasten, Einblick – Durchblick – Ausblick, Füsslin Verlag Stuttgart 1995, S 59 bzw. Barbara Maria Stafford und Frances Terpak, Devices of Wonder, From the World in a Box to Images on A Screen, The Getty Research Institute, Los Angeles 2001,
S 339.

„Am 1. November 1755 bricht ein gewaltiges Erdbeben über Lissabon herein, dem über 100.000 Menschen zum Opfer fielen. “Das Erdbeben von Lissabon wurde um 1760 zum Gegenstand des Perspektivtheaters von Engelbrecht. In 7 (!) kolorierten Kupferstichen illustrierte er verschiedene Episoden des Ereignisses, die ein höchst lebendiges, geradezu mitreißendes Bild boten: einstürzende Säulen und Bauteile rahmen das Bild, die Gebäude, ein Kirchturm und Gewölbe sind am Zusammenbrechen. Auch einige flüchtende Personen sind zu erkennen, die ekstatische Gesten machen oder einander das Leben zu retten versuchen. Diese imaginierte Version des Erdbebens von Lissabon war - wie bei Guckkästen üblich - für die Präsentation auf Jahrmärkten gedacht. Es handelte sich um ein Medium, das zur Popularisierung diente. Als Vorform des Films bzw. des Fernsehens brachte es auch jenen das Ereignis nahe, die nicht lesen konnten oder zusätzlich eine optische Anschauung suchten.” Jürgen Wilke, Das Erdbeben von Lissabon, als Medienereignis, in: Das Erdbeben von Lissabon nach den Katastrophen ... im 18. Jahrhundert, Hg. v. Gerhard Lauer und Thorstein Unger Wallstein Verlag 2008, S 37.

Kulissenbilder, Perspektivisches Theater, Szenenbilder für den Guckkasten

Die Szenen wurden im 18. Jahrhundert ausschließlich von Martin Engelbrecht (1684-1756) in Augsburg verlegt. Es handelt sich um Bilderserien aus sechs bis sieben Kupferstichblättern. Sie sind koloriert und im Mittelfeld ausgeschnitten. Sie werden hintereinander gereiht und zur Betrachtung in Guckkästen montiert. Vorderstes Blatt stellt das Proszenium einer Bühne dar. Dahinter folgen drei oder vier Kulissendarstellungen, den Abschluss nach hinten bildet eine geschlossene Rückwand oder ein Hintergrund ohne Durchsicht. Motive reichten von der Bibel und dem Alten Testament über Feste und Feiern, Alltagsszenen, Militär, Architektur bis zu Theater und zu Katastrophen.

Between the 1720s and the 1770s, thousands of miniature theaters constructed from sets of six to eight hand-colored prints were purchased by the wealthier classes of Europe, presumably as fanciful, amusing, or instructive decorations for the home. These very commercially successful three-dimensional theaters were produced exclusively by one printmaker, Martin Engelbrecht of Augsburg and his workshop. Marketed throughout Europe, Engelbrecht theaters came in three different standard sizes, with titles printed in German, French, Italian, Latin, or English. Given that Augsburg was a printmaking center at mid-century, it is curious that none of Engelbrecht’s compatriots pursued this visual genre. Other publishers could have been deterred by Engelbrecht’s claims that production of the tiny scenes was painstaking, costly, and time consuming. Another deterrent may have been Engelbrecht’s legal position. In 1719, and again in 1729 and 1739, he was granted a royal privilege for the exclusive production of “illuminierte Lackier- und Ausschneidebilder” (illuminated varnished and cutout images), which may well have included the paper theaters.

Aus: Devices of Wonder, from the world in a Box to Images on a Screen, Barbara Maria Stafford and Frances Terpak, The Getty Research Institute, Los Angeles, 2001, S 336.

Expertin: Dr. Brigitte Huck Dr. Brigitte Huck
+43-1-515 60-378

19c.paintings@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900, Aquarelle, Miniaturen
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 20.10.2020 - 15:56
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10.2020 - 20.10.2020


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.

Warum bei myDOROTHEUM registrieren?

Die kostenlose Registrierung bei myDOROTHEUM ermöglicht Ihnen die komplette Nutzung folgender Funktionen:

Katalog Benachrichtigungen sobald ein neuer Auktionskatalog online ist.
Auktionstermin Erinnerung zwei Tage vor Auktionsbeginn.
Mitbieten Bieten Sie auf Ihre Lieblingsstücke und ersteigern Sie neue Meisterwerke!
Suchservice Sie suchen nach einem bestimmten Künstler oder einer bestimmten Marke? Speichern Sie Ihre Suche ab und werden Sie automatisch informiert, sobald diese in einer Auktion angeboten werden!