Lot Nr. 65


Jacob Jordaens


Jacob Jordaens - Alte Meister

(Antwerpen 1593–1678)
Der Satyr bei der Bauernfamilie,
Öl auf Holz, 71 x 50,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Belgien, 1918;
Auktion, Antiek Kompaniet, Gothenburg, 1.–30. April 1920, Lot 7;
Privatsammlung, Skandinavien;
Auktion, Bukowski, Stockholm, 25. November 2009, Lot 352;
Auktion, Hampel, München, 10. Dezember 2015, Lot 273;
europäische Privatsammlung

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich um eine Variante eines der beliebtesten weltlichen Bildthemen Jordaens’ aus der Reifezeit des Künstlers. Dargestellt ist eine der Äsop’schen Fabeln: der Besuch eines Satyrs, der sich am gedeckten Tisch eines Bauern niederlässt (Aesop LXXIV). Von der lebendigen Umsetzung dieser Geschichte, die Jordaens’ Sinn für moralisierenden Humor entsprach, ohne übermäßig lehrreich daherzukommen, kennt man zumindest fünf Fassungen. Die Urfassung, entstanden um 1616–1618, befindet sich in der Glasgow Museums Art Gallery. Zeitgleich mit dem Glasgower Bild erfolgte 1617 die Veröffentlichung des Werks Vorstelijke warande der dieren von Joost van der Vondel, der Äsops Fabeln in Reime übersetzt hatte. Dort wird folgende Begebenheit berichtet:

„Im Winter stieß ein Bauer im Wald auf einen umherirrenden Satyr, // oben halb Mensch, unten halb Ziege. // Er beschloss, ihm Unterschlupf zu geben, damit er nicht erfrieren solle. // Er brachte ihn nach Hause und hielt ihn bei Laune. // Als der Mann auf seine Hände blies, um sie zu wärmen, bemerkte der Satyr dies. // Als er nach dem Grund fragte, antwortete der Bauer: // „Ich wärme meine Fingerknöchel, die von der Winterkälte ganz steif sind.“ // Als der Bauer auch sein heißes Essen blies, das auf einem rauen Brett aufgetragen wurde, // wunderte sich der verstörte Satyr darüber. // Voller Angst rannte er zur Tür hinaus, um sein Leben bangend. // Es kam ihm nämlich so vor, als könne der Bauer heiß und kalt blasen. // Denn wie heißt es? „Der Weise begegnet dem, der Feuer in der Rechten und Wasser in der Linken hält, stets mit Liebenswürdigkeit und Wohlwollen, // um seinem bösen Zauber zu entgehen.“

Dank Jordaens’ Verbreitung der Komposition, die auf humorvolle Weise vor Unbeständigkeit warnt, sah sich auch der Leidener Meister Jan Steen veranlasst, sich dem Thema zu widmen (siehe The Wise Man Has Two Tongues: Images of the Satyr and the Peasant in Jordaens and Steen, in: Myth in History, History in Myth, Boston 2009, S. 87ff.) Bei dem vorliegenden Bild handelt es sich um eine spätere Fassung Jordaens’, entstanden in den 1630er- oder 1640er-Jahren. Nach wie vor bedient er sich bei der Anordnung der Figuren der Dreieckskomposition, deren dramatische Lichtführung augenscheinlich von Caravaggios Rosenkranzmadonna (Wien, Kunsthistorisches Museum) angeregt ist, welche angeblich durch Louis Finson nach Antwerpen gelangte und dort von einem Konsortium erworben wurde, dem auch Jordaens’ Freund Peter Paul Rubens angehörte.

Das vorliegende Gemälde wurde durch das JVDPPP (Jordaens Van Dyck Panel Paintings Project) untersucht.

Eine von Peter Klein, Hamburg, durchgeführte dendrochronologische Untersuchung hat ein Fälljahr der Eiche, aus der die Tafel geschnitten wurde, um 1630–1635 ergeben.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

10.11.2020 - 16:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Jacob Jordaens


(Antwerpen 1593–1678)
Der Satyr bei der Bauernfamilie,
Öl auf Holz, 71 x 50,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Belgien, 1918;
Auktion, Antiek Kompaniet, Gothenburg, 1.–30. April 1920, Lot 7;
Privatsammlung, Skandinavien;
Auktion, Bukowski, Stockholm, 25. November 2009, Lot 352;
Auktion, Hampel, München, 10. Dezember 2015, Lot 273;
europäische Privatsammlung

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich um eine Variante eines der beliebtesten weltlichen Bildthemen Jordaens’ aus der Reifezeit des Künstlers. Dargestellt ist eine der Äsop’schen Fabeln: der Besuch eines Satyrs, der sich am gedeckten Tisch eines Bauern niederlässt (Aesop LXXIV). Von der lebendigen Umsetzung dieser Geschichte, die Jordaens’ Sinn für moralisierenden Humor entsprach, ohne übermäßig lehrreich daherzukommen, kennt man zumindest fünf Fassungen. Die Urfassung, entstanden um 1616–1618, befindet sich in der Glasgow Museums Art Gallery. Zeitgleich mit dem Glasgower Bild erfolgte 1617 die Veröffentlichung des Werks Vorstelijke warande der dieren von Joost van der Vondel, der Äsops Fabeln in Reime übersetzt hatte. Dort wird folgende Begebenheit berichtet:

„Im Winter stieß ein Bauer im Wald auf einen umherirrenden Satyr, // oben halb Mensch, unten halb Ziege. // Er beschloss, ihm Unterschlupf zu geben, damit er nicht erfrieren solle. // Er brachte ihn nach Hause und hielt ihn bei Laune. // Als der Mann auf seine Hände blies, um sie zu wärmen, bemerkte der Satyr dies. // Als er nach dem Grund fragte, antwortete der Bauer: // „Ich wärme meine Fingerknöchel, die von der Winterkälte ganz steif sind.“ // Als der Bauer auch sein heißes Essen blies, das auf einem rauen Brett aufgetragen wurde, // wunderte sich der verstörte Satyr darüber. // Voller Angst rannte er zur Tür hinaus, um sein Leben bangend. // Es kam ihm nämlich so vor, als könne der Bauer heiß und kalt blasen. // Denn wie heißt es? „Der Weise begegnet dem, der Feuer in der Rechten und Wasser in der Linken hält, stets mit Liebenswürdigkeit und Wohlwollen, // um seinem bösen Zauber zu entgehen.“

Dank Jordaens’ Verbreitung der Komposition, die auf humorvolle Weise vor Unbeständigkeit warnt, sah sich auch der Leidener Meister Jan Steen veranlasst, sich dem Thema zu widmen (siehe The Wise Man Has Two Tongues: Images of the Satyr and the Peasant in Jordaens and Steen, in: Myth in History, History in Myth, Boston 2009, S. 87ff.) Bei dem vorliegenden Bild handelt es sich um eine spätere Fassung Jordaens’, entstanden in den 1630er- oder 1640er-Jahren. Nach wie vor bedient er sich bei der Anordnung der Figuren der Dreieckskomposition, deren dramatische Lichtführung augenscheinlich von Caravaggios Rosenkranzmadonna (Wien, Kunsthistorisches Museum) angeregt ist, welche angeblich durch Louis Finson nach Antwerpen gelangte und dort von einem Konsortium erworben wurde, dem auch Jordaens’ Freund Peter Paul Rubens angehörte.

Das vorliegende Gemälde wurde durch das JVDPPP (Jordaens Van Dyck Panel Paintings Project) untersucht.

Eine von Peter Klein, Hamburg, durchgeführte dendrochronologische Untersuchung hat ein Fälljahr der Eiche, aus der die Tafel geschnitten wurde, um 1630–1635 ergeben.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 04.11. - 10.11.2020

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