(Florenz 1503–1577)
Madonna mit Kind und Johannesknaben vor einer befestigten Stadt,
Öl auf Holz, 85,8 x 69,8 cm, gerahmt

Provenienz:
europäische Privatsammlung

Wir danken Heidi Hornik, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes vorgeschlagen hat.

Die vorliegende Komposition einer Madonna mit Kind und Johannesknaben erfreute sich großer Beliebtheit und wurde von der Werkstatt Michele Tosinis immer wieder umgesetzt, darunter in sich heute in öffentlichen Sammlungen befindlichen Fassungen. Besonders hervorhebenswert sind das Tosini zugeschriebene Bild der Sammlung De Cecco im Museo di Capodimonte in Neapel sowie eine weitere Version in der Pinacoteca Comunale di Castiglion Fiorentino in Arezzo.

Nach einer ersten Ausbildung bei Lorenzo di Credi und Antonio del Ceraiolo trat Michele Tosini in die Werkstatt Ridolfo del Ghirlandaios ein, der ihn adoptierte und dessen Namen er in der Folge annahm. In seinen Viten (1568) berichtet Giorgio Vasari, dass Michele zum engen Mitarbeiter Ridolfos heranwuchs und dass sie zusammen ein Unternehmen bildeten, in dem Tosini seinem Meister gleichgestellt war und zunächst dessen Stil übernahm. 1563 stand er Vasari bei der Gründung der Accademia di Disegno zur Seite; danach arbeiteten die beiden Künstler bei der Ausstattung des Salone dei Cinquecento im Palazzo Vecchio in Florenz zusammen. Unter dem Einfluss Vasaris übernahm Tosini Elemente aus dem Schaffen Michelangelos; zudem scheint er sich die emilianische Anmut des eleganten Malstils Parmigianinos angeeignet zu haben.

Tosinis Werkstatt war groß und erfolgreich. Es gehörten ihr sein Sohn Baccio Tosini, Francesco und Giovanni Brina, Andrea del Minga, Bartolomeo und Francesco Traballesi sowie Niccolò Betti an, die allesamt ähnliche Stilmerkmale aufwiesen. Zumal sich die Schüler streng an der Bildsprache des Meisters orientierten, fällt es schwer, Gemälde aus der Werkstatt auf der Piazza Strozzi einzelnen Künstlern zuzuweisen. Über die Bedeutung der Werkstatt berichtet Vincenzo Borghini, der sie 1565 neben jenen Vasaris und Bronzinos zu den größten und bekanntesten in Florenz zählte. Nach dem Tod Ridolfos im Jahr 1561 erhielt Tosini als Inhaber der Werkstatt Zahlungen für Werke, die er an seine Schüler delegierte, darunter Aufträge von den Florentiner Dominikanerklöstern San Marco und Santa Maria Novella.