(Venedig 1560–1635)
Versuchung des heiligen Antonius,
Öl auf Leinwand, 171 x 199,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Franco Semenzato & C. Sas, Venedig, 8. Dezember 1982, Lot 638 (als Domenico Tintoretto, mit falschen Maßangaben);
europäische Privatsammlung

Literatur:
P. Rossi, Per il catalogo di Domenico e Jacopo Tinoretto: novità e precisioni, in: Arte veneta, Bd. 55, 1999/II, S. 32–36, Abb. 6 (als Domenico Tintoretto);
P. Rossi, Disegni della bottega di Jacopo Tintoretto, in: Arte veneta, Bd. 68, 2012, Erwähnung auf S. 57f. (als Domenico Tintoretto)

Wir danken Giorgio Fossaluzza für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Werks.

Dieses Gemälde veranschaulicht die Erfindungsgabe und die malerischen Qualitäten von Domenico Tintorettos fortgeschrittenem Stil nach dem Tod seines Vaters Jacopo Tintoretto (Venedig 1518–1594). Es kann mit einer ansehnlichen Gruppe von „disegni pennellati“ (Pinselarbeiten in Öl auf Papier) im sogenannten „British Museum Album“ des Künstlers verglichen werden, wo der Künstler auf das Thema des vorliegenden Gemäldes wiederholt zurückkam. Das Album beinhaltet 20 Zeichnungen, auf denen der heilige Antonius von weiblichen Figuren in Versuchung geführt wird, sowie weitere 13 Blätter, auf welchen er von den Ungeheuern des Teufels gepeinigt wird (siehe S. Mason, in: Dal Pordenone a Palma il Giovane: devozione e pietà nel disegno del Cinquecento, Mailand 2000, S. 178f.; W. R. Rearick, Il disegno veneziano del Cinquecento, Mailand 2001, S. 206f., S. 236, Anm. 345).

Der Künstler hat sich mit dem Thema seine ganze Laufbahn hindurch wiederholt beschäftigt und mit der Komposition experimentiert. Kein anderes Sujet in seinem riesigen Werkkorpus erweckte sein Interesse in vergleichbarer Intensität. Es fordert einen schroffen Realismus, der zum Hässlichen und zu einer fast bewussten Ablehnung des Schönen neigt, sodass die erotischen Passagen in einer Reihe dynamischer Kontraste aufgehen.

Ein weiteres Gemälde mit denselben Maßen (mit heute unbekanntem Aufbewahrungsort), Christus erscheint Antonius dem Großen und vertreibt die Teufel der Versuchung, wurde in derselben Auktion des Jahres 1982 zum Verkauf angeboten (siehe P. Rossi 1999/II, S. 36, Abb. 9).

Giorgio Fossaluzza hat eine Datierung des vorliegenden Gemäldes an den Anfang des 17. Jahrhunderts und damit in eine Periode vorgeschlagen, als sich der Künstler wiederholt dem Sujet der Versuchung des heiligen Antonius widmete (siehe C. Ridolfi, Le maraviglie dell’arte, Bd. II, Venedig 1648, S. 259).