(Bologna 1638–1665)
Lesende Muttergottes,
Öl auf Leinwand, 94 x 76 cm, gerahmt

Literatur:
A. Modesti, Elisabetta Sirani, London 2022 (in Vorbereitung)

Wir danken Adelina Modesti, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes bestätigt hat.

Elisabetta Sirani war die Tochter von Giovanni Andrea Sirani (1610–1670), der sie in Malerei, Zeichnung und Druckgrafik unterrichtete. Um 1662 stieg Elisabetta zur Spitze der Werkstatt ihres Vaters auf und wurde eine der innovativsten und einflussreichsten Künstlerinnen der bolognesischen Schule. Zu ihren Schülern gehörte Ginevra Cantofoli (1612–1672), mit der sie zusammenarbeitete. Trotz ihres frühen Todes wurde Elisabetta innerhalb einer jüngeren Generation von Bologneser Malern eine wichtige Figur bei der Verbreitung des von Guido Reni geprägten klassischen Barockstils. Zudem darf aber ihr eigener unverwechselbarer Stil nicht übersehen werden.

Elisabetta Siranis Gemälde zeigen eine breite Pinselführung und eine reiche neovenezianische Farbpalette, die mit tiefen Schatten einhergeht. Ihre außergewöhnliche Geschwindigkeit bei der Ausführung ihrer Werke erlaubte es ihr, in nur wenigen Jahren an die zweihundert Leinwände und eine nennenswerte Zahl an Kupferstichen, Zeichnungen und Aquarellskizzen fertigzustellen. Die Künstlerin erhielt zahlreiche öffentliche Aufträge, und ihre Andachtsbilder mit Madonnen, der Heiligen Familie und Heiligen waren bei privaten Sammlern sehr gesucht. Sirani führte ein Verzeichnis ihrer Gemälde in der Art eines Arbeitstagebuchs, das nach ihrem Tod von Malvasia in seinen Felsina Pittrice (1678; Nota delle pitture fatte da me Elisabetta Sirani) veröffentlicht wurde. Ausgehend von diesem Verzeichnis ist es möglich, das Ausmaß und die Vielfalt ihrer Produktion zu ermessen und auf ihr Netzwerk von Sammlern und Auftraggebern zu schließen. Siranis Arbeiten waren nicht nur bei geistlichen Einrichtungen und der Aristokratie Bolognas hochgeschätzt, sondern auch bei Herrschern in Italien und Europa, darunter den Medici und dem König von Polen.