(Nürnberg um 1580–1617)
Darbringung im Tempel,
signiert und datiert vorne auf dem Podest links unten: Harrich 1615,
Öl auf Holz, 97 x 97,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Buenos Aires

Wir danken Rainer Stüwe, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes bestätigt hat (schriftliche Mitteilung), für seine Hilfe bei der Katalogisierung des Werks.

Bei dem bis dato unbekannten Gemälde handelt es sich um eine bedeutende Ergänzung zum Oeuvre des Künstlers.

Die Komposition beruht auf einem Holzschnitt Albrecht Dürers von 1504/05.Sie wurde hier jedoch vereinfacht, indem sie weniger einander überlagernde Figuren zeigt. Es wurde mehr Nachdruck auf ornamentale Details gelegt, etwa auf den über den Altar gebreiteten Teppich im Vordergrund oder die Darstellung des Hintergrundes, der links den Eindruck eines weiter in die Tiefe rückenden Raumes vermittelt.

Die Darbringung Jesu im Tempel ist in einem Raum angesiedelt, dessen Decke von schwarzen Marmorsäulen getragen wird; links erkennt man das Hauptgebäude. Die Gottesmutter kniet mit dem Rücken zur geöffneten Seite vor dem Altar und überreicht mit beiden Händen die Opfergabe in Form von zwei Tauben in einem kleinen Käfig. Der Altar ist mit einem Teppich und einem darübergebreiteten weißen Tuch bedeckt. Auf der anderen Seite des Altars steht der Hohepriester mit langem Bart, auffällig goldenem Gewand und hoher Kopfbedeckung, welche an die Mitra eines Bischofs erinnert, und bringt das Kind dar. Ein mit einer goldenen Menora geschmücktes weißes Tuch hängt oberhalb des Hohepriesters von der Decke herab. Hinter dem Altar reihen sich mehrere Figuren aneinander. Der alte Mann neben Josef ist Simeon, die alte Frau mit weißem Kopftuch im grauen Mantel ist die Prophetin Anna. Ganz links lehnt sich der Apostel Lukas gegen ein Pult, auf dem er ein aufgestelltes Buch festhält.

Harrich gilt als einer der bedeutendsten Meister unter Albrecht Dürers Nürnberger Kopisten der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Harrichs Stil zeichnete sich durch eine karikaturhafte Überzeichnung der Kopftypen aus, wobei er auffällige Merkmale von Dürer übernahm. Ein Beispiel im vorliegenden Werk ist das Haupt Simeons rechts von Josef, das aus der Mitteltafel von Dürers Heller-Altar in Frankfurt übernommen wurde. Der Kopf des Apostels Lukas im vorliegenden Werk erscheint seitenverkehrt zu dem berühmten Motiv des knienden Apostels im Heller-Altar mit den dem Betrachter zugewandten Fußsohlen. Jobst Harrich schuf 1611 eine Kopie des Frankfurter Altarbildes, das gegen das Original ausgetauscht wurde, welches an Herzog Maximilian I. von Bayern verkauft wurde.