Lot Nr. 20


Jacopo di Giovanni di Francesco, gen. Jacone


Jacopo di Giovanni di Francesco, gen. Jacone - Alte Meister I

(Florenz 1495–1554)
Bildnis des Lodovico Martelli (1503–1531) als Dreiviertelfigur,
bezeichnet auf dem Blatt links unten: Ludovicus Martellius / Poeta,
Öl auf Holz, 96,5 x 74,5 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Palazzo Strozzi, Florenz (lt. Literatur);
Sammlung Torrigiani, Florenz (lt. Fototeca Zeri);
Sammlung Vitetti, Rom, ab ca. 1957 (lt. Fototeca Zeri);
Auktion, Sotheby’s, Florenz, 29. September 1983, Lot 212 (als Tommaso di Stefano Lunetti);
Sammlung Vitetti, Rom;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
F. M. Clapp, Jacopo Carucci da Pontormo: His Life and Work, New Haven 1916, S. 202, ohne Abb. (als Replik);
P. Costamagna, Pontormo, Mailand 1994, S. 289, Kat.-Nr. A. 43.1, ohne Abb. (als Replik)

Das vorliegende Gemälde ist in der Fototeca Zeri unter Nr. 35891 verzeichnet (als „Anonimo fiorentino del XVI secolo“).

Wir danken Philippe Costamagna, der die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie vorgeschlagen hat.

Das vorliegende Gemälde bezieht sich auf Pontormos Porträt im Palazzo Vecchio in Florenz (Öl auf Holz, 87 x 73 cm). Laut Costamagna handelt es sich womöglich um das bei Clapp zitierte Werk, das sich einst im Palazzo Strozzi befand (siehe Literatur).

Jacone, dessen Bildsprache sich im Einklang mit der für die florentinische Bildnismalerei des 16. Jahrhunderts typischen nüchternen und gut ausgeleuchteten Darstellung von Aristokraten befindet, hat hier Lodovico Martellis nach innen gewandte, nachdenkliche Züge genau studiert. Die Bildfläche wird zur Gänze von der Figur eingenommen, wobei diese nicht in Form des traditionelleren Brustbildes wiedergegeben ist, sondern die Hände und der Körper bis hinunter zur Taille mit einbezogen werden, wie auch bei Jacones vergleichbarem Porträt einer jungen Frau in den Uffizien in Florenz (Inv.-Nr. 0900194015).

Zusätzlich zur Inschrift auf dem Blatt, die bei Pontormo fehlt, bestätigen die Lorbeerzweige, die Papierbögen, eine Feder und ein Tintenfass – allesamt Symbole der Dichtkunst – die Identität des Dargestellten. Lodovico Martelli entstammte einer sich gegen die Medici stellenden Adelsfamilie. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er im Exil als Gast von Alfonso d’Avalos und starb als Gefangener in Genua bereits 1531 im Alter von 28 Jahren. Als gebildeter Gelehrter schrieb er Gedichte und beteiligte sich mit seinem Discorso sulla lingua am philologischen Disput über die italienische Sprache. Costamagna zufolge ist zu vermuten, dass Pontormos Porträt im Palazzo Vecchio posthum und somit nach 1531 entstanden ist.

Ein Porträt Lodovico Martellis war auch Teil der berühmten Serie der Porträts Illustrer Männer, die Paolo Giovio (um 1483–1552) für seine Sammlung in der Villa Museaeum am Comer See zusammentrug. Um 1552 fertigte Cristofano dell’Altissimo eine Replik desselben an. Der Künstler war von Cosimo I. de’ Medici entsendet worden, um die Porträtsammlung zu kopieren. Sie wurde nach Florenz geschickt und wird heute in den Uffizien aufbewahrt (Inv.-Nr. 0900294039).

Jacone gehörte zu den erfindungsreichsten Künstlern, die aus der Werkstatt Andrea del Sartos hervorgingen (in der auch Pontormo ein- und ausging). Er blieb dort bis zum Tod des Meisters im Jahr 1530. Obgleich seine Identität nicht so genau fassbar ist wie die von manchen seiner Zeitgenossen, war Jacone Giorgio Vasari gut bekannt. Dieser beschrieb seine zügellose Lebensweise und seine fantastischen Fähigkeiten als Grafiker im Detail (Le Vite de’ più eccellenti Pittori Scultori ed Architettori, Bd. VI, hg. von G. Mailandesi, Florenz 1881, S. 450f.). Vasari zufolge besuchte Jacone um 1523/1524 Rom. Seine Arbeiten sind eher selten, und er scheint eine starke Affinität für die manieristische Auffassung Pontormos gehabt zu haben, der jener Gruppe von Künstlern vorstand, die 1536 die Loggia der Villa Medici in Careggi freskierte.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

Jacopo di Giovanni di Francesco, gen. Jacone


(Florenz 1495–1554)
Bildnis des Lodovico Martelli (1503–1531) als Dreiviertelfigur,
bezeichnet auf dem Blatt links unten: Ludovicus Martellius / Poeta,
Öl auf Holz, 96,5 x 74,5 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Palazzo Strozzi, Florenz (lt. Literatur);
Sammlung Torrigiani, Florenz (lt. Fototeca Zeri);
Sammlung Vitetti, Rom, ab ca. 1957 (lt. Fototeca Zeri);
Auktion, Sotheby’s, Florenz, 29. September 1983, Lot 212 (als Tommaso di Stefano Lunetti);
Sammlung Vitetti, Rom;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
F. M. Clapp, Jacopo Carucci da Pontormo: His Life and Work, New Haven 1916, S. 202, ohne Abb. (als Replik);
P. Costamagna, Pontormo, Mailand 1994, S. 289, Kat.-Nr. A. 43.1, ohne Abb. (als Replik)

Das vorliegende Gemälde ist in der Fototeca Zeri unter Nr. 35891 verzeichnet (als „Anonimo fiorentino del XVI secolo“).

Wir danken Philippe Costamagna, der die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie vorgeschlagen hat.

Das vorliegende Gemälde bezieht sich auf Pontormos Porträt im Palazzo Vecchio in Florenz (Öl auf Holz, 87 x 73 cm). Laut Costamagna handelt es sich womöglich um das bei Clapp zitierte Werk, das sich einst im Palazzo Strozzi befand (siehe Literatur).

Jacone, dessen Bildsprache sich im Einklang mit der für die florentinische Bildnismalerei des 16. Jahrhunderts typischen nüchternen und gut ausgeleuchteten Darstellung von Aristokraten befindet, hat hier Lodovico Martellis nach innen gewandte, nachdenkliche Züge genau studiert. Die Bildfläche wird zur Gänze von der Figur eingenommen, wobei diese nicht in Form des traditionelleren Brustbildes wiedergegeben ist, sondern die Hände und der Körper bis hinunter zur Taille mit einbezogen werden, wie auch bei Jacones vergleichbarem Porträt einer jungen Frau in den Uffizien in Florenz (Inv.-Nr. 0900194015).

Zusätzlich zur Inschrift auf dem Blatt, die bei Pontormo fehlt, bestätigen die Lorbeerzweige, die Papierbögen, eine Feder und ein Tintenfass – allesamt Symbole der Dichtkunst – die Identität des Dargestellten. Lodovico Martelli entstammte einer sich gegen die Medici stellenden Adelsfamilie. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er im Exil als Gast von Alfonso d’Avalos und starb als Gefangener in Genua bereits 1531 im Alter von 28 Jahren. Als gebildeter Gelehrter schrieb er Gedichte und beteiligte sich mit seinem Discorso sulla lingua am philologischen Disput über die italienische Sprache. Costamagna zufolge ist zu vermuten, dass Pontormos Porträt im Palazzo Vecchio posthum und somit nach 1531 entstanden ist.

Ein Porträt Lodovico Martellis war auch Teil der berühmten Serie der Porträts Illustrer Männer, die Paolo Giovio (um 1483–1552) für seine Sammlung in der Villa Museaeum am Comer See zusammentrug. Um 1552 fertigte Cristofano dell’Altissimo eine Replik desselben an. Der Künstler war von Cosimo I. de’ Medici entsendet worden, um die Porträtsammlung zu kopieren. Sie wurde nach Florenz geschickt und wird heute in den Uffizien aufbewahrt (Inv.-Nr. 0900294039).

Jacone gehörte zu den erfindungsreichsten Künstlern, die aus der Werkstatt Andrea del Sartos hervorgingen (in der auch Pontormo ein- und ausging). Er blieb dort bis zum Tod des Meisters im Jahr 1530. Obgleich seine Identität nicht so genau fassbar ist wie die von manchen seiner Zeitgenossen, war Jacone Giorgio Vasari gut bekannt. Dieser beschrieb seine zügellose Lebensweise und seine fantastischen Fähigkeiten als Grafiker im Detail (Le Vite de’ più eccellenti Pittori Scultori ed Architettori, Bd. VI, hg. von G. Mailandesi, Florenz 1881, S. 450f.). Vasari zufolge besuchte Jacone um 1523/1524 Rom. Seine Arbeiten sind eher selten, und er scheint eine starke Affinität für die manieristische Auffassung Pontormos gehabt zu haben, der jener Gruppe von Künstlern vorstand, die 1536 die Loggia der Villa Medici in Careggi freskierte.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022

Warum bei myDOROTHEUM registrieren?

Die kostenlose Registrierung bei myDOROTHEUM ermöglicht Ihnen die komplette Nutzung folgender Funktionen:

Katalog Benachrichtigungen sobald ein neuer Auktionskatalog online ist.
Auktionstermin Erinnerung zwei Tage vor Auktionsbeginn.
Mitbieten Bieten Sie auf Ihre Lieblingsstücke und ersteigern Sie neue Meisterwerke!
Suchservice Sie suchen nach einem bestimmten Künstler oder einer bestimmten Marke? Speichern Sie Ihre Suche ab und werden Sie automatisch informiert, sobald diese in einer Auktion angeboten werden!