Lot Nr. 225 -


Sigmar Polke *


Sigmar Polke * - Zeitgenössische Kunst I

(Oels/Niederschlesien 1942-2010 Köln)
Ohne Titel, 1994, auf der Rückseite signiert, zweimal datiert S. Polke 94, Naturharz und Pigmente (Malachit, Lapislazuli und Realgar) auf Leinwand, 95 x 75 cm, gerahmt

Wir danken Michael Trier, Köln, für die wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung des vorliegenden Werkes.

Provenienz:
Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen – direkt vom Künstler
Van Ham Kunstauktionen, Köln, 01. Dezember 2021, Los 301 - dort vom jetzigen Besitzer erworben

Sigmar Polke hat uns ein umfangreiches Oeuvre hinterlassen, in dessen Mittelpunkt in erster Linie sein unbändiges Interesse an Farbe steht. Die Herstellung der Farben war für den häufig als Alchemisten bezeichneten Künstler von großer Bedeutung und er wollte sie von Grund auf erforschen. Mit Hilfe modernster Techniken und Motive suchte er ständig, teils auch mit viel Ironie, nach dem Ursprung der Malerei. Die Kunst sei ein Experiment mit offenem Ausgang und er, der Künstler, müsse der materiellen Welt mit seinen Werken die verborgene Schönheit entlocken.

Seit Anfang der 1970er-Jahre beschäftigte sich Polke mit den sog. „Schüttbildern“, Farbproben und „Probierbildern“, in welchen das kalkulierte Chaos zum gestalterischen Prinzip erhoben wird. 10 Jahre später zeigte Polkes Malerei eine Veränderung, „die in Zusammenhang mit den Arbeiten für die Ausstellung Zeitgeist 1982, für die Documenta 7 im gleichen Jahr viel diskutiert wurde und in seinem Beitrag für den deutschen Pavillon der 42. Biennale von Venedig (1986) einen Höhepunkt fand. Die Figuration tritt zurück zugunsten der stärker gestisch und prozesshaft eingesetzten Farben, ihren satten oder schleierartigen Überlagerungen und Verschmelzungen.“
(Katharina Schmidt, zit. nach: Ausst. Kat. Sigmar Polke – Zeichnungen, Aquarelle, Skizzenbücher 1962 – 1988, Kunstmuseum Bonn 1988, S. 194)

Das hier angebotene Werk aus dem Jahr 1994 steht in der Tradition der Farbproben der 1970er-Jahre und bezieht sich malerisch auf die Farbtafeln von 1992, die sich im Stedelijk Museum in Amsterdam befinden. Die Darstellung der vorliegenden Arbeit ist sehr malerisch und erinnert insgesamt an die Wandmalerei auf der Biennale von Venedig (1986), für die Sigmar Polke im selben Jahr mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde.

Für das hier angebotene Werk mischte der Künstler insgesamt drei Farbstoffe mit Naturharz und brachte diese auf die Leinwand. Im unteren Bereich dominiert das Ultramarinblau des dunkelblauen Halbedelsteins Lapislazuli. Lapislazuli gehört zu den ältesten Pigmentrohsteinen überhaupt und wurde schon in prähistorischer Zeit in Europa als Farbstein verwendet. Für den oberen Bildbereich verwendete Polke das pulverisierte Pigment des Halbedelsteins Malachit. Je gröber die Körnung, umso intensiver die Nuance des Farbtons. Bereits in der Antike war das Pigment des Malachits als kaltes Grün für Wandmalereien geschätzt. In der Renaissance wurde es auch in der Tafelmalerei eingesetzt. Neben grünen Erden war Malachit das wichtigste grüne Pigment vergangener Zeiten bis zum 18. Jahrhundert. Linksseitig im mittleren Bereich der Leinwand malte Polke ein Oval mit dem chemischen Pigment Realgar. Realgar, auch Rauschrot oder Opperment genannt, hat einen wechselnden Farbton, welcher vom Mahlgrad des Pigments abhängt. Die dunkleren Nuancen liegen bei einem Orangerot, die helleren bei einem Gelborange, wie in diesem Gemälde zu sehen. Obwohl es moderne Alternativen gibt, scheint es für Polke höchst interessant gewesen zu sein, die Farben und Pigmente der alten Meister mit dem Bewusstsein der Neuzeit zu verarbeiten.

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
+49 211 2107747

petra.schaepers@dorotheum.de

30.11.2022 - 18:00

Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 90.000,-

Sigmar Polke *


(Oels/Niederschlesien 1942-2010 Köln)
Ohne Titel, 1994, auf der Rückseite signiert, zweimal datiert S. Polke 94, Naturharz und Pigmente (Malachit, Lapislazuli und Realgar) auf Leinwand, 95 x 75 cm, gerahmt

Wir danken Michael Trier, Köln, für die wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung des vorliegenden Werkes.

Provenienz:
Privatsammlung, Nordrhein-Westfalen – direkt vom Künstler
Van Ham Kunstauktionen, Köln, 01. Dezember 2021, Los 301 - dort vom jetzigen Besitzer erworben

Sigmar Polke hat uns ein umfangreiches Oeuvre hinterlassen, in dessen Mittelpunkt in erster Linie sein unbändiges Interesse an Farbe steht. Die Herstellung der Farben war für den häufig als Alchemisten bezeichneten Künstler von großer Bedeutung und er wollte sie von Grund auf erforschen. Mit Hilfe modernster Techniken und Motive suchte er ständig, teils auch mit viel Ironie, nach dem Ursprung der Malerei. Die Kunst sei ein Experiment mit offenem Ausgang und er, der Künstler, müsse der materiellen Welt mit seinen Werken die verborgene Schönheit entlocken.

Seit Anfang der 1970er-Jahre beschäftigte sich Polke mit den sog. „Schüttbildern“, Farbproben und „Probierbildern“, in welchen das kalkulierte Chaos zum gestalterischen Prinzip erhoben wird. 10 Jahre später zeigte Polkes Malerei eine Veränderung, „die in Zusammenhang mit den Arbeiten für die Ausstellung Zeitgeist 1982, für die Documenta 7 im gleichen Jahr viel diskutiert wurde und in seinem Beitrag für den deutschen Pavillon der 42. Biennale von Venedig (1986) einen Höhepunkt fand. Die Figuration tritt zurück zugunsten der stärker gestisch und prozesshaft eingesetzten Farben, ihren satten oder schleierartigen Überlagerungen und Verschmelzungen.“
(Katharina Schmidt, zit. nach: Ausst. Kat. Sigmar Polke – Zeichnungen, Aquarelle, Skizzenbücher 1962 – 1988, Kunstmuseum Bonn 1988, S. 194)

Das hier angebotene Werk aus dem Jahr 1994 steht in der Tradition der Farbproben der 1970er-Jahre und bezieht sich malerisch auf die Farbtafeln von 1992, die sich im Stedelijk Museum in Amsterdam befinden. Die Darstellung der vorliegenden Arbeit ist sehr malerisch und erinnert insgesamt an die Wandmalerei auf der Biennale von Venedig (1986), für die Sigmar Polke im selben Jahr mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde.

Für das hier angebotene Werk mischte der Künstler insgesamt drei Farbstoffe mit Naturharz und brachte diese auf die Leinwand. Im unteren Bereich dominiert das Ultramarinblau des dunkelblauen Halbedelsteins Lapislazuli. Lapislazuli gehört zu den ältesten Pigmentrohsteinen überhaupt und wurde schon in prähistorischer Zeit in Europa als Farbstein verwendet. Für den oberen Bildbereich verwendete Polke das pulverisierte Pigment des Halbedelsteins Malachit. Je gröber die Körnung, umso intensiver die Nuance des Farbtons. Bereits in der Antike war das Pigment des Malachits als kaltes Grün für Wandmalereien geschätzt. In der Renaissance wurde es auch in der Tafelmalerei eingesetzt. Neben grünen Erden war Malachit das wichtigste grüne Pigment vergangener Zeiten bis zum 18. Jahrhundert. Linksseitig im mittleren Bereich der Leinwand malte Polke ein Oval mit dem chemischen Pigment Realgar. Realgar, auch Rauschrot oder Opperment genannt, hat einen wechselnden Farbton, welcher vom Mahlgrad des Pigments abhängt. Die dunkleren Nuancen liegen bei einem Orangerot, die helleren bei einem Gelborange, wie in diesem Gemälde zu sehen. Obwohl es moderne Alternativen gibt, scheint es für Polke höchst interessant gewesen zu sein, die Farben und Pigmente der alten Meister mit dem Bewusstsein der Neuzeit zu verarbeiten.

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 30.11.2022 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 22.11. - 30.11.2022

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