Lot Nr. 85


Gregorio de Ferrari


Gregorio de Ferrari - Alte Meister

(Porto Maurizio 1644–1726 Genua)
Caritas Romana,
Öl auf Leinwand, 184 x 246 cm, ungerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung des Marchese Giuseppe Maria Durazzo (1685–1770), Genua;
Privatsammlung, Turin;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer in den 1970er-Jahren

Wir danken Anna Orlando, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes vorgeschlagen hat, für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des Lots.

Das vorliegende Leinwandbild stellt eine Episode der Caritas Romana dar, die im Werk Factorum et dictorum memorabilium libri IX des römischen Historiografen Valerius Maximus erzählt wird. Dieser Geschichte zufolge wurde der alte Mann Cimon ins Gefängnis geworfen und zum Tod durch Verhungern verurteilt. Heimlich wurde er von seiner Tochter Pero verpflegt, wodurch er am Leben gehalten wurde, bis sie die von Mitleid ergriffenen Wächter überzeugen konnte, ihn zu befreien. Die Geschichte, die Giovanni Boccaccio im 14. Jahrhundert in sein Dekameron aufnahm, erlangte im 17. Jahrhundert dank eines Altarbildes mit diesem Thema neuerliche Popularität, das Caravaggio als Teil des Zyklus Die sieben Werke der Nächstenliebe für die Kirche des Pio Monte della Misericodia in Neapel (1606–1607) gemalt hatte.

Gregorio de Ferraris Stil ist sowohl in der Tafelmalerei als auch im Fresko ob seiner Formenvielfalt und Farbpalette bemerkenswert, was den Künstler als ersten großen Vertreter des Genueser Rokokos ausweist. Im vorliegenden Gemälde Caritas Romana der frühen Jahre seiner künstlerischen Tätigkeit sind die Figuren von Cimon und Pero bis zum Äußersten gelängt, was annehmen lässt, dass das Gemälde vom Künstler so konzipiert wurde, dass es im oberen Teil einer hohen Wand angebracht und von unten betrachtet werden sollte. Die pyramidale Komposition und der sich schlängelnde Faltenwurf der Draperie, der mit besonders dick aufgetragener Farbe konturiert wurde, tragen zum Aufbau dieser kühnen Raumkomposition bei.

Möglicherweise handelt es sich bei dem vorliegenden Bild um ein Gemälde, das 1719 in der Sammlung des Genueser Adeligen Giuseppe Maria Durazzo (1685–1770) dokumentiert ist. Das Inventarverzeichnis der Ausstattung der Villa di San Bartolomeo degli Armeni nennt eine „Caritas Romana von Gregorio de Ferrari“, von der es auch eine kleinere Fassung gibt und von der man bisher annahm, dass es sich dabei um das im Inventarverzeichnis erwähnte Bild handelt (M. Newcome Schleier, Gregorio de Ferrari, Turin 1998, Kat.-Nr. 73, S. 95f). Sein beträchtlicher Wert, der im Inventarverzeichnis mit 50 Lira angegeben wurde, lässt aber ein entschieden größeres Gemälde wie etwa das vorliegende Beispiel annehmen.

Der junge Ferrari kam nach Genua, um Jura zu studieren, orientierte sich aber bald um, um sich der Malerei zu widmen. 1664 trat er in die Werkstatt von Domenico Fiasella, gen. Sarzana ein. Gegen Ende der 1660er-Jahre reiste er nach Parma, wo er die Werke Correggios studierte und kopierte. Nach seiner Rückkehr nach Genua 1671 begann der Künstler seine lange und produktive Zusammenarbeit mit Domenico Piola, dessen Tochter er auch heiratete. Gemeinsam mit seinem Schwiegervater wirkte Gregorio an den bedeutendsten Projekten seiner Zeit in Genua mit und arbeitete sowohl für Kirchen als auch für Paläste des Adels. Zu den wesentlichsten Werken, welche die beiden Maler ab 1686 gemeinsam ausführten, zählen die Freskenausstattungen im Piano nobile des Palastes von Giovanni Francesco I. Brignole-Sale, der heute als Palazzo Rosso bekannt ist.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

03.05.2023 - 18:00

Schätzwert:
EUR 150.000,- bis EUR 200.000,-

Gregorio de Ferrari


(Porto Maurizio 1644–1726 Genua)
Caritas Romana,
Öl auf Leinwand, 184 x 246 cm, ungerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung des Marchese Giuseppe Maria Durazzo (1685–1770), Genua;
Privatsammlung, Turin;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer in den 1970er-Jahren

Wir danken Anna Orlando, die die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes vorgeschlagen hat, für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des Lots.

Das vorliegende Leinwandbild stellt eine Episode der Caritas Romana dar, die im Werk Factorum et dictorum memorabilium libri IX des römischen Historiografen Valerius Maximus erzählt wird. Dieser Geschichte zufolge wurde der alte Mann Cimon ins Gefängnis geworfen und zum Tod durch Verhungern verurteilt. Heimlich wurde er von seiner Tochter Pero verpflegt, wodurch er am Leben gehalten wurde, bis sie die von Mitleid ergriffenen Wächter überzeugen konnte, ihn zu befreien. Die Geschichte, die Giovanni Boccaccio im 14. Jahrhundert in sein Dekameron aufnahm, erlangte im 17. Jahrhundert dank eines Altarbildes mit diesem Thema neuerliche Popularität, das Caravaggio als Teil des Zyklus Die sieben Werke der Nächstenliebe für die Kirche des Pio Monte della Misericodia in Neapel (1606–1607) gemalt hatte.

Gregorio de Ferraris Stil ist sowohl in der Tafelmalerei als auch im Fresko ob seiner Formenvielfalt und Farbpalette bemerkenswert, was den Künstler als ersten großen Vertreter des Genueser Rokokos ausweist. Im vorliegenden Gemälde Caritas Romana der frühen Jahre seiner künstlerischen Tätigkeit sind die Figuren von Cimon und Pero bis zum Äußersten gelängt, was annehmen lässt, dass das Gemälde vom Künstler so konzipiert wurde, dass es im oberen Teil einer hohen Wand angebracht und von unten betrachtet werden sollte. Die pyramidale Komposition und der sich schlängelnde Faltenwurf der Draperie, der mit besonders dick aufgetragener Farbe konturiert wurde, tragen zum Aufbau dieser kühnen Raumkomposition bei.

Möglicherweise handelt es sich bei dem vorliegenden Bild um ein Gemälde, das 1719 in der Sammlung des Genueser Adeligen Giuseppe Maria Durazzo (1685–1770) dokumentiert ist. Das Inventarverzeichnis der Ausstattung der Villa di San Bartolomeo degli Armeni nennt eine „Caritas Romana von Gregorio de Ferrari“, von der es auch eine kleinere Fassung gibt und von der man bisher annahm, dass es sich dabei um das im Inventarverzeichnis erwähnte Bild handelt (M. Newcome Schleier, Gregorio de Ferrari, Turin 1998, Kat.-Nr. 73, S. 95f). Sein beträchtlicher Wert, der im Inventarverzeichnis mit 50 Lira angegeben wurde, lässt aber ein entschieden größeres Gemälde wie etwa das vorliegende Beispiel annehmen.

Der junge Ferrari kam nach Genua, um Jura zu studieren, orientierte sich aber bald um, um sich der Malerei zu widmen. 1664 trat er in die Werkstatt von Domenico Fiasella, gen. Sarzana ein. Gegen Ende der 1660er-Jahre reiste er nach Parma, wo er die Werke Correggios studierte und kopierte. Nach seiner Rückkehr nach Genua 1671 begann der Künstler seine lange und produktive Zusammenarbeit mit Domenico Piola, dessen Tochter er auch heiratete. Gemeinsam mit seinem Schwiegervater wirkte Gregorio an den bedeutendsten Projekten seiner Zeit in Genua mit und arbeitete sowohl für Kirchen als auch für Paläste des Adels. Zu den wesentlichsten Werken, welche die beiden Maler ab 1686 gemeinsam ausführten, zählen die Freskenausstattungen im Piano nobile des Palastes von Giovanni Francesco I. Brignole-Sale, der heute als Palazzo Rosso bekannt ist.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 03.05.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 22.04. - 03.05.2023

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