(Reutlingen 1854–1920 München)
Markt an der Porta Capuana, Neapel, signiert, datiert P. W. Keller Reutlingen, München 1889, Öl auf Leinwand, 45 x 64 cm, gerahmt

Die Porta Capuana war einst ein Teil der im 15. Jahrhundert erbauten Stadtmauern um Neapel. Nach dem Abriss der Mauern blieb das Renaissance-Portal als freistehendes Bauwerk erhalten. Der italienische Architekt und Bildhauer Giuliano da Maiano kombinierte in diesem Bau die Verteidigungsabsicht mit der Idee eines römischen Triumphbogens.
Die beiden massiven Türme, von denen im vorliegenden Werk nur der linke teilweise sichtbar ist, stehen für die Ehre und die Tugend. Über dem Portal aus Carrara-Marmor befand sich noch im 19. Jahrhundert eine Ädikula mit einer Marien- und Heiligendarstellung. Diese wurde im 17. Jahrhundert errichtet, um die Stadt vor einer schweren Pestepidemie zu schützen. Der Verbleib dieses Bauteiles ist ungewiss; auf dem Gemälde ist es noch gut zu erkennen. Rechts neben dem Portal überragt die - heute in einem hellen Grau gehaltene - Kuppel der Chiesa di Santa Caterina a Formiello die Szenerie des lebhaften Markttreibens.
Paul Wilhelm Keller-Reutlingen, der den Namen seiner württembergischen Heimatstadt Reutlingen übernahm, erlernte zunächst die verschiedenen Druckverfahren mit hölzernen Druckstöcken (Xylographie). Nach seinem Studium an der Stuttgarter Kunstschule setzte er seine Ausbildung bis 1874 an der Königlichen Akademie der Künste in München fort. Eine ausgedehnte Italienreise führte Keller-Reutlingen im Jahre 1879 nach Rom, Florenz, Neapel und Venedig. 1893 war er an der Gründung der Münchener Secession beteiligt, bevor er sechs Jahre später zum Professor ernannt wurde. Seine Werke wurden u.a. im Glaspalast ausgestellt und zeigen häufig idyllische Landschaften mit Gehöften im Hintergrund; italienische Motive bilden in seinem Oeuvre eher die Ausnahme.