Lot Nr. 31


Jacob de Backer


(Antwerpen um 1555–1585/90)
Anbetung der Hirten,
Öl auf Holz, 107,5 x 76 cm, ungerahmt

Provenienz:
europäische Privatsammlung

Wir danken Luuk Pijl, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des Lots.

Die biografischen Informationen zu Jacob de Backer sind sehr spärlich, was ihn zu einem der rätselhaftesten Maler des 16. Jahrhunderts macht. Man nimmt an, dass er um 1555 geboren wurde und zwischen 1585 und 1590 starb. Er war einer der wichtigsten manieristischen Meister Antwerpens und nahm eine feste Position zwischen der Generation des Frans Floris und des Rubens ein. Er war in den 1570er- und Anfang der 1580er-Jahre tätig. Obwohl man davon ausgeht, dass er früh, im Alter von etwa 30 Jahren, starb, war er doch überaus produktiv, und es wird ihm ein umfangreiches Werk zugeschrieben.

Karel van Mander, die unverzichtbare Quelle für die Malerei des 16. Jahrhunderts, berichtet in seinem 1604 in Haarlem erschienenen Schilderboeck (fol. 231f.), dass de Backer als kleiner Junge von seinem Vater, der ebenfalls Maler war und wegen eines drohenden Gerichtsverfahrens aus Antwerpen fliehen musste, zurückgelassen wurde. Van Mander zufolge arbeitete der junge Jacob de Backer in der Werkstatt des Malers und Kunsthändlers italienischer Herkunft Antonio van Palermo. Später trat er in die Werkstatt von Hendrick van Steenwijck dem Älteren ein. Van Mander behauptet, dass Palermo ihm einen so heftigen Stoß versetzte, dass der junge de Backer im Alter von 30 Jahren in den Armen der Tochter seines Meisters verschied. Er weist darauf hin, dass dies schon lange zurücklag, vermutlich bevor van Steenwijck Antwerpen 1586 verließ. Wenn dies stimmt, liegt der Todeszeitpunkt de Backers vor 1586.

Über Ausbildung des Künstlers ist wenig bekannt. Seltsamerweise gibt es keine Aufzeichnungen darüber, dass er jemals Meister der Antwerpener Lukasgilde wurde. Sein Werk zeigt zwar einen starken Einfluss des römischen und florentinischen Manierismus, insbesondere des Stils Giorgio Vasaris, doch ist nicht belegt, dass de Backer eine Italienreise unternahm, wie es viele seiner flämischen Zeitgenossen taten. Sein Werk ist darüber hinaus stark von den vielfigurigen Kompositionen Frans Floris’ beeinflusst. Viele seiner Kompositionen beschäftigen sich mit komplexen allegorischen Themen. Dies wurde als Beweis dafür gedeutet, dass der Künstler eine humanistische Bildung genossen hatte und seine Mäzene aus der gebildeten Klasse Antwerpens stammten. Leider konnte keines der von Karel van Mander im Schilderboeck erwähnten Bilder mit Sicherheit identifiziert werden, und kein dem Meister zugeschriebenes Gemälde bzw. keine ihm zugeschriebene Zeichnung ist signiert.

Nur drei bekannte Bilder lassen sich anhand ihrer Provenienz in das 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Es handelt sich um zwei Versionen eines Jüngsten Gerichts – die eine für das Grabmal des Antwerpener Malers Pieter Goetkind und die andere für das Grabmal des berühmten Antwerpener Druckers und Verlegers Christophe Plantin, der 1589 verstarb. Die heute in der Antwerpener Kathedrale befindliche Version stammt von dem Grabmal Plantins. Man geht heute davon aus, dass die Seitenflügel dieses Bildes das Werk eines anderen Künstlers sind. Bei der für das Goetkind-Grabmal angefertigten Version handelt es sich möglicherweise um das Jüngste Gericht (um 1583), das kürzlich bei Christie’s, New York, versteigert wurde (28. Januar 2015, Lot 107, verkauft um US-Dollar 220.000).

Die Komposition der vorliegenden Christi Geburt ist durch eine weitere Version bekannt, die am 14. November 2015 bei Lempertz in Köln als Lot 1427 zusammen mit einem Gegenstück angeboten wurde. Das Pendant des Gemäldes in der Auktion von 2015 war eine Kreuzigung. Der Kunsthistoriker Justus Müller Hofstede vermutete 1973, dass die beiden Gemälde einst einem Zyklus von fünf allegorischen Werken De Backers mit Szenen aus dem Leben Jesu angehörten (Justus Müller Hofstede, Jacques de Backer. Ein Vertreter der Florentinish-Römischen Maniera in Antwerpen, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch, 35, 1973, S. 254, Anm. 1). Heute ist kein weiteres Gemälde aus dem Zyklus erhalten. Das vorliegende Gemälde ist insbesondere in der Ausführung der Kleidung und der Wiedergabe der Anatomie der 2015 angebotenen verwandten Version überlegen. Es muss also vor der Kölner Fassung entstanden sein. Es steht zu vermuten, dass auch die vorliegende Christi Geburt aus einer Serie von fünf Werken stammt und die anderen vier Gemälde heute verloren sind. Eine Datierung um 1575 scheint für das vorliegende Werk naheliegend, doch da es keine genauen Einblicke in die stilistische Entwicklung De Backers gibt, bleibt dies hypothetisch.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

25.10.2023 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 39.600,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Jacob de Backer


(Antwerpen um 1555–1585/90)
Anbetung der Hirten,
Öl auf Holz, 107,5 x 76 cm, ungerahmt

Provenienz:
europäische Privatsammlung

Wir danken Luuk Pijl, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des Lots.

Die biografischen Informationen zu Jacob de Backer sind sehr spärlich, was ihn zu einem der rätselhaftesten Maler des 16. Jahrhunderts macht. Man nimmt an, dass er um 1555 geboren wurde und zwischen 1585 und 1590 starb. Er war einer der wichtigsten manieristischen Meister Antwerpens und nahm eine feste Position zwischen der Generation des Frans Floris und des Rubens ein. Er war in den 1570er- und Anfang der 1580er-Jahre tätig. Obwohl man davon ausgeht, dass er früh, im Alter von etwa 30 Jahren, starb, war er doch überaus produktiv, und es wird ihm ein umfangreiches Werk zugeschrieben.

Karel van Mander, die unverzichtbare Quelle für die Malerei des 16. Jahrhunderts, berichtet in seinem 1604 in Haarlem erschienenen Schilderboeck (fol. 231f.), dass de Backer als kleiner Junge von seinem Vater, der ebenfalls Maler war und wegen eines drohenden Gerichtsverfahrens aus Antwerpen fliehen musste, zurückgelassen wurde. Van Mander zufolge arbeitete der junge Jacob de Backer in der Werkstatt des Malers und Kunsthändlers italienischer Herkunft Antonio van Palermo. Später trat er in die Werkstatt von Hendrick van Steenwijck dem Älteren ein. Van Mander behauptet, dass Palermo ihm einen so heftigen Stoß versetzte, dass der junge de Backer im Alter von 30 Jahren in den Armen der Tochter seines Meisters verschied. Er weist darauf hin, dass dies schon lange zurücklag, vermutlich bevor van Steenwijck Antwerpen 1586 verließ. Wenn dies stimmt, liegt der Todeszeitpunkt de Backers vor 1586.

Über Ausbildung des Künstlers ist wenig bekannt. Seltsamerweise gibt es keine Aufzeichnungen darüber, dass er jemals Meister der Antwerpener Lukasgilde wurde. Sein Werk zeigt zwar einen starken Einfluss des römischen und florentinischen Manierismus, insbesondere des Stils Giorgio Vasaris, doch ist nicht belegt, dass de Backer eine Italienreise unternahm, wie es viele seiner flämischen Zeitgenossen taten. Sein Werk ist darüber hinaus stark von den vielfigurigen Kompositionen Frans Floris’ beeinflusst. Viele seiner Kompositionen beschäftigen sich mit komplexen allegorischen Themen. Dies wurde als Beweis dafür gedeutet, dass der Künstler eine humanistische Bildung genossen hatte und seine Mäzene aus der gebildeten Klasse Antwerpens stammten. Leider konnte keines der von Karel van Mander im Schilderboeck erwähnten Bilder mit Sicherheit identifiziert werden, und kein dem Meister zugeschriebenes Gemälde bzw. keine ihm zugeschriebene Zeichnung ist signiert.

Nur drei bekannte Bilder lassen sich anhand ihrer Provenienz in das 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Es handelt sich um zwei Versionen eines Jüngsten Gerichts – die eine für das Grabmal des Antwerpener Malers Pieter Goetkind und die andere für das Grabmal des berühmten Antwerpener Druckers und Verlegers Christophe Plantin, der 1589 verstarb. Die heute in der Antwerpener Kathedrale befindliche Version stammt von dem Grabmal Plantins. Man geht heute davon aus, dass die Seitenflügel dieses Bildes das Werk eines anderen Künstlers sind. Bei der für das Goetkind-Grabmal angefertigten Version handelt es sich möglicherweise um das Jüngste Gericht (um 1583), das kürzlich bei Christie’s, New York, versteigert wurde (28. Januar 2015, Lot 107, verkauft um US-Dollar 220.000).

Die Komposition der vorliegenden Christi Geburt ist durch eine weitere Version bekannt, die am 14. November 2015 bei Lempertz in Köln als Lot 1427 zusammen mit einem Gegenstück angeboten wurde. Das Pendant des Gemäldes in der Auktion von 2015 war eine Kreuzigung. Der Kunsthistoriker Justus Müller Hofstede vermutete 1973, dass die beiden Gemälde einst einem Zyklus von fünf allegorischen Werken De Backers mit Szenen aus dem Leben Jesu angehörten (Justus Müller Hofstede, Jacques de Backer. Ein Vertreter der Florentinish-Römischen Maniera in Antwerpen, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch, 35, 1973, S. 254, Anm. 1). Heute ist kein weiteres Gemälde aus dem Zyklus erhalten. Das vorliegende Gemälde ist insbesondere in der Ausführung der Kleidung und der Wiedergabe der Anatomie der 2015 angebotenen verwandten Version überlegen. Es muss also vor der Kölner Fassung entstanden sein. Es steht zu vermuten, dass auch die vorliegende Christi Geburt aus einer Serie von fünf Werken stammt und die anderen vier Gemälde heute verloren sind. Eine Datierung um 1575 scheint für das vorliegende Werk naheliegend, doch da es keine genauen Einblicke in die stilistische Entwicklung De Backers gibt, bleibt dies hypothetisch.

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 25.10.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10. - 25.10.2023


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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