Lot Nr. 14


Lovis Corinth


(Tapiau/Ostpreußen 1858–1925 Zandvoort)
Mädchen mit Fächer und Nelken, 1897, signiert Lovis Corinth, Öl auf Leinwand, 58 x 72,5 cm, gerahmt

Fotozertifikat:
Hans-Jürgen Imiela, Mainz, 19. September 1984
Hans-Jürgen Imiela, Mainz, 31. März 1986

Provenienz:
Auktion Lepke, Berlin, 10. Oktober 1916, Los 147a
Sammlung Hannes, Sydney, Australien
deren Verkauf, Christie's, London, 27. November 1981, Los 129
Privatsammlung, Deutschland

Literatur:
Weltkunst 1982/1, S. 56
Charlotte Berend-Corinth, Lovis Corinth - Die Gemälde, München 1992, Nr. 993, S. 210, mit Abb. S. 901

Lovis Corinth zählt zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Impressionismus. Dennoch lassen seine Werke mit den kennzeichnenden störrischen und dramatischen Effekten eine Tendenz zum expressionistischen Stil hin erkennen. Sein Oeuvre zeugt von einem vielfältigen Repertoire ausgehend von Genrebildern, hin zu mythologischen und biblischen Inhalten, Stillleben und vor allen Dingen Selbstbildnissen. Die Hauptschaffensphase seiner Frauenporträts fällt in die wenigen Jahre ab 1891, in denen er nach seinem Abschluss an der Académie Julian in Paris wieder in München gelebt hat und zum Gründungsmitglied der Münchener Sezession wird. Aus dieser Zeit stammt auch unsere Arbeit „Mädchen mit Fächer und Nelken“.
Bereits in den frühen Gemälden lassen sich grundlegende Werte erkennen, die das malerische Gesamtwerk wesentlich bestimmen. Die Sinnlichkeit, die Begeisterung für den nackten menschlichen Körper, besonders wenn er weiblich-üppig ist, und die oft von arkadischem Geist erfüllten Kompositionen werden bereits von seinen Zeitgenossen als Rubensnähe konstatiert. Die vielen Akt- und Halbaktdarstellungen seiner Frau Charlotte Berend sind ein beredtes Zeugnis dafür. Corinth malt nackte Körper mit so viel Delikatesse und einer Liebe für die milchige Glätte der Haut, dass Parallelen zum malerischen Werk von Rubens nicht zu übersehen sind.

Die Momentaufnahme unserer Unbekannten - in der Bewegung frontal dem Betrachter zugewandt, den Kopf leicht erhöht, die dunkelbraunen Augen unmittelbar nach vorne gerichtet – richtet sich kühn an den Betrachter als Adressaten. Ihren hellen, teilweise entblößten Oberkörper umspielt eine transluzente lindgrüne Robe. Ihre markanten Gesichtszüge erhalten zusätzliche Definition durch ihre streng geformten Augenbrauen und den Schönheitsfleck oberhalb ihrer rechten Wange. Dem Betrachter präsentiert sie in der rechten Hand einen Zweig mit Nelken und in der Linken einen kunstvoll verzierten Fächer. Fast als Akt anmutend blickt das Mädchen den Betrachter oder Auftraggeber an. Nelken und Fächer dienen womöglich als Hinweise auf die Beziehung beider Personen. Ist doch der Fächer nicht nur ein modisches Accessoires, sondern seit dem 18.Jh. vielmehr ein weit verbreitetes Instrument zur Erweiterung der Körpersprache. In Kombination mit Blicken und Gesten wussten die Damen der Gesellschaft so ihren Kavalieren diskrete Botschaften zu übermitteln. Und auch die Nelke ist sicherlich nicht willkürlich gewählt. Die Nelke, auch „Dianthus“– die Blume der Götter – genannt, ist mit seiner Symbolik ebenso facettenreich wie das Gemälde selbst. Die rote Nelke steht allgemeinhin für Liebe und Zuneigung, welche den intimen Moment dieses Porträts unterstreicht. Die gewählte Komposition lässt den Betrachter durch den koketten Blick des Mädchens zwar zum Teilhaber des scheinbar intimen Moments werden, würdigt ihn aber nicht zum Voyeur herab. Die Frau wird als begehrenswert gezeigt, ohne dass für den männlichen Betrachter ein moralischer Ton mitschwingt.

„So wie die vom Menschen entwickelte Musik und der Gesang der Vögel eigentlich nur eine Antwort auf sexuelle Anziehung ist, so ist auch die Malerei ein rein sinnlicher Ausdruck. Ich würde wahrscheinlich sagen, dass die Erotik als rein malerisches Konzept das tiefgründigste und am schwersten zu beherrschende ist.“

Christoph Vitali, Barbara Butts & Klaus Peter Schuster, Lovis Corinth, Ausst.-Kat., Haus der Kunst, München, 1996, S. 54

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
+49 211 2107747

petra.schaepers@dorotheum.de

28.11.2023 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 117.000,-
Schätzwert:
EUR 90.000,- bis EUR 140.000,-

Lovis Corinth


(Tapiau/Ostpreußen 1858–1925 Zandvoort)
Mädchen mit Fächer und Nelken, 1897, signiert Lovis Corinth, Öl auf Leinwand, 58 x 72,5 cm, gerahmt

Fotozertifikat:
Hans-Jürgen Imiela, Mainz, 19. September 1984
Hans-Jürgen Imiela, Mainz, 31. März 1986

Provenienz:
Auktion Lepke, Berlin, 10. Oktober 1916, Los 147a
Sammlung Hannes, Sydney, Australien
deren Verkauf, Christie's, London, 27. November 1981, Los 129
Privatsammlung, Deutschland

Literatur:
Weltkunst 1982/1, S. 56
Charlotte Berend-Corinth, Lovis Corinth - Die Gemälde, München 1992, Nr. 993, S. 210, mit Abb. S. 901

Lovis Corinth zählt zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Impressionismus. Dennoch lassen seine Werke mit den kennzeichnenden störrischen und dramatischen Effekten eine Tendenz zum expressionistischen Stil hin erkennen. Sein Oeuvre zeugt von einem vielfältigen Repertoire ausgehend von Genrebildern, hin zu mythologischen und biblischen Inhalten, Stillleben und vor allen Dingen Selbstbildnissen. Die Hauptschaffensphase seiner Frauenporträts fällt in die wenigen Jahre ab 1891, in denen er nach seinem Abschluss an der Académie Julian in Paris wieder in München gelebt hat und zum Gründungsmitglied der Münchener Sezession wird. Aus dieser Zeit stammt auch unsere Arbeit „Mädchen mit Fächer und Nelken“.
Bereits in den frühen Gemälden lassen sich grundlegende Werte erkennen, die das malerische Gesamtwerk wesentlich bestimmen. Die Sinnlichkeit, die Begeisterung für den nackten menschlichen Körper, besonders wenn er weiblich-üppig ist, und die oft von arkadischem Geist erfüllten Kompositionen werden bereits von seinen Zeitgenossen als Rubensnähe konstatiert. Die vielen Akt- und Halbaktdarstellungen seiner Frau Charlotte Berend sind ein beredtes Zeugnis dafür. Corinth malt nackte Körper mit so viel Delikatesse und einer Liebe für die milchige Glätte der Haut, dass Parallelen zum malerischen Werk von Rubens nicht zu übersehen sind.

Die Momentaufnahme unserer Unbekannten - in der Bewegung frontal dem Betrachter zugewandt, den Kopf leicht erhöht, die dunkelbraunen Augen unmittelbar nach vorne gerichtet – richtet sich kühn an den Betrachter als Adressaten. Ihren hellen, teilweise entblößten Oberkörper umspielt eine transluzente lindgrüne Robe. Ihre markanten Gesichtszüge erhalten zusätzliche Definition durch ihre streng geformten Augenbrauen und den Schönheitsfleck oberhalb ihrer rechten Wange. Dem Betrachter präsentiert sie in der rechten Hand einen Zweig mit Nelken und in der Linken einen kunstvoll verzierten Fächer. Fast als Akt anmutend blickt das Mädchen den Betrachter oder Auftraggeber an. Nelken und Fächer dienen womöglich als Hinweise auf die Beziehung beider Personen. Ist doch der Fächer nicht nur ein modisches Accessoires, sondern seit dem 18.Jh. vielmehr ein weit verbreitetes Instrument zur Erweiterung der Körpersprache. In Kombination mit Blicken und Gesten wussten die Damen der Gesellschaft so ihren Kavalieren diskrete Botschaften zu übermitteln. Und auch die Nelke ist sicherlich nicht willkürlich gewählt. Die Nelke, auch „Dianthus“– die Blume der Götter – genannt, ist mit seiner Symbolik ebenso facettenreich wie das Gemälde selbst. Die rote Nelke steht allgemeinhin für Liebe und Zuneigung, welche den intimen Moment dieses Porträts unterstreicht. Die gewählte Komposition lässt den Betrachter durch den koketten Blick des Mädchens zwar zum Teilhaber des scheinbar intimen Moments werden, würdigt ihn aber nicht zum Voyeur herab. Die Frau wird als begehrenswert gezeigt, ohne dass für den männlichen Betrachter ein moralischer Ton mitschwingt.

„So wie die vom Menschen entwickelte Musik und der Gesang der Vögel eigentlich nur eine Antwort auf sexuelle Anziehung ist, so ist auch die Malerei ein rein sinnlicher Ausdruck. Ich würde wahrscheinlich sagen, dass die Erotik als rein malerisches Konzept das tiefgründigste und am schwersten zu beherrschende ist.“

Christoph Vitali, Barbara Butts & Klaus Peter Schuster, Lovis Corinth, Ausst.-Kat., Haus der Kunst, München, 1996, S. 54

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Moderne
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 28.11.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 18.11. - 28.11.2023


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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