Mit Rot, wie das gemalte Blut des geköpften Holofernes, signiert die Malerin Fede Galizia ihr Meisterinnenwerk, auf dem die alttestamentarische Heldin Judith noch mit gezücktem Schwert das Haupt des Tyrannen präsentiert. Judith, die den ihr Land bedrohenden Feldherren verführt und tötet, steht im Zentrum des Gemäldes, dem Spitzenlos der Auktion Alte Meister am 3. Mai 2023 im Dorotheum Wien. “Es geht definitiv um sie, um das Heldentum der Frau und ihre Stärke,” sagt Mark MacDonnell, Experte für Alte Meister. “Man könnte behaupten, dass dies eine sehr weibliche Interpretation des Themas ist.”

"Alte Meisterin" der Kunstgeschichte
Fede Galizia, die Tochter eines lombardischen Malers, ist eine von einer Reihe von sehr frühen, in vergangenen Jahren erst wiederentdeckten Künstlerinnen, deren Werke bei der Auktion angeboten werden. 2021 fand die erste monografische Ausstellung über Fede Galizia in Belluno statt.

Die Künstlerin
Fede Galizia (1578-1630) war eine der ersten Malerinnen, die schon zu ihren Lebzeiten internationale Anerkennung erlangte. Sie gilt als wichtige Pionierin der Stilllebenmalerei, und ihre Fähigkeit, die exquisiten, feinen Details ihres Sujets darzustellen, hat sie eindeutig in der Werkstatt ihres Vaters Nunzio Galizia, einem bekannten Miniaturmaler, gelernt. Die jüngere wissenschaftliche Forschung beleuchtet zunehmend auch Fede Galizias figurative Malerei.

Judith und Holofernes: ein symbolträchtiges Thema
Ähnlich wie Artemisia Gentileschi hat die Künstlerin im Laufe ihrer Karriere immer wieder die biblische Geschichte von Judith und Holofernes als Thema gewählt (eine frühe Version der Judith befindet sich in der Sammlung der Galleria Borghese). Darin beschließt die Heldin, ihr Volk vor der Vernichtung durch die assyrische Armee zu retten. Nur von ihrer Magd begleitet, verschafft sich Judith Zugang zum feindlichen Lager und verführt den Heerführer Holofernes mit ihrer Schönheit. Sobald er in einen berauschten Schlaf fällt, enthauptet Judith den Krieger und legt seinen abgetrennten Kopf in einen einfachen Sack.
Die Wahl des Sujets kann sicherlich, insbesondere im Kontext des künstlerischen Umfelds, in dem Fede Galizia arbeitete, als Allegorie auf den jahrhundertealten Kampf der Frauen um Anerkennung in einer von Männern dominierten Welt interpretiert werden.

Hervorragende Qualität
Museumsqualität attestiert Mark MacDonnell dem angebotenen Bild. Die Bewertung mit 200.000 bis 300.000 Euro sei sehr vorsichtig, so der Experte, weil es auf dem Markt nichts Vergleichbares gab. Das signierte Werk stammt aus einer Sammlung, in der es seit vielen Jahren nicht mehr zu sehen war, und es war unveröffentlicht.