Lot No. 310


Schneider, Romy,


Schauspielerin, 1938 – 1982. Erstes Tagebuch “Mein Tagebuch”, e. Manuskript, 17. 2. 1955 – 23. 2. 1955, 16 S. beschrieben e. Namenszug am Vorsatz, vier Photographien montiert, weitere Photos entfernt (Montagespuren), Lederbd. d. Zt., etwas berieben, Kanten und Ecken leicht bestoßen, Kl.-8vo.

Hochinteressantes Tagebuch der 16 1/2 jährigen Schauspielerin, wenige Monate vor Beginn der Dreharbeiten von Ernst Marischkas erstem Sissi-Film, der Romy Schneiders Weltruhm begründen sollte. Das Tagebuch, das sich an einen imaginären Geliebten richtet, zeigt die Jungschauspielerin in besten in besten Einvernehmen mit ihrer Mutter und deren zweitem Ehemann Hans Herbert Blatzheim.

“Donnerstag, 17. Februar 1955. “Mariengrund”. So - dies ist nun also mein erstes Tagebuch, - ich freue mich sehr! Ich bin ganz glücklich darüber! “Braun, echtes Leder und sogar mit einem Goldrand”. Ich finde es schön ein Tagebuch zu führen - so ganz für ”Dich” - selbst und allein... Ich möchte dieses Tagebuch für einen Menschen schreiben - den ich sehr liebe- den ich sehr lieben werde... ”Ihm” - soll es gehören, wenn alle diese schönen, feinen, weißen Seiten beschrieben sind. Wird es ihm Freude machen? Vielleicht... Jetzt werde ich schlafen - wir sind gerade aus München angekommen.

Auf “Mariengrund” am Freitag den 18. Februar 1955. Mamy und ich sind gestern um 4 h nachmittags von München mit Ernst Geissendörfer (Maler und Graphiker, 1908 – 1993, Anm.) mit seinem Cadilac nach Haus gefahren. Es war eine herrliche Fahrt und ich war glücklich, daß endlich alles vorbei war, der ganze Wirbel -die vielen gräßlichen Menschen. Ich finde Bälle himmlisch und Karneval auch - aber nur die schönsten. Es ist fürchterlich, wenn so entsetzlich viele stinkende (verlogene) Menschen um dich herum sind - ich hasse sie - alle. Dieses Publikum kann soo böse so gemein sein - !!! Allerdings auch umgekehrt - !!! Aber jetzt bin ich je endlich wieder auf meinem geliebten - meinem heißgeliebten Mariengrund - weg vom ganzen Wirbel, weg von allen Menschen, allein mit Mamy den beiden lieben Lausbuben und Ajax + Seppl, Daddy (Hans Hubert Blatzheim, 1905 – 1968, Stiefvater von Romy Schneider, Anm.) kommt in ein paar Tagen nach. Ich bin sehr glücklich zu Hause zu sein. Heute ist ein himmlischer Tag, es schneit dauernd wunderbar, war mit Mamy im Ort, und jetzt sitzen wir alle im Jagdzimmer zusammen. Es ist herrlich gemütlich. Einige paradiesische schöne Tage sind bereits vergangen, wir waren schon gemeinsam auf dem Jenner (Göllstock, Berchtesgadener Alpen, 1874 m., Anm.), haben bei den deutschen Skimeisterschaften 1955 zugeschaut, wunderbare Spaziergänge gemacht, Mamy und ich während die Buben in der Schule waren; mit Ajax, das ist unser süßes kleines Boxerbaby (1/2 Jahr) und Seppl, das ist unser seriöser, 4jähriger Dackel – aber ein typischer Dackel (…) Haben Margit, das ist meine Salzburger Freundin, besucht und unsere lieben Patzenbachers. Ich habe Salzburg sehr ins Herz geschlossen.

Heute ist der 23. II. 1955, ein Mittwoch. Es ist bereits 8 h abends und wir sitzen wieder mal mit Schnäpschen alle zusammen im Jagdzimmer. „Alle zusammen“ sind bis Freitag: Mamy, Wolfi, Dieter Seppl, Ajax und ich. Ab Freitag ist unser aller Herz Vater, mein geliebter Daddy wieder da – und damit die „family“ wieder vollständig. Ich trinke heute abend einen „Pfefferminz“, einen tollen, grünen Schnaps – und ich merke, daß bei mir die Stimmung von Minute zu Minute steigt – ich bin sehr lustig stell‘ ich fest, ja ja!! Tja, und deshalb – deshalb, weil ich so – so hm, was? So lustig bin, - na na na, Frollein, der Stil muß ja einigermaßen anständig bleiben – trotz des kl. Schwipserl. Was soll er sich denn denken von mir? Er? Wer ist denn er? „Er“ – ach so, ja, es ist eben dieser Mensch, den ich einmal sehr lieben werde, ich meine das muß ja ein er sein. Sie? Nein – also eine Sie liebe ich auch sehr, und das ist meine Mamy, wird auch die einzige Sie bleiben die ich sehr liebe, ich meine, ich bin ja n’normaler natürlicher Mensch!! Keine … na, lassen wir das (…) Und ich werde Dir jetzt Dir, den ich einmal sehr lieben werde, alle mal vorstellen, alle über die ich bis jetzt in meinem Tagebuch geschrieben habe. Ich kenn Dich noch nicht – aber Du wirst einmal kommen, nicht wahr? Du wirst mein Geliebter sein und ich Deine kl. Geliebte – wir werden uns sehr lieben - immer – nicht wahr? (…) Und jetzt kommt mein Daddy, mein lieber, lieber großer Daddy. Hier bitte, das ist er (Photo entfernt, Anm.). Dieses Lächeln, was? (…) Ich habe Daddy sehr lieb und es macht mir Spaß wenn ich ihn manchmal um den Finger wickeln kann. So und hier bitte, das ist mein allerwertestes (…) Brüderchen (…) Er wird am 21. Juni 1955 14 Jahre alt. A fescher Bua, was? (…) Jetzt kommt der Dieter – sog. Lange Lulatsch. Dieter ist der älteste Sohn vom“. An dieser Stelle bricht Romy Schneiders Tagebuch mitten im Satz ab. (Bei dem erwähnten Dieter dürfte es sich um den 1966 bei einem Autounfall ums Leben gekommenen älteren Sohn von Hans Herbert Blatzheim handeln, Anm.) Am hinteren Innendeckel findet sich noch das bekannte Nietzsche-Zitat: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“.

Specialist: Mag. Andreas Löbbecke Mag. Andreas Löbbecke
+43-1-515 60-389

books@dorotheum.at

27.11.2023 - 17:37

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Schneider, Romy,


Schauspielerin, 1938 – 1982. Erstes Tagebuch “Mein Tagebuch”, e. Manuskript, 17. 2. 1955 – 23. 2. 1955, 16 S. beschrieben e. Namenszug am Vorsatz, vier Photographien montiert, weitere Photos entfernt (Montagespuren), Lederbd. d. Zt., etwas berieben, Kanten und Ecken leicht bestoßen, Kl.-8vo.

Hochinteressantes Tagebuch der 16 1/2 jährigen Schauspielerin, wenige Monate vor Beginn der Dreharbeiten von Ernst Marischkas erstem Sissi-Film, der Romy Schneiders Weltruhm begründen sollte. Das Tagebuch, das sich an einen imaginären Geliebten richtet, zeigt die Jungschauspielerin in besten in besten Einvernehmen mit ihrer Mutter und deren zweitem Ehemann Hans Herbert Blatzheim.

“Donnerstag, 17. Februar 1955. “Mariengrund”. So - dies ist nun also mein erstes Tagebuch, - ich freue mich sehr! Ich bin ganz glücklich darüber! “Braun, echtes Leder und sogar mit einem Goldrand”. Ich finde es schön ein Tagebuch zu führen - so ganz für ”Dich” - selbst und allein... Ich möchte dieses Tagebuch für einen Menschen schreiben - den ich sehr liebe- den ich sehr lieben werde... ”Ihm” - soll es gehören, wenn alle diese schönen, feinen, weißen Seiten beschrieben sind. Wird es ihm Freude machen? Vielleicht... Jetzt werde ich schlafen - wir sind gerade aus München angekommen.

Auf “Mariengrund” am Freitag den 18. Februar 1955. Mamy und ich sind gestern um 4 h nachmittags von München mit Ernst Geissendörfer (Maler und Graphiker, 1908 – 1993, Anm.) mit seinem Cadilac nach Haus gefahren. Es war eine herrliche Fahrt und ich war glücklich, daß endlich alles vorbei war, der ganze Wirbel -die vielen gräßlichen Menschen. Ich finde Bälle himmlisch und Karneval auch - aber nur die schönsten. Es ist fürchterlich, wenn so entsetzlich viele stinkende (verlogene) Menschen um dich herum sind - ich hasse sie - alle. Dieses Publikum kann soo böse so gemein sein - !!! Allerdings auch umgekehrt - !!! Aber jetzt bin ich je endlich wieder auf meinem geliebten - meinem heißgeliebten Mariengrund - weg vom ganzen Wirbel, weg von allen Menschen, allein mit Mamy den beiden lieben Lausbuben und Ajax + Seppl, Daddy (Hans Hubert Blatzheim, 1905 – 1968, Stiefvater von Romy Schneider, Anm.) kommt in ein paar Tagen nach. Ich bin sehr glücklich zu Hause zu sein. Heute ist ein himmlischer Tag, es schneit dauernd wunderbar, war mit Mamy im Ort, und jetzt sitzen wir alle im Jagdzimmer zusammen. Es ist herrlich gemütlich. Einige paradiesische schöne Tage sind bereits vergangen, wir waren schon gemeinsam auf dem Jenner (Göllstock, Berchtesgadener Alpen, 1874 m., Anm.), haben bei den deutschen Skimeisterschaften 1955 zugeschaut, wunderbare Spaziergänge gemacht, Mamy und ich während die Buben in der Schule waren; mit Ajax, das ist unser süßes kleines Boxerbaby (1/2 Jahr) und Seppl, das ist unser seriöser, 4jähriger Dackel – aber ein typischer Dackel (…) Haben Margit, das ist meine Salzburger Freundin, besucht und unsere lieben Patzenbachers. Ich habe Salzburg sehr ins Herz geschlossen.

Heute ist der 23. II. 1955, ein Mittwoch. Es ist bereits 8 h abends und wir sitzen wieder mal mit Schnäpschen alle zusammen im Jagdzimmer. „Alle zusammen“ sind bis Freitag: Mamy, Wolfi, Dieter Seppl, Ajax und ich. Ab Freitag ist unser aller Herz Vater, mein geliebter Daddy wieder da – und damit die „family“ wieder vollständig. Ich trinke heute abend einen „Pfefferminz“, einen tollen, grünen Schnaps – und ich merke, daß bei mir die Stimmung von Minute zu Minute steigt – ich bin sehr lustig stell‘ ich fest, ja ja!! Tja, und deshalb – deshalb, weil ich so – so hm, was? So lustig bin, - na na na, Frollein, der Stil muß ja einigermaßen anständig bleiben – trotz des kl. Schwipserl. Was soll er sich denn denken von mir? Er? Wer ist denn er? „Er“ – ach so, ja, es ist eben dieser Mensch, den ich einmal sehr lieben werde, ich meine das muß ja ein er sein. Sie? Nein – also eine Sie liebe ich auch sehr, und das ist meine Mamy, wird auch die einzige Sie bleiben die ich sehr liebe, ich meine, ich bin ja n’normaler natürlicher Mensch!! Keine … na, lassen wir das (…) Und ich werde Dir jetzt Dir, den ich einmal sehr lieben werde, alle mal vorstellen, alle über die ich bis jetzt in meinem Tagebuch geschrieben habe. Ich kenn Dich noch nicht – aber Du wirst einmal kommen, nicht wahr? Du wirst mein Geliebter sein und ich Deine kl. Geliebte – wir werden uns sehr lieben - immer – nicht wahr? (…) Und jetzt kommt mein Daddy, mein lieber, lieber großer Daddy. Hier bitte, das ist er (Photo entfernt, Anm.). Dieses Lächeln, was? (…) Ich habe Daddy sehr lieb und es macht mir Spaß wenn ich ihn manchmal um den Finger wickeln kann. So und hier bitte, das ist mein allerwertestes (…) Brüderchen (…) Er wird am 21. Juni 1955 14 Jahre alt. A fescher Bua, was? (…) Jetzt kommt der Dieter – sog. Lange Lulatsch. Dieter ist der älteste Sohn vom“. An dieser Stelle bricht Romy Schneiders Tagebuch mitten im Satz ab. (Bei dem erwähnten Dieter dürfte es sich um den 1966 bei einem Autounfall ums Leben gekommenen älteren Sohn von Hans Herbert Blatzheim handeln, Anm.) Am hinteren Innendeckel findet sich noch das bekannte Nietzsche-Zitat: „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“.

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Buyers hotline Mon.-Fri.: 10.00am - 5.00pm
stamps@dorotheum.at

+43 1 515 60 323
Auction: Autographs, manuscripts, documents
Auction type: Online auction
Date: 27.11.2023 - 17:37
Location: Wien | Palais Dorotheum
Exhibition: 22.11. - 27.11.2023


** Purchase price excl. buyer's premium and VAT

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