Die Shambaa leben in den Usambara-Bergen im Nordosten von Tansania. Mit ihren Nachbarn, den Pare, Zigua, Bondei und Chagga, teilen sie einen sehr ähnlichen Stil ihrer figuralen Kunst. Bei größeren Ahnen-Figuren (wie der vorliegenden), sowie bei kleinen Figuren und Verschlüssen von Medizin-Behältern (für Initiations- und Heilungs-Rituale). Vorliegende Skulptur aus Holz, auch 'Gidkoi-Figur' genannt, stellt im Ahnen-Kult der Shambaa eine bedeutende, verstorbene Frau oder eine verehrte, mythische Klan-Gründerin dar. Stilistisch zeigt sie die typischen Merkmale der Kunst Nordost-Tansanias: ein großer, fast runder Kopf auf einem proportional kleineren, breitbeinig stehenden Körper. Die Augen sind aus weißen Glasperlen eingesetzt. Die gesamte Figur, von der Frisur bis zu den Füßen, ist mit Textil umwickelt - ein Phänomen, das bei figuralen Darstellungen (aus Holz oder kleinere aus Ton) bei den Stämmen Nordost-Tansanias häufig vorkommt. Bei solchen größeren Ahnen-Figuren verwendete man dafür Teile der Bekleidung der (oder des) Verstorbenen zur Umhüllung der Skulptur. Nur das konkav gestaltete Gesicht, die großen, runden, anliegenden Ohren, sowie der größte Teil der Hände und Füße sind von der dichten, textilen Umwicklung frei geblieben. Die gesamte Figur, ursprünglich aus hellerem, hartem Holz sorgfältig gefertigt, scheint von einem schwarzen, harzähnlichen Material überzogen (eine Färbung oder Spuren von Beopferung?). Sie ist sehr selten, sichtlich alt, zeigt eine gute Patina und kleinere Altersschäden: ein alter Ausbruch vor dem rechten Ohr und kleine, alte Brüche an beiden Füßen hinten. Um 1900 bis frühes 20. Jh.; H:55 cm. (ME)

Prov.: Deutsche Sammlung, Wiener Privatsammlung. Lit.:'Tanzania' von Marc L. Felix und Maria Kecskesi, Abb. S. 155, S. 159, S. 165.