Lotto No. 153


Schnitzler, Arthur,


Schriftsteller, 1862 – 1931. E. B. m. U., Wien, 28. 9. 1896, 12 S., etwas gebräunt, erste S. von anderer Hand mit Blaustift und Tinte beschrieben, kl.-8vo.

Aufschlußreicher und ausführlicher Brief an Emerich v. Bukovics, der als Direktor des Deutschen Volkstheater das Manuskript zu Schnitzlers Schauspiel „Freiwild“ (Erstausgabe 1894/96); 1898) mit einigen Einwänden und Fragen retourniert hatte. Schnitzler nimmt hier ausführlich zu den kritisierten Punkten Stellung und erläutert sowohl die Konzeption seiner Charaktere, als auch die dem Drama zugrundeliegende gesellschaftskritischen Intentionen. Zunächst geht Schnitzler auf dramaturgische Details und Fragen der Bühnenwirksamkeit ein, um sich dann der Interpretation der negativ gezeichneten Figur des Oberleutnants Karinski zuzuwenden, dem, von einem Zivilisten öffentlich geschlagen, die geforderte Satisfaktion verweigert wird. Die Weigerung des Geforderten stellt auch Karinski außerhalb des gesellschaftlichen Kodex, worauf er den Dienst quittieren muss und seinen Widersacher erschießt. Diese Thematik – eine vorweggenommene Umkehrung des Leutnant Gustl-Motivs – hatte bei Bukovics ebenso Bedenken erregt wie eine weitere Schlüsselszene, in welcher Oberstleutnant Rohnstedt die Ehre seines Kameraden Karinski dadurch zu retten versucht, indem er ein Scheinduell vorschlägt. Dies sei nach Bukovics insofern eine inhaltliche Schwäche, als Rohnstedt sonst als „anständiger Offizier“ dargestellt sei. Auf diesen Einwand erwidert Schnitzler folgendes:“Derjenige ist innerhalb seines Standes der anständigste und beste, der fähig ist, ihn einem gegebenen Momente über die Vorurtheile oder, wenn Sie so wollen, Anschauungen seines Standes hinaus das allgemein menschliche zu berücksichtigen. Und solch ein Moment liegt hier vor. Rohnstedt will seinen Kameraden retten. - das ist schön. Er sieht keinen anderen Ausweg als, die Formen überspringend, mit dem Mann an dessen Entschließungen die Existenz seines Kameraden augenblicklich hängt, einfach als Mensch zu reden. Es ist seine Menschenpflicht das zu thun, und wenn er es nicht thäte, wäre er ein mangelhafter Mensch, also auch ein mangelhafter Offizier (…) Was man correct nennt, ist ein Begriff, der an sich eng bleiben muss, und mit engen Begriffen reicht man in Ausnahmefällen nicht aus. Dem Rohnstedt, wie ich ihn zu schildern versucht habe kommt es nicht darauf an, den Zufälligkeiten und Beschränktheiten eines Comments gemäß zu handeln, sondern vernünftig und gut. Darum ist er und bleibt er ein anständiger Offizier; ja er hat sogar die Ehre auch etwas mehr zu sein. Ich zweifle ja nicht daran, daß manche von den Kameraden Rohnstedts ihn verläugnen werden; für diese und zu ihrer Freude habe ich auch wahrhaftig mein Stück nicht geschrieben“.Provenienz: Österreichische Privatsammlung; Dorotheum, Auktion Autographen und historische Photos, 13. 2. 1996, Kat.-Nr.170. Wiener Antiquariatshandel (vgl. Beilage); Wiener Privatsammlung.

Esperto: Mag. Andreas Löbbecke Mag. Andreas Löbbecke
+43-1-515 60-389

books@dorotheum.at

27.06.2024 - 15:16

Prezzo realizzato: **
EUR 2.200,-
Prezzo di partenza:
EUR 1.200,-

Schnitzler, Arthur,


Schriftsteller, 1862 – 1931. E. B. m. U., Wien, 28. 9. 1896, 12 S., etwas gebräunt, erste S. von anderer Hand mit Blaustift und Tinte beschrieben, kl.-8vo.

Aufschlußreicher und ausführlicher Brief an Emerich v. Bukovics, der als Direktor des Deutschen Volkstheater das Manuskript zu Schnitzlers Schauspiel „Freiwild“ (Erstausgabe 1894/96); 1898) mit einigen Einwänden und Fragen retourniert hatte. Schnitzler nimmt hier ausführlich zu den kritisierten Punkten Stellung und erläutert sowohl die Konzeption seiner Charaktere, als auch die dem Drama zugrundeliegende gesellschaftskritischen Intentionen. Zunächst geht Schnitzler auf dramaturgische Details und Fragen der Bühnenwirksamkeit ein, um sich dann der Interpretation der negativ gezeichneten Figur des Oberleutnants Karinski zuzuwenden, dem, von einem Zivilisten öffentlich geschlagen, die geforderte Satisfaktion verweigert wird. Die Weigerung des Geforderten stellt auch Karinski außerhalb des gesellschaftlichen Kodex, worauf er den Dienst quittieren muss und seinen Widersacher erschießt. Diese Thematik – eine vorweggenommene Umkehrung des Leutnant Gustl-Motivs – hatte bei Bukovics ebenso Bedenken erregt wie eine weitere Schlüsselszene, in welcher Oberstleutnant Rohnstedt die Ehre seines Kameraden Karinski dadurch zu retten versucht, indem er ein Scheinduell vorschlägt. Dies sei nach Bukovics insofern eine inhaltliche Schwäche, als Rohnstedt sonst als „anständiger Offizier“ dargestellt sei. Auf diesen Einwand erwidert Schnitzler folgendes:“Derjenige ist innerhalb seines Standes der anständigste und beste, der fähig ist, ihn einem gegebenen Momente über die Vorurtheile oder, wenn Sie so wollen, Anschauungen seines Standes hinaus das allgemein menschliche zu berücksichtigen. Und solch ein Moment liegt hier vor. Rohnstedt will seinen Kameraden retten. - das ist schön. Er sieht keinen anderen Ausweg als, die Formen überspringend, mit dem Mann an dessen Entschließungen die Existenz seines Kameraden augenblicklich hängt, einfach als Mensch zu reden. Es ist seine Menschenpflicht das zu thun, und wenn er es nicht thäte, wäre er ein mangelhafter Mensch, also auch ein mangelhafter Offizier (…) Was man correct nennt, ist ein Begriff, der an sich eng bleiben muss, und mit engen Begriffen reicht man in Ausnahmefällen nicht aus. Dem Rohnstedt, wie ich ihn zu schildern versucht habe kommt es nicht darauf an, den Zufälligkeiten und Beschränktheiten eines Comments gemäß zu handeln, sondern vernünftig und gut. Darum ist er und bleibt er ein anständiger Offizier; ja er hat sogar die Ehre auch etwas mehr zu sein. Ich zweifle ja nicht daran, daß manche von den Kameraden Rohnstedts ihn verläugnen werden; für diese und zu ihrer Freude habe ich auch wahrhaftig mein Stück nicht geschrieben“.Provenienz: Österreichische Privatsammlung; Dorotheum, Auktion Autographen und historische Photos, 13. 2. 1996, Kat.-Nr.170. Wiener Antiquariatshandel (vgl. Beilage); Wiener Privatsammlung.

Esperto: Mag. Andreas Löbbecke Mag. Andreas Löbbecke
+43-1-515 60-389

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Hotline dell'acquirente lun-ven: 10.00 - 17.00
stamps@dorotheum.at

+43 1 515 60 323
Asta: Autografi, manoscritti, documenti
Tipo d'asta: Asta online
Data: 27.06.2024 - 15:16
Luogo dell'asta: Wien | Palais Dorotheum
Esposizione: 22.06. - 27.06.2024


** Prezzo di acquisto, esclusa la tassa e l'IVA dell'acquirente

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