Lot Nr. 120


Andrea Celesti


(Venedig 1637–1700)
Anbetung der Hirten,
Öl auf Leinwand, 140 x 201 cm, gerahmt

Rückseitige Inventarnummer: C. / Nr. 6

Provenienz:
Sammlung Girolamo Manfrin (1742–1801), Venedig (lt. rückseitigem Aufkleber);
im Erbgang an dessen Sohn Pietro Manfrin (gest. 1833), Venedig;
im Erbgang an dessen Schwester Giulia Angela Giovanna Manfrin Plattis (gest. 1848), Venedig;
vermutlich Kunsthandel, Spanien, spätes 19. Jahrhundert;
Privatsammlung, Madrid;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
Abbozzi catalogo Galleria manfriniana, 1794, Venedig, c. [4]r, Nr. 140: „kavalier Andrea Celesti Presepio“;
Inventario e stima delli qui descritti quadri esistenti nella Galleria del defunto marchese Pietro Manfrin del fu Girolamo eseguita da noi sottoscritti per commissione della nobile signora marchesa Giulia Giovanna Mandrin Palttis, 23. März 1834, Venedig, c. [3]v, Kammer C, Nr. 6: ‘tela Andrea Celesti La nascita del Bambino Gesù 100,00 [Österr. Lire]“;

Literatur:
F. Zanotto, Il Fiore della Scuola Pittorica Veneziana, Triest 1880, Erwähnung auf S. 91 (als Andrea Celesti);
L. Borean, La Galleria Manfrin a Venezia. L’ultima collezione d’arte della Serenissima, Udine 2018, S. 97, 110 (als Andrea Celesti)

Andrea Celesti, der zwischen Venedig, Gardasee-Riviera und Brescia tätig war, ist vor allem für seine sakralen Bildthemen bekannt. Die Werke zeichnen sich durch eine zarte, lichterfüllte Malweise aus, die von den Vorbildern der großen venezianischen Tradition des 16. Jahrhunderts, insbesondere von Tintoretto und Paolo Veronese, beeinflusst ist. In der reiferen Phase seines Schaffens näherte sich der Künstler auch der niederländischen Malerei und hier insbesondere der Kunst Rembrandts an, von dem er eine neue Art der Lichtführung und das Interesse am Lebensalltag der Menschen übernahm. Diese Eigenschaften zeichnen auch die nächtliche Szenerie der vorliegenden Anbetung der Hirten aus, die fast ausschließlich von dem vom Jesuskind ausgehenden göttlichen Licht erleuchtet wird.

Trotz seiner imposanten Größe ist das Gemälde mit äußerster Feinheit gemalt, die Pinselstriche scheinen beinahe miteinander zu verschmelzen. Dieselbe Komposition wurde von Celesti auf dem Gemälde in der Pinacoteca Corrado Giaquinto in Bari (Inv.-Nr. 19) dargestellt, das nahezu die gleichen Ausmaße aufweist wie das vorliegende Bild und in das letzte Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts datiert wird (A. M. Mucchi, C. Della Croce, Il pittore Andrea Celesti, Mailand 1954, S. 90).

Das hier angebotene Gemälde ist in den Inventarverzeichnissen der Sammlung des Girolamo Manfrin dokumentiert, eines wohlhabenden, im Tabakhandel tätigen Magnaten, der zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Venedigs anlegte. Die im Palast der Familie in Cannaregio untergebrachte Gemäldegalerie war zweimal wöchentlich für das Publikum geöffnet und wird in allen Reiseführern der Stadt erwähnt; sie taucht auch in den Reisetagebüchern zahlreicher Literaten und Künstler auf, die ihr einen Besuch abstatteten, darunter George Byron, Jacob Burckhardt, Gustav Friedrich Waagen und Édouard Manet. Manfrin hatte eine besondere Vorliebe für die venezianische Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts, und zu den wichtigsten Werken seiner Gemäldegalerie gehörten zwei Gemälde Giorgiones, das Bildnis einer alten Frau und das berühmte Gewitter, die sich heute beide in der Gallerie dell’Accademia in Venedig befinden. Girolamos Sammlungen umfassten aber auch Skulpturen, Bücher, Drucke und eine wissenschaftliche Sammlung von Fossilien und Muscheln, ganz im Sinne des „enzyklopädischen“ Sammelns.

Die Anbetung der Hirten Andrea Celestis, die auf der Rückseite noch mit Klebezetteln und Inventarangaben versehen ist, gehörte zum ursprünglichen Kern der Sammlung, da sie bereits im frühesten erhaltenen urkundlichen Zeugnis aufscheint: in einem Inventarverzeichnis, das 1794 von dem Restaurator Pietro Edwards, dem Mitarbeiter und Berater Manfrins, erstellt wurde (Abbozzi catalogo Galleria manfriniana, 1794). Das Bild erscheint dann in einem weiteren Inventarverzeichnis von 1834, das nach dem Tod Pietro Manfrins, Girolamos Sohn, anlässlich der Übertragung seines Besitzes an seine Schwester Giulia Angela Giovanna erstellt wurde. In beiden Inventaren wird das Vorhandensein eines Pendants mit der Darstellung der Wundersamen Brotvermehrung erwähnt, das derzeit nicht auffindbar ist.

Die Veräußerung der Sammlungen Manfrins begann um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit einer ersten Auktion in Venedig im Jahr 1856, gefolgt von weiteren Versteigerungen in Paris (1870) und Mailand (1897). Um die Werke stritten sich namhafte Privatsammler, vor allem britische und amerikanische, sowie die wichtigsten europäischen Museen: Die National Gallery und der Louvre verhandelten mit den Manfrin-Erben über den Erwerb von Teilen der Sammlung. Eine beträchtliche Zahl von Gemälden blieb jedoch vor Ort und wurde von der Gallerie dell’Accademia in Venedig angekauft.

Zu dem vorliegenden Gemälde findet sich ein Hinweis in Francesco Zanottos 1880 erschienenem Band zur Geschichte der venezianischen Malerei: „Zwei wahrhaft eindrückliche Gemälde, eines mit der Geburt Christi, das andere mit der Brotvermehrung“, aus der Manfrin-Galerie landeten in Spanien, wo sie möglicherweise versteigert wurden.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

25.10.2023 - 18:00

Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Andrea Celesti


(Venedig 1637–1700)
Anbetung der Hirten,
Öl auf Leinwand, 140 x 201 cm, gerahmt

Rückseitige Inventarnummer: C. / Nr. 6

Provenienz:
Sammlung Girolamo Manfrin (1742–1801), Venedig (lt. rückseitigem Aufkleber);
im Erbgang an dessen Sohn Pietro Manfrin (gest. 1833), Venedig;
im Erbgang an dessen Schwester Giulia Angela Giovanna Manfrin Plattis (gest. 1848), Venedig;
vermutlich Kunsthandel, Spanien, spätes 19. Jahrhundert;
Privatsammlung, Madrid;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Dokumentation:
Abbozzi catalogo Galleria manfriniana, 1794, Venedig, c. [4]r, Nr. 140: „kavalier Andrea Celesti Presepio“;
Inventario e stima delli qui descritti quadri esistenti nella Galleria del defunto marchese Pietro Manfrin del fu Girolamo eseguita da noi sottoscritti per commissione della nobile signora marchesa Giulia Giovanna Mandrin Palttis, 23. März 1834, Venedig, c. [3]v, Kammer C, Nr. 6: ‘tela Andrea Celesti La nascita del Bambino Gesù 100,00 [Österr. Lire]“;

Literatur:
F. Zanotto, Il Fiore della Scuola Pittorica Veneziana, Triest 1880, Erwähnung auf S. 91 (als Andrea Celesti);
L. Borean, La Galleria Manfrin a Venezia. L’ultima collezione d’arte della Serenissima, Udine 2018, S. 97, 110 (als Andrea Celesti)

Andrea Celesti, der zwischen Venedig, Gardasee-Riviera und Brescia tätig war, ist vor allem für seine sakralen Bildthemen bekannt. Die Werke zeichnen sich durch eine zarte, lichterfüllte Malweise aus, die von den Vorbildern der großen venezianischen Tradition des 16. Jahrhunderts, insbesondere von Tintoretto und Paolo Veronese, beeinflusst ist. In der reiferen Phase seines Schaffens näherte sich der Künstler auch der niederländischen Malerei und hier insbesondere der Kunst Rembrandts an, von dem er eine neue Art der Lichtführung und das Interesse am Lebensalltag der Menschen übernahm. Diese Eigenschaften zeichnen auch die nächtliche Szenerie der vorliegenden Anbetung der Hirten aus, die fast ausschließlich von dem vom Jesuskind ausgehenden göttlichen Licht erleuchtet wird.

Trotz seiner imposanten Größe ist das Gemälde mit äußerster Feinheit gemalt, die Pinselstriche scheinen beinahe miteinander zu verschmelzen. Dieselbe Komposition wurde von Celesti auf dem Gemälde in der Pinacoteca Corrado Giaquinto in Bari (Inv.-Nr. 19) dargestellt, das nahezu die gleichen Ausmaße aufweist wie das vorliegende Bild und in das letzte Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts datiert wird (A. M. Mucchi, C. Della Croce, Il pittore Andrea Celesti, Mailand 1954, S. 90).

Das hier angebotene Gemälde ist in den Inventarverzeichnissen der Sammlung des Girolamo Manfrin dokumentiert, eines wohlhabenden, im Tabakhandel tätigen Magnaten, der zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert eine der bedeutendsten Kunstsammlungen Venedigs anlegte. Die im Palast der Familie in Cannaregio untergebrachte Gemäldegalerie war zweimal wöchentlich für das Publikum geöffnet und wird in allen Reiseführern der Stadt erwähnt; sie taucht auch in den Reisetagebüchern zahlreicher Literaten und Künstler auf, die ihr einen Besuch abstatteten, darunter George Byron, Jacob Burckhardt, Gustav Friedrich Waagen und Édouard Manet. Manfrin hatte eine besondere Vorliebe für die venezianische Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts, und zu den wichtigsten Werken seiner Gemäldegalerie gehörten zwei Gemälde Giorgiones, das Bildnis einer alten Frau und das berühmte Gewitter, die sich heute beide in der Gallerie dell’Accademia in Venedig befinden. Girolamos Sammlungen umfassten aber auch Skulpturen, Bücher, Drucke und eine wissenschaftliche Sammlung von Fossilien und Muscheln, ganz im Sinne des „enzyklopädischen“ Sammelns.

Die Anbetung der Hirten Andrea Celestis, die auf der Rückseite noch mit Klebezetteln und Inventarangaben versehen ist, gehörte zum ursprünglichen Kern der Sammlung, da sie bereits im frühesten erhaltenen urkundlichen Zeugnis aufscheint: in einem Inventarverzeichnis, das 1794 von dem Restaurator Pietro Edwards, dem Mitarbeiter und Berater Manfrins, erstellt wurde (Abbozzi catalogo Galleria manfriniana, 1794). Das Bild erscheint dann in einem weiteren Inventarverzeichnis von 1834, das nach dem Tod Pietro Manfrins, Girolamos Sohn, anlässlich der Übertragung seines Besitzes an seine Schwester Giulia Angela Giovanna erstellt wurde. In beiden Inventaren wird das Vorhandensein eines Pendants mit der Darstellung der Wundersamen Brotvermehrung erwähnt, das derzeit nicht auffindbar ist.

Die Veräußerung der Sammlungen Manfrins begann um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit einer ersten Auktion in Venedig im Jahr 1856, gefolgt von weiteren Versteigerungen in Paris (1870) und Mailand (1897). Um die Werke stritten sich namhafte Privatsammler, vor allem britische und amerikanische, sowie die wichtigsten europäischen Museen: Die National Gallery und der Louvre verhandelten mit den Manfrin-Erben über den Erwerb von Teilen der Sammlung. Eine beträchtliche Zahl von Gemälden blieb jedoch vor Ort und wurde von der Gallerie dell’Accademia in Venedig angekauft.

Zu dem vorliegenden Gemälde findet sich ein Hinweis in Francesco Zanottos 1880 erschienenem Band zur Geschichte der venezianischen Malerei: „Zwei wahrhaft eindrückliche Gemälde, eines mit der Geburt Christi, das andere mit der Brotvermehrung“, aus der Manfrin-Galerie landeten in Spanien, wo sie möglicherweise versteigert wurden.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 25.10.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10. - 25.10.2023