Lot Nr. 37 -


Habsburger Hofmaler, 16. Jahrhundert


Brustbild von König Philipp II. von Spanien (1527–1598) in Rüstung und mit dem Orden vom Goldenen Vlies nach der Schlacht bei Saint Quentin,
Öl auf Leinwand, 59 x 51,5 cm, gerahmt

Wir danken Gloria Martínez Leiva für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes. Ihr schriftliches Gutachten liegt diesem Lot bei.

Dieses Brustbild gibt den jungen Philipp II. von Spanien in triumphaler Haltung wieder. Es ist ein prägendes Bild der frühen Regierungszeit des neuen Monarchen, das zum Gedenken an den Sieg der Spanier über die Franzosen in der Schlacht von Saint Quentin im August 1557 gemalt wurde. Philipp nahm an der Schlacht teil, und das Bild sollte in seiner künstlerischen Aussage Philipp sowohl als militärischen als auch als politischen Erben seines Vaters, Kaiser Karls V., bestätigen. Im Porträt trägt Philip einen Harnisch der berühmten Burgunderkreuz-Rüstung, die für ihn 1551 von seinem bevorzugten Schmied Wolfgang Grosschedel von Landshut (um 1517–1562) angefertigt worden war und die sich noch in der königlichen Sammlung in Madrid befindet (Inv.-Nr. 190000326, Kat. A-263). Die Rüstung ist besonders fein gearbeitet und mit Kreuzen, Motiven des Ordens vom Goldenen Vlies und einem feuervergoldeten Bild der Unbefleckten Empfängnis über dem Herzen des Monarchen geschmückt. Es ist die Rüstung, die Philip auch in der Schlacht von Saint-Quentin trug.

Anthonis Mor schuf 1557 die erste Fassung des Porträts in Brüssel, einige Tage nach dem Ereignis. 1559 wurde das Porträt nach Spanien gebracht. Wenn man dieses Porträt von Philipp mit dem 1550/51 von Tizian nach Mors Bilderfindung gemalten Werk vergleicht, zeigen sich einige Gemeinsamkeiten, aber auch auffällige Unterschiede. Auf beiden Bildern ist Philip in Rüstung dargestellt. Die Stimmung der beiden Porträts ist jedoch völlig anders. Teilweise ist dies dem unterschiedlichen Alter und dem Rang des Porträtierten geschuldet. Als Tizian Philipp porträtierte, war der junge Prinz ungefähr 23 Jahre alt, noch kein gereifter König von 30 Jahren. Es ist jedoch das jeweilige Temperament der beiden Künstler, das die beiden Bilder am stärksten voneinander unterscheidet. Tizians Philip wirkt, trotzdem er in voller Länge und Rüstung wiedergegeben ist, entspannter und natürlicher, ein Mann von Intelligenz und Begabungen, während im Gegensatz dazu der vorliegende Porträttypus Philipp als einen Mann der Tat und Macht repräsentiert. Tatsächlich fand Philipp Tizians Bild, obwohl er den Künstler bewunderte und sein bedeutendster Auftraggeber war, etwas unzulänglich und in der Ausführung ein wenig ungelöst, besonders was die Darstellung der Rüstung anging. Mors Technik unterscheidet sich hingegen völlig von der berühmten impressionistischen Darstellungsweise Tizians. Die Präzision der Linienführung im Detail der vorliegenden Komposition ist verblüffend; illusionistische Details, wie beispielsweise die Lichtspiegelungen am rechten Arm des Königs sind mit großem Geschick umgesetzt. Was immer Philipp bei Tizians Bild als unzureichend gefunden haben mag, Mor und seine Schüler waren in der Lage, es perfekt auszuführen, indem sie einen vom König und seiner Familie geforderten Porträttypus schufen, der die habsburgische Herrschaft veranschaulichen sollte.

Das Bild hatte Erfolg und behielt über viele Jahre seine Wirkkraft. Juan Pantoja de la Cruz malte mindestens eine Version des Werks für den Prado. Während seines zweiten Aufenthalts in Spanien malte Mor 1560 selbst eine Replik für die Porträtgalerie mit Bildnissen der Familie im Kloster Descalzas Reales in Madrid, welche die Infantin von Portugal eingerichtet hatte. Die Replik ist die einzige eigenhändige Version, die erhalten ist (Anthonis Mor, Ganzfiguriges Porträt von Philipp II. in Rüstung und mit dem Orden vom Goldenen Vlies, 1560, Öl auf Leinwand, 198 x 102 cm, geschütztes Kulturgut, Escorial, Inv.-Nr. 10014146).

1566 malte Alonso Sánchez Coello eine Fassung, die für den kaiserlichen Hof in Wien (Schloss Ambras, Innsbruck, Leihgabe des Kunsthistorischen Museums, Wien, Inv.-Nr. 3995) bestimmt war und die einen gemalten Rahmen als Einfassung vortäuscht. Eine weitere auf Holz gemalte Werkstattarbeit befindet sich im Fitzwilliam Museum, Cambridge (Inv.-Nr. M.64). Mor begleitete Philipp II. auf seiner Rückfahrt nach Spanien und hatte die erste Fassung des Porträts bei sich. Mindestens eine Werkstatt- oder eigenhändige Replik eines Porträts in Lebensgröße blieb in Brüssel zurück, worauf in einem 1659 erstellten Inventarverzeichnis im Palast von Coudenberg-verwiesen wird (siehe A. Pérez de Tudela, Las copias de los retratos de Antonio Moro durante su segunda estancia en España (1559–1561), in: E. Lamas, D. García Cueto (Hrsg.), Copies of Flemish Masters in the Hispanic World (1500–1700), Turnhout 2021, S. 116). Gloria Martínez-Leiva geht davon aus, dass die heute in Cambridge befindliche Version in Brüssel ausgeführt worden sein muss: nicht nur wegen des Bildträgers Holz, sondern auch wegen der Übereinstimmung mit dem Vorbild auf der im Palast von Coudenberg verzeichneten Fassung. Bei der vorliegenden Fassung handelt es sich um eine viel einfallsreichere Variante: Geschickt hat der Künstler die Komposition an ein kleineres Format angepasst und das rote Band am rechten Arm, welches die spanische Armee in der Schlacht kennzeichnete, sowie das Goldene Vlies, welches in Verkleinerungen des lebensgroßen Porträttyps oft weggelassen wurde (beispielsweise in Cristofano dell’Altissimos Porträtversion von Philipp II., um 1562, Öl auf Leinwand, 60 x 45 cm, Uffizien, Florenz, Inv. 1890, Nr. 42), festgehalten. In jener Version hat Cristofano dell’Altissimo einfach auf Band und Goldenes Vlies verzichtet, ebenso auf einem kleinen Porträt in Wien (13,2 x 10 cm, Kunsthistorisches Museum, Wien, Inv.-Nr. GG 4676). Das vorliegende Gemälde weist zudem einige stilistische Merkmale auf, die für einen sehr talentierten Künstler sprechen, der zwar ein ikonisches Bild des jungen Königs aufgriff, aber dennoch ein sehr individuelles Porträt von ihm schuf.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

24.04.2024 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 48.025,-
Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-

Habsburger Hofmaler, 16. Jahrhundert


Brustbild von König Philipp II. von Spanien (1527–1598) in Rüstung und mit dem Orden vom Goldenen Vlies nach der Schlacht bei Saint Quentin,
Öl auf Leinwand, 59 x 51,5 cm, gerahmt

Wir danken Gloria Martínez Leiva für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes. Ihr schriftliches Gutachten liegt diesem Lot bei.

Dieses Brustbild gibt den jungen Philipp II. von Spanien in triumphaler Haltung wieder. Es ist ein prägendes Bild der frühen Regierungszeit des neuen Monarchen, das zum Gedenken an den Sieg der Spanier über die Franzosen in der Schlacht von Saint Quentin im August 1557 gemalt wurde. Philipp nahm an der Schlacht teil, und das Bild sollte in seiner künstlerischen Aussage Philipp sowohl als militärischen als auch als politischen Erben seines Vaters, Kaiser Karls V., bestätigen. Im Porträt trägt Philip einen Harnisch der berühmten Burgunderkreuz-Rüstung, die für ihn 1551 von seinem bevorzugten Schmied Wolfgang Grosschedel von Landshut (um 1517–1562) angefertigt worden war und die sich noch in der königlichen Sammlung in Madrid befindet (Inv.-Nr. 190000326, Kat. A-263). Die Rüstung ist besonders fein gearbeitet und mit Kreuzen, Motiven des Ordens vom Goldenen Vlies und einem feuervergoldeten Bild der Unbefleckten Empfängnis über dem Herzen des Monarchen geschmückt. Es ist die Rüstung, die Philip auch in der Schlacht von Saint-Quentin trug.

Anthonis Mor schuf 1557 die erste Fassung des Porträts in Brüssel, einige Tage nach dem Ereignis. 1559 wurde das Porträt nach Spanien gebracht. Wenn man dieses Porträt von Philipp mit dem 1550/51 von Tizian nach Mors Bilderfindung gemalten Werk vergleicht, zeigen sich einige Gemeinsamkeiten, aber auch auffällige Unterschiede. Auf beiden Bildern ist Philip in Rüstung dargestellt. Die Stimmung der beiden Porträts ist jedoch völlig anders. Teilweise ist dies dem unterschiedlichen Alter und dem Rang des Porträtierten geschuldet. Als Tizian Philipp porträtierte, war der junge Prinz ungefähr 23 Jahre alt, noch kein gereifter König von 30 Jahren. Es ist jedoch das jeweilige Temperament der beiden Künstler, das die beiden Bilder am stärksten voneinander unterscheidet. Tizians Philip wirkt, trotzdem er in voller Länge und Rüstung wiedergegeben ist, entspannter und natürlicher, ein Mann von Intelligenz und Begabungen, während im Gegensatz dazu der vorliegende Porträttypus Philipp als einen Mann der Tat und Macht repräsentiert. Tatsächlich fand Philipp Tizians Bild, obwohl er den Künstler bewunderte und sein bedeutendster Auftraggeber war, etwas unzulänglich und in der Ausführung ein wenig ungelöst, besonders was die Darstellung der Rüstung anging. Mors Technik unterscheidet sich hingegen völlig von der berühmten impressionistischen Darstellungsweise Tizians. Die Präzision der Linienführung im Detail der vorliegenden Komposition ist verblüffend; illusionistische Details, wie beispielsweise die Lichtspiegelungen am rechten Arm des Königs sind mit großem Geschick umgesetzt. Was immer Philipp bei Tizians Bild als unzureichend gefunden haben mag, Mor und seine Schüler waren in der Lage, es perfekt auszuführen, indem sie einen vom König und seiner Familie geforderten Porträttypus schufen, der die habsburgische Herrschaft veranschaulichen sollte.

Das Bild hatte Erfolg und behielt über viele Jahre seine Wirkkraft. Juan Pantoja de la Cruz malte mindestens eine Version des Werks für den Prado. Während seines zweiten Aufenthalts in Spanien malte Mor 1560 selbst eine Replik für die Porträtgalerie mit Bildnissen der Familie im Kloster Descalzas Reales in Madrid, welche die Infantin von Portugal eingerichtet hatte. Die Replik ist die einzige eigenhändige Version, die erhalten ist (Anthonis Mor, Ganzfiguriges Porträt von Philipp II. in Rüstung und mit dem Orden vom Goldenen Vlies, 1560, Öl auf Leinwand, 198 x 102 cm, geschütztes Kulturgut, Escorial, Inv.-Nr. 10014146).

1566 malte Alonso Sánchez Coello eine Fassung, die für den kaiserlichen Hof in Wien (Schloss Ambras, Innsbruck, Leihgabe des Kunsthistorischen Museums, Wien, Inv.-Nr. 3995) bestimmt war und die einen gemalten Rahmen als Einfassung vortäuscht. Eine weitere auf Holz gemalte Werkstattarbeit befindet sich im Fitzwilliam Museum, Cambridge (Inv.-Nr. M.64). Mor begleitete Philipp II. auf seiner Rückfahrt nach Spanien und hatte die erste Fassung des Porträts bei sich. Mindestens eine Werkstatt- oder eigenhändige Replik eines Porträts in Lebensgröße blieb in Brüssel zurück, worauf in einem 1659 erstellten Inventarverzeichnis im Palast von Coudenberg-verwiesen wird (siehe A. Pérez de Tudela, Las copias de los retratos de Antonio Moro durante su segunda estancia en España (1559–1561), in: E. Lamas, D. García Cueto (Hrsg.), Copies of Flemish Masters in the Hispanic World (1500–1700), Turnhout 2021, S. 116). Gloria Martínez-Leiva geht davon aus, dass die heute in Cambridge befindliche Version in Brüssel ausgeführt worden sein muss: nicht nur wegen des Bildträgers Holz, sondern auch wegen der Übereinstimmung mit dem Vorbild auf der im Palast von Coudenberg verzeichneten Fassung. Bei der vorliegenden Fassung handelt es sich um eine viel einfallsreichere Variante: Geschickt hat der Künstler die Komposition an ein kleineres Format angepasst und das rote Band am rechten Arm, welches die spanische Armee in der Schlacht kennzeichnete, sowie das Goldene Vlies, welches in Verkleinerungen des lebensgroßen Porträttyps oft weggelassen wurde (beispielsweise in Cristofano dell’Altissimos Porträtversion von Philipp II., um 1562, Öl auf Leinwand, 60 x 45 cm, Uffizien, Florenz, Inv. 1890, Nr. 42), festgehalten. In jener Version hat Cristofano dell’Altissimo einfach auf Band und Goldenes Vlies verzichtet, ebenso auf einem kleinen Porträt in Wien (13,2 x 10 cm, Kunsthistorisches Museum, Wien, Inv.-Nr. GG 4676). Das vorliegende Gemälde weist zudem einige stilistische Merkmale auf, die für einen sehr talentierten Künstler sprechen, der zwar ein ikonisches Bild des jungen Königs aufgriff, aber dennoch ein sehr individuelles Porträt von ihm schuf.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 24.04.2024 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.04. - 24.04.2024


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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