Lot Nr. 70 -


Giovanni Baglione


(Rom um 1566/68–1643)
Die Buße des heiligen Hieronymus,
Öl auf Leinwand, 118 x 158 cm, gerahmt

Literatur:
M. Nicolaci, Venezia (anti)caravaggesca. Itinerario critico in chiaroscuro (1620–1660), in: A. Cosma, Y. Primarosa (Hg.), Barocco in chiaroscuro. Persistenze e rielaborazioni del caravaggismo nell’arte del Seicento. Roma, Napoli, Venezia 1630–1680, Mailand 2020, S. 339 f. (als Giovanni Baglione)

Die vorliegende Buße des heiligen Hieronymus ist eine rezente und bedeutende Hinzufügung zum Werk des Giovanni Baglione; sie wird um 1610–1615 datiert.

Der Künstler erhielt seine Ausbildung in einem spätmanieristischen Umfeld und wurde von Cavalier d’Arpino und Federico Barocci beeinflusst. Baglione war vermutlich ein Schüler des Florentiner Künstlers Francesco Morelli. Zwischen 1588 und 1590 erhielt er seinen ersten großen Auftrag als Mitglied der Künstlergruppe, die die Scala Santa und die Vatikanische Apostolische Bibliothek in Rom mit Fresken ausstattete. Später malte Baglione einige Szenen aus dem Leben der Gottesmutter für Santa Maria dell’Orto in Rom, die 1598 fertiggestellt wurden; und um 1600 führte er ein Fresko für das Querschiff von San Giovanni in Laterano aus. Bereits Ende der 1590er-Jahre sind in Bagliones Werken die neuen Tendenzen des römischen Naturalismus erkennbar, die durch das kulturelle Milieu um Kardinal Sfondrato gefördert wurden.

Ab etwa 1600 begann Baglione, die stilistischen Neuerungen Caravaggios zu berücksichtigen, wie dies die beiden berühmten Fassungen der Heiligen Liebe und der profanen Liebe zeigen, die beide zwischen 1602 und 1603 für Kardinal Benedetto Giustiniani entstanden und die sich heute in der Galleria Nazionale d’Arte Antica im Palazzo Barberini in Rom (Inv.-Nr. 1268) und in der Gemäldegalerie in Berlin (Inv.-Nr. 381) befinden. 1603 fand der berühmte Verleumdungsprozess von Baglione gegen Caravaggio und seinen engsten Kreis statt, der auch die zunehmende Loslösung des Künstlers vom caravaggesken Stil markiert. Die Flucht Caravaggios aus Rom im Jahr 1606 und die Wahl Bagliones zum Principe der Accademia di San Luca markieren die endgültige künstlerische Weihe des Malers.

Bagliones Werke der Reifezeit zeichnen sich wie das vorliegende Gemälde durch einen Eklektizismus aus, der emilianische und toskanische Einflüsse mit den Neuerungen des römischen Naturalismus verbindet. Auf unserem Bild ist der Maler auch von der venezianischen Malerei, insbesondere von Girolamo Savoldo, beeinflusst, dem Baglione sowohl über Gemälde, die sich damals in römischen Sammlungen befanden, als auch persönlich während eines Aufenthalts in Venedig im Jahr 1614 begegnete. Das vorliegende Werk kann mit Bagliones Bild Der heilige Petrus verglichen werden, das sich heute in der Galleria Sabauda in Turin befindet (Inv.-Nr. 797) und dessen Bildfläche ebenfalls von einer großen Figur dominiert wird.

Die Herkunft des vorliegenden Gemäldes ist derzeit nicht bekannt. Es gibt jedoch mindestens zwei schriftliche Quellen, die Giovanni Baglione Werke mit demselben Thema zuschreiben. Die erste Quelle ist ein Inventarverzeichnis des Palazzo Lancellotti in Rom, das am 15. Oktober 1640 erstellt wurde, in dem ein „Heiliger Hieronymus von Baglione mit vergoldetem Rahmen“ erwähnt wird, der sich bis Ende des 18. Jahrhunderts im Besitz der Familie befand und dessen Spur sich dann verlor (P. Cavazzini, Palazzo Lancellotti ai Coronari, Rom 1998, S. 160, 196). Die zweite Quelle erwähnt einen „Heiligen Hieronymus als Büßer vor dem Kruzifix kniend und sich mit einem Stein auf die Brust schlagend“ in dem 1700 veröffentlichten Buch Domenico Montelaticis über die Villa Borghese fuori di Porta Pinciana (S. 221). Zudem listet das detaillierte Inventarverzeichnis der Besitztümer, die der Maler seiner zweiten Frau und seinem Sohn vermachte, drei Gemälde mit Darstellungen des heiligen Hieronymus, die sich in ihren Maßen unterscheiden (M. G. Aurigemma, Del Cavalier Baglione, in: Storia dell’arte, Nr. 80, 1994, S. 37).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

24.04.2024 - 18:00

Schätzwert:
EUR 100.000,- bis EUR 150.000,-

Giovanni Baglione


(Rom um 1566/68–1643)
Die Buße des heiligen Hieronymus,
Öl auf Leinwand, 118 x 158 cm, gerahmt

Literatur:
M. Nicolaci, Venezia (anti)caravaggesca. Itinerario critico in chiaroscuro (1620–1660), in: A. Cosma, Y. Primarosa (Hg.), Barocco in chiaroscuro. Persistenze e rielaborazioni del caravaggismo nell’arte del Seicento. Roma, Napoli, Venezia 1630–1680, Mailand 2020, S. 339 f. (als Giovanni Baglione)

Die vorliegende Buße des heiligen Hieronymus ist eine rezente und bedeutende Hinzufügung zum Werk des Giovanni Baglione; sie wird um 1610–1615 datiert.

Der Künstler erhielt seine Ausbildung in einem spätmanieristischen Umfeld und wurde von Cavalier d’Arpino und Federico Barocci beeinflusst. Baglione war vermutlich ein Schüler des Florentiner Künstlers Francesco Morelli. Zwischen 1588 und 1590 erhielt er seinen ersten großen Auftrag als Mitglied der Künstlergruppe, die die Scala Santa und die Vatikanische Apostolische Bibliothek in Rom mit Fresken ausstattete. Später malte Baglione einige Szenen aus dem Leben der Gottesmutter für Santa Maria dell’Orto in Rom, die 1598 fertiggestellt wurden; und um 1600 führte er ein Fresko für das Querschiff von San Giovanni in Laterano aus. Bereits Ende der 1590er-Jahre sind in Bagliones Werken die neuen Tendenzen des römischen Naturalismus erkennbar, die durch das kulturelle Milieu um Kardinal Sfondrato gefördert wurden.

Ab etwa 1600 begann Baglione, die stilistischen Neuerungen Caravaggios zu berücksichtigen, wie dies die beiden berühmten Fassungen der Heiligen Liebe und der profanen Liebe zeigen, die beide zwischen 1602 und 1603 für Kardinal Benedetto Giustiniani entstanden und die sich heute in der Galleria Nazionale d’Arte Antica im Palazzo Barberini in Rom (Inv.-Nr. 1268) und in der Gemäldegalerie in Berlin (Inv.-Nr. 381) befinden. 1603 fand der berühmte Verleumdungsprozess von Baglione gegen Caravaggio und seinen engsten Kreis statt, der auch die zunehmende Loslösung des Künstlers vom caravaggesken Stil markiert. Die Flucht Caravaggios aus Rom im Jahr 1606 und die Wahl Bagliones zum Principe der Accademia di San Luca markieren die endgültige künstlerische Weihe des Malers.

Bagliones Werke der Reifezeit zeichnen sich wie das vorliegende Gemälde durch einen Eklektizismus aus, der emilianische und toskanische Einflüsse mit den Neuerungen des römischen Naturalismus verbindet. Auf unserem Bild ist der Maler auch von der venezianischen Malerei, insbesondere von Girolamo Savoldo, beeinflusst, dem Baglione sowohl über Gemälde, die sich damals in römischen Sammlungen befanden, als auch persönlich während eines Aufenthalts in Venedig im Jahr 1614 begegnete. Das vorliegende Werk kann mit Bagliones Bild Der heilige Petrus verglichen werden, das sich heute in der Galleria Sabauda in Turin befindet (Inv.-Nr. 797) und dessen Bildfläche ebenfalls von einer großen Figur dominiert wird.

Die Herkunft des vorliegenden Gemäldes ist derzeit nicht bekannt. Es gibt jedoch mindestens zwei schriftliche Quellen, die Giovanni Baglione Werke mit demselben Thema zuschreiben. Die erste Quelle ist ein Inventarverzeichnis des Palazzo Lancellotti in Rom, das am 15. Oktober 1640 erstellt wurde, in dem ein „Heiliger Hieronymus von Baglione mit vergoldetem Rahmen“ erwähnt wird, der sich bis Ende des 18. Jahrhunderts im Besitz der Familie befand und dessen Spur sich dann verlor (P. Cavazzini, Palazzo Lancellotti ai Coronari, Rom 1998, S. 160, 196). Die zweite Quelle erwähnt einen „Heiligen Hieronymus als Büßer vor dem Kruzifix kniend und sich mit einem Stein auf die Brust schlagend“ in dem 1700 veröffentlichten Buch Domenico Montelaticis über die Villa Borghese fuori di Porta Pinciana (S. 221). Zudem listet das detaillierte Inventarverzeichnis der Besitztümer, die der Maler seiner zweiten Frau und seinem Sohn vermachte, drei Gemälde mit Darstellungen des heiligen Hieronymus, die sich in ihren Maßen unterscheiden (M. G. Aurigemma, Del Cavalier Baglione, in: Storia dell’arte, Nr. 80, 1994, S. 37).

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 24.04.2024 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.04. - 24.04.2024