Lot Nr. 200


Mikulas Medek *


(Prag 1926–1974)
Thirsty Angel V (Annunciation) - Gefesselter Engel, 1971, signiert und datiert Medek 71, Öl, Emaillefarbe auf Leinwand, 170 x 120 cm, gerahmt

Wir danken Adéla Procházková für die freundliche Unterstützung bei der Katalogisierung des vorliegenden Werkes.

Provenienz:
Kunstkreis Leinfelden - Dort im Jahre 1972 vom jetzigen Besitzer erworben
Privatsammlung, Süddeutschland

Ausgestellt/Literatur:
Kunstkreis Leinfelden, Mikulás Medek, 8. - 24. Mai 1970
Museum Bochum, Mikulás Medek 1926 - 1974, 11. Dezember 1976 - 16. Januar 1977, Bochum 1976, Kat. Nr. 21 (dort mit dem Titel Gefesselter Engel)
Pavla Pečinková, Contemporary Czech Painting, East Roseville 1993, S. 97 mit s/w-Abb. (dort mit dem Titel The Thirsty Angel I (Annunciation) und datiert 1970)
Galerie Rudolfinum, Prag, Mikulás Medek, 25. April - 18. August 2002 (dort mit dem Titel Gefesselter Engel)
Nationalgalerie Prag, Mikulás Medek, Naked in the Thorns, 11. September 2020 - 10. Januar 2021, Prag 2020, S. 181 mit Abb.

In einer Abhandlung aus dem Jahr 1951 schreiben der tschechische Künstler Mikulas Medek und seine Partnerin Emila Medkova, dass das innere Bild kein autonomes Produkt des Unterbewusstseins sei, sondern eine Realität, „die unsere zitternden Subjekte umfasst, eine Realität, die durch unseren ganzen Körper gesehen wird, Realität, Existenz, Nichts, Realität des Bewusstseins.“

Im Laufe seines Lebens schuf Mikulas Medek (1926-1974) ein knapp 400 Werke umfassendes Oeuvre, dass sich von seinen frühen expressionistischen und am Rande auch kubistischen Werken, über eine Annäherung an den Surrealismus und des Existenzialismus, bis hin zu einem als Informel bezeichneten Ausdruck, der sich an die Abstraktion anlehnt, um schließlich zu einer architektonisch-morphologisch durchdrungenen Figuration zurückzukehren.

Seine Bilder wurden erst nach dem Ende des totalitären Kommunismus in Tschechien einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, zu Lebzeiten wurde er – wie viele andere – als Maler politisch sanktioniert und seine Werke wiederkehrend auf den Index gesetzt, stünden sie doch in „krassem Widerspruch zur Aufgabe der Kunst in einer sozialistischen Gesellschaft“. Kirchen wurden zeitweise zu den einzigen öffentlich zugänglichen Räumen seiner Kunst, wo er großformatige Altarbilder erschuf, nach 1970 stellte er ausschließlich mehr im Ausland aus. 1971, drei Jahre vor seinem frühen krankheitsbedingten Tod, schuf er das Bild Thirsty Angel V.

Es entstammt einer mehrteiligen „Engel“-Serie, deren Kopfstrukturen einem biomorph-mikroskopischem Querschnitt von Pflanzengewebe ähneln. Diese Bilder aus metallischem Blau und goldenem Rot öffnen dem Betrachter in ihrer kristallin-transluzenten Struktur den orphischen Assoziationsraum einer von sakralen, halluzinogenen und symbolischen Parabeln beherrschten Welt.

Sie wirken wie Kaleidoskope aus menschlichem Leid, seelischen Zweifeln und körperlichen Schmerzen. Sie zeigen aber auch den freien Geist in einer mechanisch gefesselten Hülle, der sich trotz des ihn umgebenden frostigen Milieus nicht einsperren lässt und wecken die Reminiszenz an die farbenprächtigen nach oben strebenden Bleiglasfenster steinerner Kirchen.

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
+49 211 2107747

petra.schaepers@dorotheum.de

23.05.2024 - 18:00

Schätzwert:
EUR 200.000,- bis EUR 300.000,-

Mikulas Medek *


(Prag 1926–1974)
Thirsty Angel V (Annunciation) - Gefesselter Engel, 1971, signiert und datiert Medek 71, Öl, Emaillefarbe auf Leinwand, 170 x 120 cm, gerahmt

Wir danken Adéla Procházková für die freundliche Unterstützung bei der Katalogisierung des vorliegenden Werkes.

Provenienz:
Kunstkreis Leinfelden - Dort im Jahre 1972 vom jetzigen Besitzer erworben
Privatsammlung, Süddeutschland

Ausgestellt/Literatur:
Kunstkreis Leinfelden, Mikulás Medek, 8. - 24. Mai 1970
Museum Bochum, Mikulás Medek 1926 - 1974, 11. Dezember 1976 - 16. Januar 1977, Bochum 1976, Kat. Nr. 21 (dort mit dem Titel Gefesselter Engel)
Pavla Pečinková, Contemporary Czech Painting, East Roseville 1993, S. 97 mit s/w-Abb. (dort mit dem Titel The Thirsty Angel I (Annunciation) und datiert 1970)
Galerie Rudolfinum, Prag, Mikulás Medek, 25. April - 18. August 2002 (dort mit dem Titel Gefesselter Engel)
Nationalgalerie Prag, Mikulás Medek, Naked in the Thorns, 11. September 2020 - 10. Januar 2021, Prag 2020, S. 181 mit Abb.

In einer Abhandlung aus dem Jahr 1951 schreiben der tschechische Künstler Mikulas Medek und seine Partnerin Emila Medkova, dass das innere Bild kein autonomes Produkt des Unterbewusstseins sei, sondern eine Realität, „die unsere zitternden Subjekte umfasst, eine Realität, die durch unseren ganzen Körper gesehen wird, Realität, Existenz, Nichts, Realität des Bewusstseins.“

Im Laufe seines Lebens schuf Mikulas Medek (1926-1974) ein knapp 400 Werke umfassendes Oeuvre, dass sich von seinen frühen expressionistischen und am Rande auch kubistischen Werken, über eine Annäherung an den Surrealismus und des Existenzialismus, bis hin zu einem als Informel bezeichneten Ausdruck, der sich an die Abstraktion anlehnt, um schließlich zu einer architektonisch-morphologisch durchdrungenen Figuration zurückzukehren.

Seine Bilder wurden erst nach dem Ende des totalitären Kommunismus in Tschechien einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, zu Lebzeiten wurde er – wie viele andere – als Maler politisch sanktioniert und seine Werke wiederkehrend auf den Index gesetzt, stünden sie doch in „krassem Widerspruch zur Aufgabe der Kunst in einer sozialistischen Gesellschaft“. Kirchen wurden zeitweise zu den einzigen öffentlich zugänglichen Räumen seiner Kunst, wo er großformatige Altarbilder erschuf, nach 1970 stellte er ausschließlich mehr im Ausland aus. 1971, drei Jahre vor seinem frühen krankheitsbedingten Tod, schuf er das Bild Thirsty Angel V.

Es entstammt einer mehrteiligen „Engel“-Serie, deren Kopfstrukturen einem biomorph-mikroskopischem Querschnitt von Pflanzengewebe ähneln. Diese Bilder aus metallischem Blau und goldenem Rot öffnen dem Betrachter in ihrer kristallin-transluzenten Struktur den orphischen Assoziationsraum einer von sakralen, halluzinogenen und symbolischen Parabeln beherrschten Welt.

Sie wirken wie Kaleidoskope aus menschlichem Leid, seelischen Zweifeln und körperlichen Schmerzen. Sie zeigen aber auch den freien Geist in einer mechanisch gefesselten Hülle, der sich trotz des ihn umgebenden frostigen Milieus nicht einsperren lässt und wecken die Reminiszenz an die farbenprächtigen nach oben strebenden Bleiglasfenster steinerner Kirchen.

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
+49 211 2107747

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 23.05.2024 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 11.05. - 23.05.2024