Lot Nr. 38 -


Habsburger Hofmaler, um 1600


Habsburger Hofmaler, um 1600 - Alte Meister I

Ganzfiguriges Porträt Philipps II. von Spanien (1527–1598) in Rüstung und mit dem Orden vom Goldenen Vlies,
mit Inventarnummer „406“ und bezeichnet links unten: Philippe 2 Reÿ de Spañia,
Öl auf Leinwand, 201 x 121 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung des Marqués de Leganés, 1637, Inv.-Nr. 406;
Sammlung des Marqués de Leganés, 1642, Inv.-Nr. 406;
Sammlung des Marqués de Leganés, 1655, Palacio de San Bernardo, Inv.-Nr. 406;
Weitergabe im Erbgang an die Sammlung des XI. Conde de Altamira, Ventura de Osorio, Palacio de San Bernardo, 1726 (Inventar, erstellt anlässlich der Vermietung des Palacio de San Bernardo an den kaiserlichen Botschafter Graf Königsegg: „Pieza de las Vaiettas […] Ottro Rettratto de Phelipe 2º de vara d ancho y dos y media de alto, nº 406“);
vermutlich unter den 1812 von Bonaparte beschlagnahmten Gemälden (siehe Literatur);
vermutlich Rückgabe an den Conde de Altamira, 1814;
Auktion, Mr. Stanley, London, 1. Juni 1827, Lot 61 („Philip the Second in rich Armour. From the Altamira Gallery“ [Philipp II. in prächtiger Rüstung. Aus der Galerie Altamiras);
Sammlung Sir Samuel Meyrick (1783–1848);
erworben aus der Sammlung Meyrick im Jahr 1872 (lt. rückseitiger Beschriftung);
Kunsthandel, England;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
J. L. López Navío, La gran colección de pinturas del Marqués de Leganés, Analecta Calasanctiana, Nr. 8, 1962, S. 288;
M. Díaz Padrón, Pintura Flamenca en España, Dissertation, Madrid 1976, S. 1196;
J. J. Pérez Preciado, El Marqués de Leganés y las artes, Dissertation, Madrid 2008–2010, Bd. I, S. 303f., Bd. II, S. 281f., 582, Anm. 2085 und S. 728 (als Salomon Noveliers)

Wir danken Gloria Martinez Leiva für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Im Jahr 1628 äußerte sich Peter Paul Rubens gegenüber Pierre Dupuy in Paris, mit dem er in regelmäßigem brieflichen Austausch stand, über einen spanischen Höfling aus Brüssel, der gerade die französische Hauptstadt besuchte. Dupuy hatte diesen Höfling, der den berühmten General Ambrogio Spinola, seinen Schwiegervater, begleitete, soeben kennengelernt. Der junge Mann, der Marqués de Leganés, so schrieb Rubens, „ist einer der größten Kenner unserer Zeit“. Rubens kannte Leganés damals seit zumindest drei Jahren, und seine Einschätzung zeigt die Bedeutung, die der Marqués bereits unter seinen Zeitgenossen hatte (siehe M. Crawford Volk, New Light on a Seventeenth-Century Collector: The Marquis of Leganée, in: The Art Bulletin, Bd. 62, Nr. 2, Juni 1980, S. 256–268, S. 256, N.1).

Die nahezu fürstliche Sammlung Leganés’ zählte zum Zeitpunkt des Todes des ersten Marquis 1655 über 1300 Gemälde. Er war ein unersättlicher Sammler. Seine Sammlung, zu der auch Werke spanischer Maler wie Velásquez, Juan van der Hamen und Ribera sowie viele Werke italienischer Künstler wie Tizian gehörten, war vor allem ob der großen Zahl von Gemälden flämischer Zeitgenossen wie Rubens und van Dyck, aber auch früherer Werke von Künstlern wie Quentin Massys bemerkenswert (siehe M. Crawford Volk 1980, S. 256: „Eine derart breite Sammlung war im 17. Jahrhundert zwar nicht gänzlich unbekannt, hatte aber nur wenig ernsthafte Konkurrenz“).

Diego Mexía Felípez de Guzmán, späterer Grande von Spanien und Marqués de Leganés (siehe Abb. 1), war eine der wichtigsten politischen und militärischen Figuren im Habsburgerreich des frühen 17. Jahrhunderts. In seiner Jugend war er Page am Hof von Erzherzog Albrecht VII. in Brüssel gewesen und hatte in seinen Diensten stehend mehrere erfolgreiche Militärfeldzüge in den Niederlanden angeführt, bevor er nach Alberts Tod 1621 nach Spanien zurückkehrte. Sowohl in Madrid als auch in den Spanischen Niederlanden bewegte er sich in den höchsten politischen und künstlerischen Kreisen. Durch seine Vermählung mit Polissena, der immens reichen Tochter Ambrogio Spinolas, im Jahr 1627, manifestierte sich nicht nur seine gesellschaftliche Stellung durch die Verbindung mit einer der ältesten Familien Genuas, sondern es wurde ihm dadurch auch möglich, in großem Maßstab zu sammeln und zu investieren. Seine Erhebung in den Stand des Marqués im selben Jahr gewährte ihm Zutritt zum Hochadel. 1634 wurde er zum Granden von Spanien ernannt.

Zu seinen vielen im Rahmen seiner diplomatischen Missionen in den Spanischen Niederlanden gemachten Erwerbungen gehört eine eindrucksvolle Serie ganzfiguriger Porträts von Herrschern aus dem Hause Habsburg, die Leganés am Brüsseler Hof in Auftrag gab, als er seinen Wohnsitz zwischen 1630 und 1635 in Brüssel hatte. Sie war zur Ausstattung des Palastes von Leganés in Madrid, des Palacio de San Bernardo, bestimmt, das der französische Reisende Saint Simon 1722 für „una de las casas más magníficas de Madrid y la mejor amueblada“ [„eines der prachtvollsten Häuser Madrids und bestens eingerichtet“] erachtete (siehe Saint Simon, Cuadro de la Corte de España en 1722, Madrid 1933, S. 66). Damit wollte er seine Verbundenheit zum Hause Habsburg zeigen, dessen Patronat Leganés so viel verdankte.

Die Serie stellte Monarchen und ihre Gemahlinnen dar, angefangen von Philipp I. („dem Schönen“) von Spanien bis hin zu dem zum Zeitpunkt der Auftragserteilung regierenden Kaiser Ferdinand III. (im Inventarverzeichnis Leganés’ von 1655 trägt die Serie die Inventarnummern 403–424). Dies war an sich nicht ungewöhnlich, gab es doch in vielen großen europäischen fürstlichen und königlichen Sammlungen vergleichbare Serien, doch das bloße Ausmaß und die Qualität der beauftragten Serie sprechen für ein außergewöhnliches künstlerisches Unterfangen, das dem eindrucksvollen Umfang und der herausragenden Qualität der Sammlung Leganés Rechnung trug. Die große Mehrzahl der in Brüssel beauftragten Porträts ist verloren, nur eine kleine Zahl konnte identifiziert oder wieder aufgefunden werden (Inv.-Nr. 408, ein Porträt der Maria von Portugal, befindet sich in einer New Yorker Privatsammlung; Inv.-Nr. 409, ein Porträt von Königin Anne Tudor, befindet sich in der Sammlung Wellington in Apsley House; Inv.-Nr. 413, ein Porträt von König Philipp IV., befindet sich in Stratfield Saye in der Sammlung Wellington; Inv.-Nr. 414, ein Porträt von Königin Isabella de Bourbon, befindet sich in New York in der Hispanic Society; Inv.-Nr. 415, ein Porträt von Rudolf II., das aufgrund seiner herausragenden Qualität von einigen Kunsthistorikern immer noch für ein Werk Hans van Aachens gehalten wird, befindet sich ebenfalls in Apsley House).

Das vorliegende eindrucksvolle Porträt von Philipp II. weist eine ab 1637 bis ins 18. Jahrhundert dokumentierte Provenienz auf; dann verliert sich die Spur mit dem Niedergang des spanischen Reichs und der Auktion, in der im frühen 19. Jahrhundert ein Großteil der Sammlung Leganés verkauft wurde. Es handelt sich um eines der gelungensten Werke der Serie, und allein seine Wiederentdeckung ist bemerkenswert. Es bietet eine seltene Gelegenheit, künstlerisches Mäzenatentum und Herrscherikonografie im unmittelbaren Zentrum des Hauses Habsburg zu verstehen. Die große malerische Qualität des Bildes wirft auch Licht auf die Rolle des Hofmalers und könnte helfen, die Frage der Autorenschaft besagter Serie zu klären, die bereits Gegenstand kunsthistorischer Diskussion gewesen ist.

Wie die meisten Gemälde aus Leganés’ Serie beruht auch das vorliegende Porträt auf einem etwas früheren Vorbild. Das Pendant zu vorliegendem Gemälde, das Porträt von Königin Mary Tudor, der Gemahlin von Philipp II., wurde im frühen 19. Jahrhundert vom Herzog von Wellington erworben und befindet sich immer noch in Apsley House in London (siehe Abb. 2). Stilistisch in seiner realistischen Wiedergabe der Physiognomie und der changierenden Texturen sehr ähnlich, trägt es dieselbe charakteristische Inventarnummer der Sammlung Leganés sowie eine sehr ähnliche Bezeichnung in dunkler Schrift links unten. Wie das vorliegende Gemälde ließ sich der Künstler des Wellington-Gemäldes von einem früheren Vorbild anregen, wobei beide Gemälde sich in Zusammenhang mit Werken von Antonis Mor bringen lassen.

Das beeindruckende Bildnis zeigt Philipp II. nach dem Sieg in der Schlacht bei Saint-Quentin. Am 10. August 1557 gingen die spanischen Truppen daraus dank der Unterstützung Englands siegreich hervor und feierten ihren entscheidenden Sieg im Konflikt zwischen dem Habsburgerreich und Frankreich. Ihr Erfolg in der Schlacht, die an dem dem heiligen Laurentius geweihten Tag gewonnen wurde, gab auch Anlass zur Gründung des Klosters San Lorenzo de El Escorial, das später als letzte Ruhestätte der spanischen Monarchen diente. Obwohl Philipp selbst nicht an der Schlacht teilnahm, wurde der Sieg im vorliegenden Porträt als ein Triumph des Königs inszeniert. Philipp wird demzufolge als General der leichten Kavallerie (guintes) dargestellt. In einen Brustharnisch und ein Kettenhemd gekleidet, trägt er am Oberarm eine Armbinde. Mit der Rechten hält er den Feldmarschallsstab umfasst, seine Linke ruht am Griff seines Schwertes. Philipp trägt die sogenannte Armadura con las cruzes de Borgona, die sich heute in der Armeria Real in Madrid befindet. Eine spätere Variante nach Mor von Alonso Sanchez Coello befindet sich im Kunsthistorischen Museum in Wien, eine weitere Fassung in den Staatlichen Museen zu Berlin. Eine leicht abgeänderte Version wird in der National Portrait Gallery in London aufbewahrt.

Es ist interessant, dass das vorliegende Gemälde irgendwann in seiner Geschichte Coello zugeschrieben gewesen sein muss, wie eine alte Beschriftung auf der Rückseite des Bildes nahelegt. Die Autorenschaft der Serie Leganés’ und demnach des vorliegenden Gemäldes war Diskussionsgegenstand. Einige Kunsthistoriker wie Mary Volk haben argumentiert, dass die Serie von unterschiedlichen Künstlern „zusammengeholt“ wurde, um eine heterogene Galerie zu bilden, was das vorliegende Gemälde potenziell näher in den Umkreis der Werkstatt Mors rücken oder einen Schüler wie Sanchez Coello nahelegen würde (siehe M. Crawford Volk, Of Connoisseurs and Kings: Velásquez’ Philip IV at Fenway Court, Fenway Court 1985, S. 22–35). José Juan Pérez Preciado hat hingegen überzeugende Argumente für einen anderen Künstler vorgebracht. Er ist überzeugt, dass Salomon Noveliers, der Hofmaler und Kurator des Erzherzogs auf Schloss Tervueren, die gesamte Serie gemalt hat (siehe J. J. Pérez Preciado, El Marqués de Leganés y las artes, Madrid 2010, Bd. I, S. 728–730).

Tatsächlich galt das vorliegende Gemälde bereits als Arbeit aus der Werkstatt Mors sowie als ein Werk Coellos, wohingegen das Porträt von Rudolf II. besagter Serie aufgrund seiner herausragenden Qualität bisweilen als eigenhändiges Werk Hans van Aachens eingeschätzt wurde. Die Qualität der wenigen Gemälde aus der Serie, die mittlerweile wiederentdeckt wurden, ist jedenfalls bemerkenswert.

Aus dem Inventarverzeichnis der Sammlung Leganés des Jahres 1655 geht die Autorenschaft in der Tat klar hervor: Inventarnummer 402, ein Porträt Philipps I., wird angeführt als „[u]n retrato de Phelipe el primero por otro ne el hermoso de dos baras y media de alto y una y una terçia de ancho de mano de noueliers del nº quatroçientos y dos se taso en morata“, während das vorliegende Werk – Inventarnummer 406 – wie viele andere Bilder der Serie als „von derselben Hand“ beschrieben wird („Otro del Rey phelipe segundo de la misma mano del nº quatroçientos y seis la taso en ochoçientos y ochenta Reales“) (siehe J. J. Pérez Preciado, ebd., Madrid 2008, S. 303f.). Dies würde nahelegen, dass tatsächlich Noveliers der für die gesamte Serie zuständige Künstler war.

Interessant ist, dass das Inventarverzeichnis von 1655 zu jedem Gemälde der Serie Schätzwerte angibt. Das vorliegende Porträt wurde mit 880 Reales bewertet, was den bei Weitem höchsten Betrag darstellt. Die meisten anderen Bilder wurden zwischen 200 und 300 Reales bewertet.

Salomon Noveliers (tätig 1618 – gest. 1666) war für Erzherzog Albrecht VII. und den Kardinalinfanten Ferdinand von Österreich tätig; ab 1634 bis 1659 galt er als Hofmaler. Während dieser Jahre erhielt er ein jährliches Salär des Hofes. Bedenkt man die Fülle an Malern und Werkstätten, die dem Statthalter zur Verfügung standen, weist allein die lange Dauer der Anstellung als Hofmaler darauf hin, dass es sich hier um einen überaus fähigen Künstler gehandelt haben muss. Das Werk dieses Künstlers, der der Werkstatt Rubens’ und anderen damaligen Kunstzentren verbunden war, ist erst seit jüngerer Zeit im Begriff, wiederentdeckt zu werden.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

08.06.2021 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 276.253,-
Schätzwert:
EUR 60.000,- bis EUR 80.000,-

Habsburger Hofmaler, um 1600


Ganzfiguriges Porträt Philipps II. von Spanien (1527–1598) in Rüstung und mit dem Orden vom Goldenen Vlies,
mit Inventarnummer „406“ und bezeichnet links unten: Philippe 2 Reÿ de Spañia,
Öl auf Leinwand, 201 x 121 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung des Marqués de Leganés, 1637, Inv.-Nr. 406;
Sammlung des Marqués de Leganés, 1642, Inv.-Nr. 406;
Sammlung des Marqués de Leganés, 1655, Palacio de San Bernardo, Inv.-Nr. 406;
Weitergabe im Erbgang an die Sammlung des XI. Conde de Altamira, Ventura de Osorio, Palacio de San Bernardo, 1726 (Inventar, erstellt anlässlich der Vermietung des Palacio de San Bernardo an den kaiserlichen Botschafter Graf Königsegg: „Pieza de las Vaiettas […] Ottro Rettratto de Phelipe 2º de vara d ancho y dos y media de alto, nº 406“);
vermutlich unter den 1812 von Bonaparte beschlagnahmten Gemälden (siehe Literatur);
vermutlich Rückgabe an den Conde de Altamira, 1814;
Auktion, Mr. Stanley, London, 1. Juni 1827, Lot 61 („Philip the Second in rich Armour. From the Altamira Gallery“ [Philipp II. in prächtiger Rüstung. Aus der Galerie Altamiras);
Sammlung Sir Samuel Meyrick (1783–1848);
erworben aus der Sammlung Meyrick im Jahr 1872 (lt. rückseitiger Beschriftung);
Kunsthandel, England;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
J. L. López Navío, La gran colección de pinturas del Marqués de Leganés, Analecta Calasanctiana, Nr. 8, 1962, S. 288;
M. Díaz Padrón, Pintura Flamenca en España, Dissertation, Madrid 1976, S. 1196;
J. J. Pérez Preciado, El Marqués de Leganés y las artes, Dissertation, Madrid 2008–2010, Bd. I, S. 303f., Bd. II, S. 281f., 582, Anm. 2085 und S. 728 (als Salomon Noveliers)

Wir danken Gloria Martinez Leiva für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Im Jahr 1628 äußerte sich Peter Paul Rubens gegenüber Pierre Dupuy in Paris, mit dem er in regelmäßigem brieflichen Austausch stand, über einen spanischen Höfling aus Brüssel, der gerade die französische Hauptstadt besuchte. Dupuy hatte diesen Höfling, der den berühmten General Ambrogio Spinola, seinen Schwiegervater, begleitete, soeben kennengelernt. Der junge Mann, der Marqués de Leganés, so schrieb Rubens, „ist einer der größten Kenner unserer Zeit“. Rubens kannte Leganés damals seit zumindest drei Jahren, und seine Einschätzung zeigt die Bedeutung, die der Marqués bereits unter seinen Zeitgenossen hatte (siehe M. Crawford Volk, New Light on a Seventeenth-Century Collector: The Marquis of Leganée, in: The Art Bulletin, Bd. 62, Nr. 2, Juni 1980, S. 256–268, S. 256, N.1).

Die nahezu fürstliche Sammlung Leganés’ zählte zum Zeitpunkt des Todes des ersten Marquis 1655 über 1300 Gemälde. Er war ein unersättlicher Sammler. Seine Sammlung, zu der auch Werke spanischer Maler wie Velásquez, Juan van der Hamen und Ribera sowie viele Werke italienischer Künstler wie Tizian gehörten, war vor allem ob der großen Zahl von Gemälden flämischer Zeitgenossen wie Rubens und van Dyck, aber auch früherer Werke von Künstlern wie Quentin Massys bemerkenswert (siehe M. Crawford Volk 1980, S. 256: „Eine derart breite Sammlung war im 17. Jahrhundert zwar nicht gänzlich unbekannt, hatte aber nur wenig ernsthafte Konkurrenz“).

Diego Mexía Felípez de Guzmán, späterer Grande von Spanien und Marqués de Leganés (siehe Abb. 1), war eine der wichtigsten politischen und militärischen Figuren im Habsburgerreich des frühen 17. Jahrhunderts. In seiner Jugend war er Page am Hof von Erzherzog Albrecht VII. in Brüssel gewesen und hatte in seinen Diensten stehend mehrere erfolgreiche Militärfeldzüge in den Niederlanden angeführt, bevor er nach Alberts Tod 1621 nach Spanien zurückkehrte. Sowohl in Madrid als auch in den Spanischen Niederlanden bewegte er sich in den höchsten politischen und künstlerischen Kreisen. Durch seine Vermählung mit Polissena, der immens reichen Tochter Ambrogio Spinolas, im Jahr 1627, manifestierte sich nicht nur seine gesellschaftliche Stellung durch die Verbindung mit einer der ältesten Familien Genuas, sondern es wurde ihm dadurch auch möglich, in großem Maßstab zu sammeln und zu investieren. Seine Erhebung in den Stand des Marqués im selben Jahr gewährte ihm Zutritt zum Hochadel. 1634 wurde er zum Granden von Spanien ernannt.

Zu seinen vielen im Rahmen seiner diplomatischen Missionen in den Spanischen Niederlanden gemachten Erwerbungen gehört eine eindrucksvolle Serie ganzfiguriger Porträts von Herrschern aus dem Hause Habsburg, die Leganés am Brüsseler Hof in Auftrag gab, als er seinen Wohnsitz zwischen 1630 und 1635 in Brüssel hatte. Sie war zur Ausstattung des Palastes von Leganés in Madrid, des Palacio de San Bernardo, bestimmt, das der französische Reisende Saint Simon 1722 für „una de las casas más magníficas de Madrid y la mejor amueblada“ [„eines der prachtvollsten Häuser Madrids und bestens eingerichtet“] erachtete (siehe Saint Simon, Cuadro de la Corte de España en 1722, Madrid 1933, S. 66). Damit wollte er seine Verbundenheit zum Hause Habsburg zeigen, dessen Patronat Leganés so viel verdankte.

Die Serie stellte Monarchen und ihre Gemahlinnen dar, angefangen von Philipp I. („dem Schönen“) von Spanien bis hin zu dem zum Zeitpunkt der Auftragserteilung regierenden Kaiser Ferdinand III. (im Inventarverzeichnis Leganés’ von 1655 trägt die Serie die Inventarnummern 403–424). Dies war an sich nicht ungewöhnlich, gab es doch in vielen großen europäischen fürstlichen und königlichen Sammlungen vergleichbare Serien, doch das bloße Ausmaß und die Qualität der beauftragten Serie sprechen für ein außergewöhnliches künstlerisches Unterfangen, das dem eindrucksvollen Umfang und der herausragenden Qualität der Sammlung Leganés Rechnung trug. Die große Mehrzahl der in Brüssel beauftragten Porträts ist verloren, nur eine kleine Zahl konnte identifiziert oder wieder aufgefunden werden (Inv.-Nr. 408, ein Porträt der Maria von Portugal, befindet sich in einer New Yorker Privatsammlung; Inv.-Nr. 409, ein Porträt von Königin Anne Tudor, befindet sich in der Sammlung Wellington in Apsley House; Inv.-Nr. 413, ein Porträt von König Philipp IV., befindet sich in Stratfield Saye in der Sammlung Wellington; Inv.-Nr. 414, ein Porträt von Königin Isabella de Bourbon, befindet sich in New York in der Hispanic Society; Inv.-Nr. 415, ein Porträt von Rudolf II., das aufgrund seiner herausragenden Qualität von einigen Kunsthistorikern immer noch für ein Werk Hans van Aachens gehalten wird, befindet sich ebenfalls in Apsley House).

Das vorliegende eindrucksvolle Porträt von Philipp II. weist eine ab 1637 bis ins 18. Jahrhundert dokumentierte Provenienz auf; dann verliert sich die Spur mit dem Niedergang des spanischen Reichs und der Auktion, in der im frühen 19. Jahrhundert ein Großteil der Sammlung Leganés verkauft wurde. Es handelt sich um eines der gelungensten Werke der Serie, und allein seine Wiederentdeckung ist bemerkenswert. Es bietet eine seltene Gelegenheit, künstlerisches Mäzenatentum und Herrscherikonografie im unmittelbaren Zentrum des Hauses Habsburg zu verstehen. Die große malerische Qualität des Bildes wirft auch Licht auf die Rolle des Hofmalers und könnte helfen, die Frage der Autorenschaft besagter Serie zu klären, die bereits Gegenstand kunsthistorischer Diskussion gewesen ist.

Wie die meisten Gemälde aus Leganés’ Serie beruht auch das vorliegende Porträt auf einem etwas früheren Vorbild. Das Pendant zu vorliegendem Gemälde, das Porträt von Königin Mary Tudor, der Gemahlin von Philipp II., wurde im frühen 19. Jahrhundert vom Herzog von Wellington erworben und befindet sich immer noch in Apsley House in London (siehe Abb. 2). Stilistisch in seiner realistischen Wiedergabe der Physiognomie und der changierenden Texturen sehr ähnlich, trägt es dieselbe charakteristische Inventarnummer der Sammlung Leganés sowie eine sehr ähnliche Bezeichnung in dunkler Schrift links unten. Wie das vorliegende Gemälde ließ sich der Künstler des Wellington-Gemäldes von einem früheren Vorbild anregen, wobei beide Gemälde sich in Zusammenhang mit Werken von Antonis Mor bringen lassen.

Das beeindruckende Bildnis zeigt Philipp II. nach dem Sieg in der Schlacht bei Saint-Quentin. Am 10. August 1557 gingen die spanischen Truppen daraus dank der Unterstützung Englands siegreich hervor und feierten ihren entscheidenden Sieg im Konflikt zwischen dem Habsburgerreich und Frankreich. Ihr Erfolg in der Schlacht, die an dem dem heiligen Laurentius geweihten Tag gewonnen wurde, gab auch Anlass zur Gründung des Klosters San Lorenzo de El Escorial, das später als letzte Ruhestätte der spanischen Monarchen diente. Obwohl Philipp selbst nicht an der Schlacht teilnahm, wurde der Sieg im vorliegenden Porträt als ein Triumph des Königs inszeniert. Philipp wird demzufolge als General der leichten Kavallerie (guintes) dargestellt. In einen Brustharnisch und ein Kettenhemd gekleidet, trägt er am Oberarm eine Armbinde. Mit der Rechten hält er den Feldmarschallsstab umfasst, seine Linke ruht am Griff seines Schwertes. Philipp trägt die sogenannte Armadura con las cruzes de Borgona, die sich heute in der Armeria Real in Madrid befindet. Eine spätere Variante nach Mor von Alonso Sanchez Coello befindet sich im Kunsthistorischen Museum in Wien, eine weitere Fassung in den Staatlichen Museen zu Berlin. Eine leicht abgeänderte Version wird in der National Portrait Gallery in London aufbewahrt.

Es ist interessant, dass das vorliegende Gemälde irgendwann in seiner Geschichte Coello zugeschrieben gewesen sein muss, wie eine alte Beschriftung auf der Rückseite des Bildes nahelegt. Die Autorenschaft der Serie Leganés’ und demnach des vorliegenden Gemäldes war Diskussionsgegenstand. Einige Kunsthistoriker wie Mary Volk haben argumentiert, dass die Serie von unterschiedlichen Künstlern „zusammengeholt“ wurde, um eine heterogene Galerie zu bilden, was das vorliegende Gemälde potenziell näher in den Umkreis der Werkstatt Mors rücken oder einen Schüler wie Sanchez Coello nahelegen würde (siehe M. Crawford Volk, Of Connoisseurs and Kings: Velásquez’ Philip IV at Fenway Court, Fenway Court 1985, S. 22–35). José Juan Pérez Preciado hat hingegen überzeugende Argumente für einen anderen Künstler vorgebracht. Er ist überzeugt, dass Salomon Noveliers, der Hofmaler und Kurator des Erzherzogs auf Schloss Tervueren, die gesamte Serie gemalt hat (siehe J. J. Pérez Preciado, El Marqués de Leganés y las artes, Madrid 2010, Bd. I, S. 728–730).

Tatsächlich galt das vorliegende Gemälde bereits als Arbeit aus der Werkstatt Mors sowie als ein Werk Coellos, wohingegen das Porträt von Rudolf II. besagter Serie aufgrund seiner herausragenden Qualität bisweilen als eigenhändiges Werk Hans van Aachens eingeschätzt wurde. Die Qualität der wenigen Gemälde aus der Serie, die mittlerweile wiederentdeckt wurden, ist jedenfalls bemerkenswert.

Aus dem Inventarverzeichnis der Sammlung Leganés des Jahres 1655 geht die Autorenschaft in der Tat klar hervor: Inventarnummer 402, ein Porträt Philipps I., wird angeführt als „[u]n retrato de Phelipe el primero por otro ne el hermoso de dos baras y media de alto y una y una terçia de ancho de mano de noueliers del nº quatroçientos y dos se taso en morata“, während das vorliegende Werk – Inventarnummer 406 – wie viele andere Bilder der Serie als „von derselben Hand“ beschrieben wird („Otro del Rey phelipe segundo de la misma mano del nº quatroçientos y seis la taso en ochoçientos y ochenta Reales“) (siehe J. J. Pérez Preciado, ebd., Madrid 2008, S. 303f.). Dies würde nahelegen, dass tatsächlich Noveliers der für die gesamte Serie zuständige Künstler war.

Interessant ist, dass das Inventarverzeichnis von 1655 zu jedem Gemälde der Serie Schätzwerte angibt. Das vorliegende Porträt wurde mit 880 Reales bewertet, was den bei Weitem höchsten Betrag darstellt. Die meisten anderen Bilder wurden zwischen 200 und 300 Reales bewertet.

Salomon Noveliers (tätig 1618 – gest. 1666) war für Erzherzog Albrecht VII. und den Kardinalinfanten Ferdinand von Österreich tätig; ab 1634 bis 1659 galt er als Hofmaler. Während dieser Jahre erhielt er ein jährliches Salär des Hofes. Bedenkt man die Fülle an Malern und Werkstätten, die dem Statthalter zur Verfügung standen, weist allein die lange Dauer der Anstellung als Hofmaler darauf hin, dass es sich hier um einen überaus fähigen Künstler gehandelt haben muss. Das Werk dieses Künstlers, der der Werkstatt Rubens’ und anderen damaligen Kunstzentren verbunden war, ist erst seit jüngerer Zeit im Begriff, wiederentdeckt zu werden.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 08.06.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.05. - 08.06.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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