Lot Nr. 42 -


Orsola Maddalena Caccia

[Saleroom Notice]
Orsola Maddalena Caccia - Alte Meister I

(Asti 1596–1676)
Die büßende Maria Magdalena,
Öl auf Leinwand, 68 x 85 cm, gerahmt

Saleroom Notice:

Das vorliegende Lot unterliegt der Vollbesteuerung.

Provenienz:
Privatsammlung, Deutschland;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Das Schaffen von Theodora Caccia, besser bekannt unter dem Namen Orsola Maddalena (den sie 1620 annahm, als sie sich den Ursulinen anschloss), erfuhr erst jüngst im Zuge von Studien über Künstlerinnen des 16. und 17. Jahrhunderts eine Neubewertung. Mehrere ihrer Werke waren in der Ausstellung Les Dames du Baroque. Femmes peintres dans l’Italie du XVIe et XVIIe siècle im Museum voor Schone Kunsten in Gent (2018/2019) zu sehen, weitere sind aktuell Teil der Ausstellung Le signore dell’arte. Storie di donne tra ‘500 e ‘600 im Palazzo Reale in Mailand. Außerdem erwarb das Metropolitan Museum of Art in New York Ende 2020 drei Stillleben der Künstlerin sowie eine Madonna mit Kind und Johannesknaben.

Orsola war die Tochter des manieristischen Malers Guglielmo Caccia, gen. Il Moncalvo (1568–1625), und Laura Olivas, der Tochter des Künstlers Ambrogio Oliva. Orsola wurde in der Werkstatt ihres Vaters ausgebildet und stand ihm damals als Gehilfin bei allen wichtigen kirchlichen und weltlichen Ausstattungsaufträgen in der Lombardei und im Piemont zur Seite.

1620 trat Orsola in das Kloster von Bianzè (bei Vercelli) ein – ein Schicksal, das sie mit fünf ihrer Schwestern teilte. 1625 finanzierte Guglielmo Caccia den Bau eines neuen Klosters in Moncalvo nahe seiner Heimatstadt, wohin Orsola Maddalena und ihre Schwestern kurz vor seinem Tod zogen. Orsola erbte die verbliebenen Arbeitsmaterialien des Vaters und leitete die nächsten 50 Jahre hindurch die Werkstatt, die sie in den Mauern des Klosters eingerichtet hatte, unterstützt von ihren Schwestern und ab den 1660er-Jahren auch durch Laura und Angelica Bottero, was das wirtschaftliche Überleben der kleinen religiösen Gemeinschaft sicherstellte.

Obgleich sie unter dem Einfluss der Maltechnik des Vaters stand, entwickelte Orsola einen eigenständigen Stil, wobei sie das Augenmerk auf Details legte und Entwicklungen in der lombardischen und flämischen Malerei gegenüber aufgeschlossen war. Trotzdem sie zahlreiche Altarbilder ausführte, begründete sie ihren Ruhm durch kleine, fein ausgeführte Kabinettbilder oder Stillleben, die äußerst selten sind und vornehmlich für den Adel entstanden. Zu ihren Auftraggebern zählten die Höfe von Savoyen und der Gonzaga.

Das vorliegende Gemälde ist vor allem aufgrund der Dichte religiöser Symbolik von Interesse, was nahelegt, dass es die Meditation befördern sollte – vielleicht sogar die eigene, zumal die Künstlerin Magdalena als ihren klösterlichen Namen gewählt hatte.

Magdalena ist hier in der Höhle von Sainte-Baume dargestellt, wo sie den Kirchenautoren Hrabanus Maurus und Jacobus de Voragine zufolge nach einer langen, in Palästina begonnenen Seereise landete. Dort sollte sie die letzten dreißig Jahre ihres Lebens verbringen und die Bevölkerung der Provence zum Christentum bekehren. Sainte-Baume verfügt über eine Wasserquelle, die im vorliegenden Gemälde dargestellt ist, und wurde ab dem späten Mittelalter ein wichtiger Pilgerort, was hier durch das Vorhandensein der Muschel in der Nische über dem Kruzifix zum Ausdruck gebracht wird.

Die zahlreichen die Szene bevölkernden Tiere scheinen mit der missionarischen Tätigkeit der Maria Magdalena in Zusammenhang zu stehen: Das von Christus getätschelte Reh ist ein Zeichen für den Erlöser, während der Wolf mit dem Lammfell im Maul daran erinnert, dass die Christen entsendet wurden, die Evangelien zu predigen: „wie Schafe mitten unter die Wölfe“ (Lukas 10: 1–12). In vielen Bibelstellen (Genesis, Apostelgeschichte, Apokalypse) steht der Löwe für Christus, während die Hasen aufgrund ihres Fellwechsels im Frühling vom heiligen Augustinus mit dem Thema der Auferstehung in Verbindung gebracht werden. Die Anwesenheit der Finken und Goldfinken spielt schließlich auf die Legende an, dass diese Vögel zusammen mit den Rotkehlchen bei ihren Versuchen, Christus von der Dornenkrone zu befreien, mit dem Blut Christi in Berührung kamen. Über das vor der blanken Felswand der Höhle dargestellte Kruzifix rinnt tatsächlich Blut herab, um auf das Opfer von Gottes Sohn hinzuweisen. Die zerbrochenen Hölzer zu Füßen der Maria Magdalena mögen eine Anspielung auf den Triumph der Kirche sein. Ein weiteres Merkmal für das Schaffen von Orsola Caccia sind die naturalistischen Passagen des Werks mit den detailreich beschriebenen Blumenstillleben, die voller religiöser Symbolik sind.

Nahe Vergleiche bieten sich zwischen dem vorliegenden Gemälde und Orsola Caccias Madonna mit Kind und Johannesknaben im Metropolitan Museum of Art in New York an. Die Frauengestalten gleichen sich in ihrer Erscheinung und den starken Licht-Schatten-Kontraste in den Gesichtern; Gleiches lässt sich von den Gesichtszügen des Jesuskindes sagen. Dazu kommt die Ähnlichkeit der dargestellten Blumen, die, wie schon erwähnt, als Signatur der Künstlerin gelten können, während die von der Kunst des Nordens beeinflussten Landschaften an Guglielmo, den Vater der Künstlerin, erinnern. Aufgrund dieser zum Gemälde des Metropolitan Museum bestehenden Ähnlichkeiten wird eine Datierung des vorliegenden Werks um 1625, in die Reifezeit der Künstlerin, vorgeschlagen.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

08.06.2021 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 23.101,-
Schätzwert:
EUR 18.000,- bis EUR 22.000,-

Orsola Maddalena Caccia

[Saleroom Notice]

(Asti 1596–1676)
Die büßende Maria Magdalena,
Öl auf Leinwand, 68 x 85 cm, gerahmt

Saleroom Notice:

Das vorliegende Lot unterliegt der Vollbesteuerung.

Provenienz:
Privatsammlung, Deutschland;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Das Schaffen von Theodora Caccia, besser bekannt unter dem Namen Orsola Maddalena (den sie 1620 annahm, als sie sich den Ursulinen anschloss), erfuhr erst jüngst im Zuge von Studien über Künstlerinnen des 16. und 17. Jahrhunderts eine Neubewertung. Mehrere ihrer Werke waren in der Ausstellung Les Dames du Baroque. Femmes peintres dans l’Italie du XVIe et XVIIe siècle im Museum voor Schone Kunsten in Gent (2018/2019) zu sehen, weitere sind aktuell Teil der Ausstellung Le signore dell’arte. Storie di donne tra ‘500 e ‘600 im Palazzo Reale in Mailand. Außerdem erwarb das Metropolitan Museum of Art in New York Ende 2020 drei Stillleben der Künstlerin sowie eine Madonna mit Kind und Johannesknaben.

Orsola war die Tochter des manieristischen Malers Guglielmo Caccia, gen. Il Moncalvo (1568–1625), und Laura Olivas, der Tochter des Künstlers Ambrogio Oliva. Orsola wurde in der Werkstatt ihres Vaters ausgebildet und stand ihm damals als Gehilfin bei allen wichtigen kirchlichen und weltlichen Ausstattungsaufträgen in der Lombardei und im Piemont zur Seite.

1620 trat Orsola in das Kloster von Bianzè (bei Vercelli) ein – ein Schicksal, das sie mit fünf ihrer Schwestern teilte. 1625 finanzierte Guglielmo Caccia den Bau eines neuen Klosters in Moncalvo nahe seiner Heimatstadt, wohin Orsola Maddalena und ihre Schwestern kurz vor seinem Tod zogen. Orsola erbte die verbliebenen Arbeitsmaterialien des Vaters und leitete die nächsten 50 Jahre hindurch die Werkstatt, die sie in den Mauern des Klosters eingerichtet hatte, unterstützt von ihren Schwestern und ab den 1660er-Jahren auch durch Laura und Angelica Bottero, was das wirtschaftliche Überleben der kleinen religiösen Gemeinschaft sicherstellte.

Obgleich sie unter dem Einfluss der Maltechnik des Vaters stand, entwickelte Orsola einen eigenständigen Stil, wobei sie das Augenmerk auf Details legte und Entwicklungen in der lombardischen und flämischen Malerei gegenüber aufgeschlossen war. Trotzdem sie zahlreiche Altarbilder ausführte, begründete sie ihren Ruhm durch kleine, fein ausgeführte Kabinettbilder oder Stillleben, die äußerst selten sind und vornehmlich für den Adel entstanden. Zu ihren Auftraggebern zählten die Höfe von Savoyen und der Gonzaga.

Das vorliegende Gemälde ist vor allem aufgrund der Dichte religiöser Symbolik von Interesse, was nahelegt, dass es die Meditation befördern sollte – vielleicht sogar die eigene, zumal die Künstlerin Magdalena als ihren klösterlichen Namen gewählt hatte.

Magdalena ist hier in der Höhle von Sainte-Baume dargestellt, wo sie den Kirchenautoren Hrabanus Maurus und Jacobus de Voragine zufolge nach einer langen, in Palästina begonnenen Seereise landete. Dort sollte sie die letzten dreißig Jahre ihres Lebens verbringen und die Bevölkerung der Provence zum Christentum bekehren. Sainte-Baume verfügt über eine Wasserquelle, die im vorliegenden Gemälde dargestellt ist, und wurde ab dem späten Mittelalter ein wichtiger Pilgerort, was hier durch das Vorhandensein der Muschel in der Nische über dem Kruzifix zum Ausdruck gebracht wird.

Die zahlreichen die Szene bevölkernden Tiere scheinen mit der missionarischen Tätigkeit der Maria Magdalena in Zusammenhang zu stehen: Das von Christus getätschelte Reh ist ein Zeichen für den Erlöser, während der Wolf mit dem Lammfell im Maul daran erinnert, dass die Christen entsendet wurden, die Evangelien zu predigen: „wie Schafe mitten unter die Wölfe“ (Lukas 10: 1–12). In vielen Bibelstellen (Genesis, Apostelgeschichte, Apokalypse) steht der Löwe für Christus, während die Hasen aufgrund ihres Fellwechsels im Frühling vom heiligen Augustinus mit dem Thema der Auferstehung in Verbindung gebracht werden. Die Anwesenheit der Finken und Goldfinken spielt schließlich auf die Legende an, dass diese Vögel zusammen mit den Rotkehlchen bei ihren Versuchen, Christus von der Dornenkrone zu befreien, mit dem Blut Christi in Berührung kamen. Über das vor der blanken Felswand der Höhle dargestellte Kruzifix rinnt tatsächlich Blut herab, um auf das Opfer von Gottes Sohn hinzuweisen. Die zerbrochenen Hölzer zu Füßen der Maria Magdalena mögen eine Anspielung auf den Triumph der Kirche sein. Ein weiteres Merkmal für das Schaffen von Orsola Caccia sind die naturalistischen Passagen des Werks mit den detailreich beschriebenen Blumenstillleben, die voller religiöser Symbolik sind.

Nahe Vergleiche bieten sich zwischen dem vorliegenden Gemälde und Orsola Caccias Madonna mit Kind und Johannesknaben im Metropolitan Museum of Art in New York an. Die Frauengestalten gleichen sich in ihrer Erscheinung und den starken Licht-Schatten-Kontraste in den Gesichtern; Gleiches lässt sich von den Gesichtszügen des Jesuskindes sagen. Dazu kommt die Ähnlichkeit der dargestellten Blumen, die, wie schon erwähnt, als Signatur der Künstlerin gelten können, während die von der Kunst des Nordens beeinflussten Landschaften an Guglielmo, den Vater der Künstlerin, erinnern. Aufgrund dieser zum Gemälde des Metropolitan Museum bestehenden Ähnlichkeiten wird eine Datierung des vorliegenden Werks um 1625, in die Reifezeit der Künstlerin, vorgeschlagen.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 08.06.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.05. - 08.06.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.