Lot Nr. 66 -


Zugeschrieben an Victor Wolfvoet dem Jüngeren und/oder seiner Werkstatt


(Antwerpen 1612–1652)
Der Liebesgarten,
Öl auf Kupfer auf Holz aufgezogen, 70,5 x 88,5 cm, gerahmt

Wir danken Bert Schepers, der die Zuschreibung vorgeschlagen hat, für seine Hilfe beim Verfassen des Katalogeintrags.

Dieses farbenfrohe Gemälde auf Kupfer leitet sich von einer der erfolgreichsten Kompositionen Peter Paul Rubens’, dem Liebesgarten, ab.

Das Thema wurde von Nils Büttner ausführlich besprochen (siehe N. Büttner, Corpus Rubenianum Ludwig Burchard, XVII: Genre Scenes, London/Turnhout 2019, S. 59–143), doch war dem Autor das vorliegende Gemälde zum Zeitpunkt, als er die Publikation verfasste, nicht bekannt, sodass es offenbar unveröffentlicht blieb.



Die ursprüngliche Fassung des Sujets ist das von Rubens um 1630–1635 zur Gänze eigenhändig ausgeführte großformatige Leinwandbild im Museo Nacional del Prado, Madrid (Inv.-Nr. P001690), während eine davon abgeleitete Komposition im Kabinettformat in Rubens’ Werkstatt für eine internationale Kundschaft vorbereitet wurde. Bei dieser Werkstattfassung handelt es sich vermutlich um jenes Werk, das 1957 der Sammlung Rothschild in Waddesdon Manor, Aylesbury, vermacht wurde (Inv.-Nr. 3541) und das Büttner in die Zeit um 1632–1636 datiert. Von dieser zweiten Fassung sind zahlreiche Wiederholungen bekannt, die von ihrer Beliebtheit zeugen; Büttner zählt mehr als 60 Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken. Eine dieser Wiederholungen, die seit 1781 in Wien dokumentiert ist und sich heute im Kunsthistorischen Museum befindet (Inv.-Nr. GG679), wurde 2016 von Bert Schepers Victor Wolfvoet dem Jüngeren und/oder seiner Werkstatt zugeschrieben (siehe G. Martin, B. Schepers, Two Antwerp Cabinets Decorated by Victor Wolfvoet II, in: The Burlington Magazine, Bd. 158, 2016, S. 802; ebenso Büttner 2019, S. 133 f., unter Nr. 3, Kopie 29). Die vorliegende Fassung auf Kupfer ist stilistisch mit dem Werk in Wien zwar verwandt, aber in der Auffassung nicht so verfeinert, was darauf hindeuten mag, dass diese Wiederholung größtenteils in Wolfvoets Werkstatt ausgeführt wurde. Das Vorhandensein einiger schöner Passagen lässt jedoch darauf schließen, dass Wolfvoet selbst bis zu einem gewissen Grad an der Ausführung beteiligt war.

Eine große Gruppe gut gekleideter Personen ist auf einer Terrasse versammelt, die von einem Säulengang im Stil des späten 16. Jahrhunderts umgeben ist. Rubens beschrieb diesen in seinem Buch Palazzi di Genova von 1622 und hatte ihn bei der Planung seines eigenen palastartigen Hauses in Antwerpen vorgesehen. Die schimmernden Farben und Faltenwürfe der Gewänder der Gesellschaft kommen wunderschön zur Geltung. Amoretten, als mythologische Figuren in eine realistische Gartenszene eingebunden, interagieren mit den Feiernden. Die Amoretten, der Akt des Musizierens und der Pfau der Juno sind Symbole der ehelichen Liebe und im Übermaß vorhanden. Den Liebesgarten hat man als Allegorie und Erhöhung der Liebe und Ehe interpretiert. Er verrät deutlich Rubens’ Verehrung für Tizian, steht er doch in seiner Stimmung Tizians Bacchanal der Andrier (Museo del Prado, Madrid, Inv.-Nr. P00418) und seiner Anbetung der Venus (Museo del Prado, Madrid, Inv.-Nr. P00419) besonders nahe. Tatsächlich sind viele Merkmale tizianesk, insbesondere das Nebeneinander mythologischer und der Wirklichkeit entnommener Figuren, die über allem wachende Venusstatue, die umherschwirrenden Amoretten, die natürliche Umgebung und ihr reiches Kolorit sowie die sinnliche Atmosphäre und die erotischen Anspielungen.

Zweifellos scheint die Komposition einen Bezug zum persönlichen Leben von Rubens gehabt zu haben, denn eine der blau gekleideten Frauen in der Runde hat verblüffende Ähnlichkeit mit Helena Fourment, seiner damaligen Frau. Nach dem Tod seiner ersten Frau Isabella Brant im Jahr 1626 heiratete er Helene Ende des Jahres 1630, als sie 16 und er 53 Jahre alt war. Von diesem Zeitpunkt an lebte er im Zustand der Verliebtheit.


Victor Wolfvoet der Jüngere wurde 1612 in Antwerpen geboren und heiratete dort 1639. Er wurde erst 1644/45 Mitglied der Lukasgilde, und man geht heute davon aus, dass Wolfvoet ab den 1630er-Jahren in der Werkstatt Rubens’ tätig war. Dort hatte er sicherlich Zugang zu den Ölskizzen und Zeichnungen des Meisters, die er häufig als Vorlagen für seine zahlreichen Kopien und Nachbildungen von Rubens’ Bildfindungen verwendete. Die kühlere und härtere Tonalität seiner Gemälde unterscheidet sich jedoch stark von der Rubens’. Wolfvoet ließ nach eigenem Gutdünken viele Details weg, veränderte sie oder fügte sie den Kompositionen hinzu. Sein bevorzugter Bildträger waren große und kleine Kupferplatten, mit denen er nicht nur eine transparente und leuchtende Farbwirkung erzielte, sondern die sich auch leicht transportieren ließen.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

24.04.2024 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 16.950,-
Schätzwert:
EUR 10.000,- bis EUR 15.000,-

Zugeschrieben an Victor Wolfvoet dem Jüngeren und/oder seiner Werkstatt


(Antwerpen 1612–1652)
Der Liebesgarten,
Öl auf Kupfer auf Holz aufgezogen, 70,5 x 88,5 cm, gerahmt

Wir danken Bert Schepers, der die Zuschreibung vorgeschlagen hat, für seine Hilfe beim Verfassen des Katalogeintrags.

Dieses farbenfrohe Gemälde auf Kupfer leitet sich von einer der erfolgreichsten Kompositionen Peter Paul Rubens’, dem Liebesgarten, ab.

Das Thema wurde von Nils Büttner ausführlich besprochen (siehe N. Büttner, Corpus Rubenianum Ludwig Burchard, XVII: Genre Scenes, London/Turnhout 2019, S. 59–143), doch war dem Autor das vorliegende Gemälde zum Zeitpunkt, als er die Publikation verfasste, nicht bekannt, sodass es offenbar unveröffentlicht blieb.



Die ursprüngliche Fassung des Sujets ist das von Rubens um 1630–1635 zur Gänze eigenhändig ausgeführte großformatige Leinwandbild im Museo Nacional del Prado, Madrid (Inv.-Nr. P001690), während eine davon abgeleitete Komposition im Kabinettformat in Rubens’ Werkstatt für eine internationale Kundschaft vorbereitet wurde. Bei dieser Werkstattfassung handelt es sich vermutlich um jenes Werk, das 1957 der Sammlung Rothschild in Waddesdon Manor, Aylesbury, vermacht wurde (Inv.-Nr. 3541) und das Büttner in die Zeit um 1632–1636 datiert. Von dieser zweiten Fassung sind zahlreiche Wiederholungen bekannt, die von ihrer Beliebtheit zeugen; Büttner zählt mehr als 60 Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken. Eine dieser Wiederholungen, die seit 1781 in Wien dokumentiert ist und sich heute im Kunsthistorischen Museum befindet (Inv.-Nr. GG679), wurde 2016 von Bert Schepers Victor Wolfvoet dem Jüngeren und/oder seiner Werkstatt zugeschrieben (siehe G. Martin, B. Schepers, Two Antwerp Cabinets Decorated by Victor Wolfvoet II, in: The Burlington Magazine, Bd. 158, 2016, S. 802; ebenso Büttner 2019, S. 133 f., unter Nr. 3, Kopie 29). Die vorliegende Fassung auf Kupfer ist stilistisch mit dem Werk in Wien zwar verwandt, aber in der Auffassung nicht so verfeinert, was darauf hindeuten mag, dass diese Wiederholung größtenteils in Wolfvoets Werkstatt ausgeführt wurde. Das Vorhandensein einiger schöner Passagen lässt jedoch darauf schließen, dass Wolfvoet selbst bis zu einem gewissen Grad an der Ausführung beteiligt war.

Eine große Gruppe gut gekleideter Personen ist auf einer Terrasse versammelt, die von einem Säulengang im Stil des späten 16. Jahrhunderts umgeben ist. Rubens beschrieb diesen in seinem Buch Palazzi di Genova von 1622 und hatte ihn bei der Planung seines eigenen palastartigen Hauses in Antwerpen vorgesehen. Die schimmernden Farben und Faltenwürfe der Gewänder der Gesellschaft kommen wunderschön zur Geltung. Amoretten, als mythologische Figuren in eine realistische Gartenszene eingebunden, interagieren mit den Feiernden. Die Amoretten, der Akt des Musizierens und der Pfau der Juno sind Symbole der ehelichen Liebe und im Übermaß vorhanden. Den Liebesgarten hat man als Allegorie und Erhöhung der Liebe und Ehe interpretiert. Er verrät deutlich Rubens’ Verehrung für Tizian, steht er doch in seiner Stimmung Tizians Bacchanal der Andrier (Museo del Prado, Madrid, Inv.-Nr. P00418) und seiner Anbetung der Venus (Museo del Prado, Madrid, Inv.-Nr. P00419) besonders nahe. Tatsächlich sind viele Merkmale tizianesk, insbesondere das Nebeneinander mythologischer und der Wirklichkeit entnommener Figuren, die über allem wachende Venusstatue, die umherschwirrenden Amoretten, die natürliche Umgebung und ihr reiches Kolorit sowie die sinnliche Atmosphäre und die erotischen Anspielungen.

Zweifellos scheint die Komposition einen Bezug zum persönlichen Leben von Rubens gehabt zu haben, denn eine der blau gekleideten Frauen in der Runde hat verblüffende Ähnlichkeit mit Helena Fourment, seiner damaligen Frau. Nach dem Tod seiner ersten Frau Isabella Brant im Jahr 1626 heiratete er Helene Ende des Jahres 1630, als sie 16 und er 53 Jahre alt war. Von diesem Zeitpunkt an lebte er im Zustand der Verliebtheit.


Victor Wolfvoet der Jüngere wurde 1612 in Antwerpen geboren und heiratete dort 1639. Er wurde erst 1644/45 Mitglied der Lukasgilde, und man geht heute davon aus, dass Wolfvoet ab den 1630er-Jahren in der Werkstatt Rubens’ tätig war. Dort hatte er sicherlich Zugang zu den Ölskizzen und Zeichnungen des Meisters, die er häufig als Vorlagen für seine zahlreichen Kopien und Nachbildungen von Rubens’ Bildfindungen verwendete. Die kühlere und härtere Tonalität seiner Gemälde unterscheidet sich jedoch stark von der Rubens’. Wolfvoet ließ nach eigenem Gutdünken viele Details weg, veränderte sie oder fügte sie den Kompositionen hinzu. Sein bevorzugter Bildträger waren große und kleine Kupferplatten, mit denen er nicht nur eine transparente und leuchtende Farbwirkung erzielte, sondern die sich auch leicht transportieren ließen.

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 24.04.2024 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.04. - 24.04.2024


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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