(Bologna 1529–1592)
Dreiviertelfiguriges Porträt eines Gelehrten an einem Tisch,
bezeichnet obere Mitte: IVLIVS. CAESAR CLAVDINVS PHIL/ET MED. LECTOR PVB,
Öl auf Leinwand, 109,5 x 88 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Christie’s, New York, 31. Januar 2023, Lot 319 (als Bartolomeo Passerotti)

Das vorliegende Gemälde ist ein Beispiel für Bartolomeo Passerottis Porträtmalerei aus den 1570er-Jahren. Seine Werke aus dieser Zeit zeichnen sich durch Dargestellte in Dreiviertellänge aus, die ihre Sammlungen oder Attribute der Gelehrtheit zeigen. Der Dargestellte auf dem vorliegenden Gemälde hält ein Buch in der linken Hand und ist leicht nach links gewendet, um sein Gesicht wirkungsvoll zu beleuchten und der Komposition einen Sinn für Bewegung zu verleihen. Seine Gesichtszüge sind nachdenklich, und die dunkle Farbe seines Wamses und des Hintergrunds lässt das Weiß der Manschetten und der Halskrause hervortreten, welche die warmen Hauttöne des Gesichts und der Hände rahmen. Eine ähnliche Haltung und die ruhige, ausdrucksstarke Stimmung der Selbstbeobachtung sind in Passerottis berühmtem Porträt des Sertorio Sertori zu beobachten, das in das Jahr 1577 datiert wird und sich heute in der Galleria Estense in Modena befindet (Inv.-Nr. 8018, siehe A. Ghirardi, Bartolomeo Passerotti. Catalogo Generale, Rimini 1990, S. 215, Nr. 54).

Bartolomeo Passerotti war einer der bedeutendsten und bekanntesten Porträtisten des 16. Jahrhunderts und wurde von seinen Zeitgenossen wie Tizian sowie von führenden Künstlern späterer Generationen, darunter Guido Reni, hochgeschätzt. Er wurde in Bologna geboren und reiste in seinem frühen Leben zweimal nach Rom. Um 1560 ließ er sich in Bologna nieder, wo er eine Werkstatt gründete. Die frühesten dokumentierten Bologneser Gemälde des Künstlers zeigen eine von Correggio und Parmigianino beeinflusste Bildsprache und ein anatomisches Interesse an kraftvollen Figuren, ähnlich jenen Pellegrino Tibaldis. Passerottis Malerei spiegelt seine aktive Teilnahme am kulturellen Leben Bolognas in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wider.